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Fachtagung Geklebte Glasrahmenkonstruktionen

“Kleben ist die Verbindungstechnik des 21. Jahrhunderts“

_ Die Klebetechnik macht’s möglich – viele Gebrauchsartikel werden heute geklebt statt formschlüssig miteinander verbunden. Und auch im Fensterbau setzt sich die Klebetechnik in unterschiedlichen Ausprägungen immer mehr durch. Die jüngste Ausgabe der Fachtagung „Verklebte Glasrahmenkonstruktionen“, die am 26. Januar 2017 in Mainz stattfand, widmete sich den Vorteilen der Klebetechnik generell und im Besonderen für die Herstellung eines einbruchhemmenden Fensters. Auf die Fachleute wartete ein spannendes Programm mit drei völlig unterschiedlichen Fachvorträgen.

Klebetechnologie führt zu neuen Bauweisen

In die komplexe Welt des Klebens wurden die Teilnehmer sehr kurzweilig von Prof. Dr. Andreas Groß, Abteilungsleiter Weiterbildung und Technologietransfer am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM entführt.

Er zeigte auf, wo überall geklebt wird und dass viele Branchen heute kaum noch ohne die strukturelle Klebung auskommen: Das fängt beim Flugzeug an, in dem rund 75 Prozent aller Verbindungen geklebt werden und hört beim Automobil nicht auf, von dem wir wissen, dass bereits die Windschutzscheibe in die Karosserie eingeklebt ist.

Für Prof. Groß ist klar: „Kleben ist die Verbindungstechnik des 21. Jahrhundert.“ Das Schweißen hat im frühen 20. Jahrhundert das Nieten abgelöst, jetzt würde mehr und mehr die Klebetechnik zur Erfüllung gestiegener Anforderungen zur Anwendung kommen. Damit könne man die deutlich gestiegene Anzahl an Werkstoffkombinationen und vor allem auch neue Bauweisen ermöglichen und immer dünnere, kleinere und immer komplizierter geformte Teile miteinander verbinden. Überzeugt zeigte er sich davon, dass das Potenzial dieser Verbindungstechnik noch gar nicht ausgenutzt wird. Gleichzeitig sprach Prof. Groß über die Grenzen der Klebetechnik – diese seien oft im thermischen Bereich zu finden.

Manchmal sei es auch problematisch, dass bei dieser Verbindungstechnik keine zerstörungsfreie Prüfung mit 100-prozentigem Ergebnis möglich sei. Prozessfehler können eventuell erst bei Gebrauch erkannt werden. Deswegen müssten Fehler unbedingt vermieden werden. Und deswegen seien qualitätssichernde Maßnahmen rund um die Klebeanwendung zwingend erforderlich.

In diesem Zusammenhang erläuterte er den Aufbau der DIN 2304: „Klebtechnik – Qualitätsanforderungen an Klebprozesse “, in der unterschiedliche Sicherheitsklassen für die Klebung definiert werden. Generell gehe es in den Normen und Richtlinien immer darum, den Stand der Technik zu definieren. Wenn ein Produkt einen Mangel aufweist, geht die Suche nach dem Verusacher los. „Und wohl den Unternehmen, die nachweisen können, dass sie nach dem Stand der Technik gearbeitet haben“, so Prof. Groß.

Zuletzt wies er auf die Internetseite www.sicher-kleben.de hin und äußerte eine Bitte: „Entweder Sie kleben hundertprozentig richtig oder Sie lassen es!“ Unentschuldbar wäre beispielsweise der Schaden, wenn man verantwortlich dafür ist, dass geklebte Glasscheiben herunterfallen und Kinder dadurch verletzt werden.

RC2-Standard gefordert

Einen weiteren Themenschwerpunkt markierte Udo Wolf, Risk Engineering von der R+V Allgemeine Versicherung AG. Er sagte: „Die Versicherungsbranche fordert den RC2-Standard“ und gab Empfehlungen für die Fensterbranche.

Bekanntermaßen ist die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland stetig steigend – auch die Fallzahlen für das letzte Jahr würden neue Höchststände zutage bringen, prophezeite er. Und klar sei: Der überwiegende Teil der Einbrüche wird über die Fenster und Fenstertüren verübt. Schon seit Jahren empfehlen die kriminalpolizeilichen Beratungsstellen und verschiedene Institutionen u. a. der GDV (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V) den Einbau von einbruchhemmenden Fenster- und Haustürelementen. Den empfohlenen Mindeststandard stellen hierbei geprüfte und zertifizierte Fenster und Türen mit dieser Widerstandsklasse RC2 nach den Normenreihen DIN EN 1627 – 1630 dar. Nur damit könne ein Basisschutz gegen einfache Hebelwerkzeuge erreicht werden. Aber klar sei auch: In den deutschen Bauordnungen sind keine Anforderungen zur Verwendung von angriffshemmenden Bauprodukten enthalten – politische Stimmen würden allerdings lauter werden, die eine mechanische Einbruchhemmung nachhaltiger fördern möchten – und das auch auf normativem Weg.

Generell müsse beachtet werden, dass ein einbruchhemmendes Fenster aus mehreren Merkmalen besteht und nur die Gesamtkonstruktion inklusive der Montage zu einer solchen einbruchhemmenden Situation führen könne. Wichtig sei beispielsweise, dass in der Sicherheitsstufe RC2 mindestens eine Verglasung nach EN 356 in P4A vorgeschrieben ist. Und häufig sei es schwierig, in einem ca. 78 – 80 mm dicken Rahmen eine Dreifachverglasung inklusive der zusätzlichen Scheibe der Sicherheitsverglasung und Raum für die gesicherte Glasanbindung (Mindestbreite der Glashalteleiste) unterzubringen. Mit einer geklebten Glasrahmenkonstruktion könne deshalb ein konstruktiver Vorteil bei den einbruchhemmenden Eigenschaften erzielt werden, da die gesicherte Glasanbindung dadurch gewährleistet werden könne.

Die trockene Alternative

Marc Freis, Bereichsleiter Konstruktion und Anwendungstechnik bei Gealan Fenster-Systeme GmbH nutzte seinen Vortrag, um den Teilnehmern die Vorteile der statischen Trocken-Verglasung (STV) zu erläutern. Verarbeiter könnten damit „einen schnellen Weg zum Erfolg einschlagen“. Er zeigte, dass durch STV der Verarbeiter in die Lage versetzt wird, größere Elemente zu bauen. Gleichzeitig erhalte er die Möglichkeit, viel Gewicht am Element einzusparen, weil sich der Stahl im Rahmen substituieren lässt. Schließlich warf Freis einen weiteren Aspekt in die Runde ein: „Fenster werden farbiger – der Trend geht sogar in Richtung Schwarz“, so der Designer und Patentbeauftragte bei Gealan. Das Problem folgt damit auf dem Fuße, denn Rahmen werden extrem heiß und neigen dann zum Verziehen. Mit der Klebetechnik lässt sich dieser Fensterverzug deutlich verringern. Und: Beim völlig neu konzipierten Fensterelement Kubus von Gealan komme man ohne die Klebetechnik sogar gar nicht mehr aus: Die Klebeposition wurde nach innen verlegt – und der Flügelrahmen ist im geschlossenen Zustand gar nicht mehr sichtbar. Wichtig sei es dem Systemgeber generell, dass es dem Verarbeiter so leicht wie möglich gemacht wird. Deshalb werde das STV-Band bereits direkt nach dem Extrusionsprozess bei Gealan auf den Rahmen aufgeklebt. Der Verarbeiter muss lediglich beim Einglasen die Schutzfolie abziehen und das Band mit etwas Primerflüssigkeit benetzen. Dann wird verklotzt und nach Anbringen der Glasleiste hat das Klebeband 80 Prozent seiner Festigkeit erreicht.

Auf Nachfrage machte Freis aber auch deutlich: Mit der STV-Klebetechnik allein würde man noch keine RC2-Glasanbindung herstellen können. Um hier allen Anforderungen zu genügen, müsste man die Glasleisten zusätzlich sichern.

Der Verbraucher entscheidet

Als Fazit forderte der Geschäftsführer der Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme (GKFP), Gerald Feigenbutz, die Teilnehmer dazu auf, Fortbildungen in Anspruch zu nehmen und die Klebetechnik weiter voranzubringen. Letztendlich entscheidet der Endverbraucher über den Erfolg einer Technologie. Und offensichtlich hätte man bislang noch zu wenig über die Vorteile der Klebetechnik gesprochen, bzw. die Vorteile nicht klar genug herausgestellt. Das soll sich aber in der Zukunft deutlich ändern – auch mit Unterstützung der GKFP.—

www.gkfp.de

Daniel Mund

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