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Regelwerke

DIN 18008: Vorsicht - der Fachbetrieb haftet (Teil 02/03)

Der Fachbetrieb haftet seinem Kunden gegenüber für die Einhaltung der Norm DIN 18008. Bricht eine Scheibe und kann der verantwortliche Handwerker keine Dimensionierung vorlegen, so ist dies schon ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik.

Bei Scheiben bis 1,6 m² gilt, wie schon früher bei der TRLV, derzeit weiterhin die Nachweiserleichterung. Diese wurde von Verarbeitern schon immer gerne so ausgelegt, dass hier „alles erlaubt“ sei. Kann man damit also Scheiben nach Erfahrungswerten bzw. „Pi mal Daumen“ dimensionieren? Besser nicht. Denn natürlich haftet der Fachbetrieb trotzdem dafür, dass er ein Produkt liefert, das seinen Zweck erfüllt, das also funktionstauglich ist.

Wenn eine Glasscheibe ihren Zweck nicht erfüllt und bricht, so wird der Richter im Zweifelsfall einen Sachverständigen mit der Klärung der Ursache des Glasbruches beauftragen. Im Rahmen der Vorarbeiten zu seinem Gutachten wird der Sachverständige als erstes danach fragen, wie der Fachbetrieb die Dimensionierung berechnet hat.

Kann eine Dimensionierung darauf nicht vorgelegt werden, so begründet dies alleine schon einen Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik (und führt damit im Zweifel auch zu einem Verlust des Prozesses, einschließlich der Sachverständigenkosten).

Vorsicht Falle

Für Scheiben unter 1,6 m², die unter die „Nachweiserleichterung“ fallen – und gerade da gibt es die „kritischen“ Formate – gilt: Auch diese Gläser müssen richtig dimensioniert werden, um ihren Zweck zu erfüllen. Der einzige Unterschied liegt darin: Hier hat der vom Gericht beauftragte Sachverständige keine Rechtsgrundlage, nach Vorlage der Berechnung zu fragen.

BF-Geschäftsführer Jochen Grönegräs - Bundesverband Flachglas - © Bundesverband Flachglas
BF-Geschäftsführer Jochen Grönegräs - Bundesverband Flachglas
Oft wird als Argument gegen die Norm angeführt, früher sei doch auch nichts passiert; es habe nie Schadensfälle gegeben. Da möchte man antworten: Dann wird in den gleichen Fällen ja wohl heute auch nichts passieren, denn die Physik hat sich nicht geändert, sondern nur die Norm.

Ob der Fachbetrieb das unternehmerische Risiko eingeht, von der Nachweiserleichterung Gebrauch zu machen und Scheiben bis 1,6 m² so auszuführen, wie er das immer schon getan hat (so dass diese nach seiner Erfahrung nicht kaputtgehen), das ist seine unternehmerische Entscheidung. Genau wie früher zu Zeiten der Technischen Regeln.

Wer ist denn nun für die Glasbessung verantwortlich?

Bei großen Bauvorhaben muss die Ausschreibung geprüft werden. Ein sorgfältig erstelltes Leistungsverzeichnis gibt Auskunft darüber, ob die korrekte Glasbemessung vom Fassadenbauer geschuldet wird (siehe § 3 Abs. 5 VOB/B).

Bei öffentlichen Ausschreibungen sollte, wenn das Leistungsverzeichnis insoweit „schweigt“, gerügt werden, dass die Ausschreibung nicht eindeutig im Sinne von § 7 Abs. 1 VOB/A ist. Im normalen „Tagesgeschäft“ ist eine vertragliche Klärung herbeizuführen.

Wann haftet der ISO-Lieferant, und wann nicht?

Gelegentlich übernimmt der Glas- oder Isolierglaslieferant für seinen Kunden die Dimensionierung. Dann haftet er als Fachunternehmer selbstverständlich für die Richtigkeit dieser Leistung, sofern er die notwendigen Angaben zum konkreten Bauvorhaben korrekt übermittelt bekommen hat. Das ändert aber nichts daran, dass der Verglasungs- oder Fensterbau-Fachbetrieb gegenüber seinem Kunden haftet.

Oft wird die Leistung der Dimensionierung auch nicht vom Glas- oder Isolierglaslieferanten verlangt, sondern es wird ein vorgegebener Glasaufbau bei ihm bestellt. In diesem Fall haftet er selbstverständlich nicht dafür, dass dieser Glasaufbau für den vorgesehenen Einsatzzweck ausreichend dimensioniert ist, wenn er im Übrigen keine Kenntnisse über das konkrete Bauvorhaben hat.

Praxisrelevant sind natürlich alle denkbaren Fallgestaltungen zwischen diesen beiden Konstellationen, die in den vorangegangenen Absätzen geschildert sind. So muss der Glas- oder Isolierglaslieferant häufig aufgrund unvollständiger Informationen zu Verwendung und Einbauort eine „Vordimensionierung“ vornehmen, um überhaupt ein Angebot abgeben zu können.

In diesem Fall muss er das Angebot deutlich dahin kennzeichnen, dass ihm die zur korrekten Dimensionierung nach DIN 18008 erforderlichen Informationen zur Angebotserstellung nicht vorgelegt wurden und dass die Dimensionierung bei Auftragserteilung erstellt werden müsse. Auch an dieser Tatsache hat sich gegenüber den bisherigen Regelwerken nichts geändert.

So oder so, das gelieferte Produkt muss mangelfrei sein!

Für alle beteiligten Fachbetriebe in der Lieferkette gilt ohne Wenn und Aber: Das gelieferte Produkt muss am Ende mangelfrei sein, und jeder haftet dafür, dass eine Leistung, wenn er sie denn übernommen hat, auch fachgerecht ausgeführt wurde. Dazu gehört auch die korrekte Bemessung und fachgerechte Ausführung der Konstruktion nach den entsprechenden Bemessungs- und Konstruktionsregeln. Und auch das war schon immer so!

Von der Pflicht zur ordnungsgemäßen Glasdimensionierung nach DIN 18008 zu trennen ist die Pflicht zur Erstellung der bautechnischen Nachweise, mit denen die Einhaltung der Anforderungen an die Standsicherheit (Statik) sowie auch an den Brand-, Schall-, Wärme- und Erschütterungsschutz sowie die Energieeinsparung belegt wird. Beispielsweise wird die Standsicherheit durch einen Tragwerksplaner bestätigt.

Tipp der Redaktion: Im nächsten GLASWELT Newsletter erfahren Sie was im Teil 3 der Serie, was hinter der Pflicht zur Verwendung von Sicherheitsglas steckt oder klicken Sie hier.

Hier finden Sie die komplette Serie im Überblick.

Die Autoren

Jochen Grönegräs, Geschäftsführer des Bundesverbands Flachglas (BF), und  Markus Broich, Technischer Leiter des BF.