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“Bedenken anmelden nicht vergessen!“

Glaswelt – Herr Niemöller, Montagefirmen und Subunternehmer haben es oft schwer an ihr Geld zu kommen. Wie kann man die Bauabnahme reibungslos gestalten?

Prof. Christian Niemöller – Wichtig ist zunächst, dass der Sub- oder Nachunternehmer seine Vertragsunterlagen – bitte vor Vertragsunterzeichnung – sorgfältig durcharbeitet und auswertet. Zahlungs- oder Abnahmeklauseln, die den Zahlungsfluss oder die Abnahme von Ereignissen abhängig machen auf die der Subunternehmer keinen Einfluss hat, sollte er – unbeschadet eines Verstoßes gegen das AGB-Recht – nicht akzeptieren. Beispiele hierfür sind: „Abnahme erst mit der Gesamtfertigstellung des ­Objekts“ oder „Zahlung, wenn die Bauherrschaft an den Generalunternehmer bezahlt“ (vergleiche dazu LG Saarbrücken, IBR 2012, 132). Nach Vertragsabschluss muss der Subunternehmer dann eine qualitativ ordentliche/vertragsgerechte Leistung erbringen.

Parallel zu seinen Arbeiten muss der Monteur darauf achten, dass er einen Schriftverkehr führt, der seine Rechte hinreichend wahrt.

Glaswelt – Können Sie auch sagen, was das im Detail bedeutet?

Prof. Niemöller – Zum ordnungsgemäßen Schriftverkehr zählt bei einem VOB-Vertrag die Pflicht, Bedenken anzumelden (§ 4 Abs. 3 VOB/B) oder auf Behinderungen hinzuweisen (§ 6 Abs. 1 VOB/B). Kommt der Auftragnehmer seiner Pflicht zur Bedenkenanzeige ordnungsgemäß nach, kann er gemäß §§ 4 Abs. 3, 13 Abs. 3 VOB/B von der Mängelhaftung befreit sein (vergleiche dazu beispielsweise: Riedl/Mansfeld, in Heiermann u.a.; VOB; 11. Auflage 2008, B § 13 Rn 37).

Glaswelt – Ist das wirklich so einfach?

Prof. Niemöller – Nein. Erkennt der Auftragnehmer nach der Übermittlung seiner Bedenkenmitteilung, dass der Auftraggeber ungeeignete Abhilfemaßnahmen ergreift, kann er zur erneuten Mitteilung seiner Bedenken verpflichtet sein, um eine Haftungsbefreiung zu seinen Gunsten herbeizuführen (vgl. grund­legend: KG IBR 2002, 247). Entgegen einer weit verbreiteten Annahme entfällt die Prüfungs- und Hinweispflicht des § 4 Abs. 3 VOB/B im Übrigen nicht, wenn der Auftraggeber selbst fachkundig ist oder fachkundig beraten wird (vergleiche BGH IBR 2001, 177).

GLASWELT – Warum tun sich viele Monteure oft schwer, beim Bauherren oder seinen Vertretern Bedenken anzumelden?

Prof. Niemöller – Viele Handwerker wollen zu Arbeitsbeginn (nach vorangegangenem VOB-Vertragsabschluss) die gute Atmosphäre mit dem Auftraggeber nicht durch kritische Hinweise in Bezug auf das Bauvorhaben trüben. Damit verlieren sie als Auftragnehmer aber schnell die Pflicht zu einer rechtzeitigen Bedenkenanmeldung falls notwendig aus dem Blick.

Das kann die vorgefundene Baustellensituation betreffen oder die vom Bauherren (als Auftraggeber) vorgesehene Art der Ausführung.

Hat der Monteur Bedenken, muss er diese möglichst vor Beginn seiner Arbeiten schriftlich mitteilen. Gleiches gilt, wenn die vom Auftraggeber gelieferten Baustoffe/Bauteile qualitativ unzureichend sind oder die Leistungen der Vorgewerke nicht stimmen.

GLASWELT – Welche Vorteile bringt es dem Handwerker, sich entsprechend kritisch zu äußern?

Prof. Niemöller – Kommt der Monteur seiner Pflicht zur Bedenkenanzeige ordnungsgemäß nach, ergibt sich die bereits angesprochene Haftungsbeschränkung zu seinen Gunsten: Hat er vor Beginn seiner Arbeiten beispielsweise Bedenken gegenüber der Vorleistung eines anderen Handwerkers mitgeteilt, kann er vom Auftraggeber später grundsätzlich insofern nicht mehr in die Haftung genommen werden. Auch wenn es entsprechend seiner Bedenken zu Beanstandungen kommt (§§ 4 Abs. 3, 13 Abs. 3 VOB/B).

GLASWELT – Was empfehlen Sie unseren Lesern noch?

Prof. Niemöller – Da der Handwerker als Auftragnehmer mithilfe des § 4 Abs. 3 VOB/B die Mängel­rechte des Bauherren (d.h. des Auftraggebers) deutlich einschränken kann, sollte es zu seinem üblichen Prozedere gehören, dass er spätestens vor Beginn seiner Arbeiten die ihn betreffenden Vorleistungen anderer Firmen kritisch prüft.

Will der Handwerker eine Bedenkenanzeige absetzen, sind zwei wichtige Punkte zu beachten: Er sollte stets daran denken, dass diese Bedenkenanzeige an den Auftraggeber und nicht an irgendeinen technischen Berater des Auftraggebers zu richten ist.

Des Weiteren sollte er stets für einen Zugangsnachweis seiner schriftlichen Bedenken sorgen, damit er im Streitfall nachweisen kann, dass die Bedenkenmitteilung beim Auftraggeber eingegangen ist.

GLASWELT – Gibt es weitere Punkte, die zu beachten sind, wenn man seine Bedenken schriftlich formulieren will?

Prof. Niemöller – Ich rate jedem Handwerker dringend, seine Bedenken inhaltlich und sprachlich so verständlich zu formulieren, dass der Bauherr diese auch wirklich verstehen und nachvollziehen kann.

Der schlichte Verweis auf „anerkannte Regeln der Technik“ oder der Hinweis auf eine „unsinnige“ Leistung ist insbesondere für den Häuslebauer in der Regel unverständlich. Zudem bergen derartige Verweise das Risiko, dass ein Gericht ein solches Schreiben nicht als ordnungsgemäße Bedenkenanzeige gemäß § 4 Abs. 3 VOB/B wertet (vergleiche BGH, IBR 2011, 577). ­—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chef­redakteur der GLASWELT.