Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Zurück zu Sinnvollem für die Fensterbauer

Neue VOB ATV DIN 18355 “Tischlerarbeiten“

Mit dem Datum Oktober 2006 hat der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss (DVA) eine neue Gesamtausgabe der „Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen“ (VOB) herausgegeben. Sie enthält Überarbeitungen und Anpassungen in allen Teilen. Im Teil A der VOB geht es um die Ausschreibung von Bauleistungen. Dort wurden Anpassungen hinsichtlich der europäischen Vergaberichtlinien vorgenommen. In dem Teil B, der die rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausführung von Bauleistungen beschreibt, gab es ebenfalls eine Reihe von Änderungen, die sich insbesondere auf Abschlagszahlungen und die Stellung von Sicherheiten beziehen. Bei den „Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen“ (ATVen) hat es bei vielen der dort enthaltenen ca. 60 „Gewerke-ATVen“ Änderungen und Neuerungen gegeben. So wurde etwa die ATV DIN 18459 „Abbruch- und Rückbauarbeiten“ neu geschaffen und in die VOB-Gesamtausgabe aufgenommen. Im Folgenden soll jedoch auf die stark inhaltlich überarbeitete ATV DIN 18355:2006-10 „Tischlerarbeiten“ aus der Sicht der Fensterbauer eingegangen werden. Diese ATV enthält die wesentlichen Regelungen für Fenster.

Alle ATVen sind einheitlich gegliedert und aufgebaut:

  • 0 Hinweise für das Aufstellen der Leitungsbeschreibung
  • 1 Geltungsbereich
  • 2 Stoffe, Bauteile
  • 3 Ausführung
  • 4 Nebenleistungen, Besondere Leistungen
  • 5 Abrechnung

Die Struktur zieht sich einheitlich durch den gesamten Teil C der VOB. Der Punkt 0 hat die Besonderheit, dass „diese Hinweise nicht Vertragsbestandteil werden.“ Für die Praxis haben sie jedoch trotzdem eine sehr wichtige Bedeutung. Sie richten sich an den Ausschreibenden und grenzen insofern die Planungs- von den Ausführungsleistungen, also die Aufgaben des Planers von den Aufgaben des Handwerkers ab. Ihre Beachtung ist Voraussetzung für eine in VOB/A § 9 geforderte ordnungsgemäße Ausschreibung. In Streitfällen kann der Planer gelegentlich zur erfolgreichen Entlastung des Ausführenden auf diesen Punkt hingewiesen werden.

Punkt 0: Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung

In der ATV DIN 18355 wird der Planer u.a., zu Angaben zu folgenden Punkten aufgefordert:

  • Ausbildung der Fenster; damit sind z.B. Konstruktionsmerkmale, Rundungen, Rahmenbreiten gemeint
  • Merkmale und Güteklassen des verwendeten Holzes; eine bestimmte („hohe“) Klasse kann nur erwartet werden, wenn sie auch verlangt war
  • Ausbildung von Anschlüssen und Abdichtungen; hier liegt die „Fundstelle“ für die Aussage, dass die Bauanschlussfugen geplant werden müssen
  • Art der Oberflächenbehandlung
  • Anforderungen an den Brand-, Schall-, Wärme-, Feuchte- und Strahlenschutz sowie an die Luftdurchlässigkeit und Schlagregendichtheit; jegliche Anforderungen an die zu erbringenden Merkmale müssen vorgegeben werden. Ihre Ermittlung kann nicht Aufgabe des Fensterbauers sein.

Punkt1: Geltungsbereich

Im Geltungsbereich wird sehr klar ausgesagt, dass diese ATV für das Herstellen und Einbauen von Bauteilen aus Holz und Kunststoff, z.B. Türen, Tore, Fenster, Fensterwände bis hin zu Einbaumöbeln gilt. Neben den Holz- und Kunststofffenstern gilt sie ausdrücklich auch für Holz-Metallkonstruktionen, also für Holz-Alu-Fenster. Die Bereiche „Beschläge“, „Verglasungen“ und teilweise auch „Malerarbeiten“ sind in speziellen ATVen beschrieben.

Punkt 2: Stoffe, Bauteile

Dieser Abschnitt enthält Hinweise auf mitgeltende Normen, die sich vielfach auf die in Frage kommenden Materialien und auch auf die Konstruktion beziehen. Es sind dort neben vielen anderen Normen zitiert die DIN EN 942 „Holz in Tischlerarbeiten – Allgemeine Sortierung nach der Holzqualität“, die DIN 18545-2 „Abdichten von Verglasungen mit Dichtstoffen – Teil 2: Dichtstoffe, Bezeichnung, Anforderungen, Prüfung“, die DIN 18055 „Fenster – Fugendurchlässigkeit, Schlagregendichtheit und mechanische Beanspruchung – Anforderungen und Prüfung“, DIN 68121-1-2 „Holzprofile für Fenster und Fenstertüren“. Dass die DIN 18055 nochmals an dieser Stelle auftaucht ist schon einigermaßen erstaunlich; für die wesentlichen Inhalte gibt es europäische Nachfolgenormen, die was z.B. die Fugendurchlässigkeit angeht, mit der DIN EN 12207, in der Energieeinsparverordnung verankert sind.

In diesem Abschnitt gibt es auch eine Anforderung an die Holzfeuchte. Diese darf für Bauteile, die ständig mit der Außenluft in Verbindung stehen, d.h. insbesondere für Fenster, max. 15 % betragen. Die weitere Forderung, dass nämlich „dieser Feuchtegehalt auf Verlangen des Auftraggebers nachzuweisen“ ist, zielt eindeutig auf eine werkseigene Produktionskontrolle.

Punkt 3: Ausführung

Dieser Abschnitt, der mit vielen Hinweisen die einzige Fundstelle für Verarbeitungsvorgaben beim Holzfenster darstellt, beginnt, wie in allen anderen ATVen, mit dem Prüfauftrag des Auftragnehmers und der Pflicht Bedenken gegen bestimmte Vorgaben des Auftraggebers geltend zu machen. Die nicht abschließende Liste fordert Bedenken bei z.B. „fehlenden Voraussetzungen für die Befestigung und Abdichtung“, bei „fehlendem konstruktiven Holzschutz“ und auch bei „zu hoher Baufeuchte“. Mit diesen Punkten hat jeder Auftragnehmer die beste Steilvorlage, wenn die baulichen Voraussetzungen nicht geeignet für den Beginn oder die Fortführung oder überhaupt sinnvolle Ausführung der eigenen Arbeiten sind.

Unverändert blieben die Passagen, wonach „Vollholz auch schichtverleimt verwendet werden darf, wenn die einzelnen Schichten aus der gleichen Holzart bestehen“ und auch diejenige zur Zulässigkeit von Keilzinkung bei deckendem Anstrich durch folgende Formulierung: „Bei nichtdeckendem Anstrich ist Keilzinkung nur mit Zustimmung des Auftraggebers zulässig“.

Allgemein wird zum Einbau gefordert, dass „Bauteile so zu befestigen und aufzulagern sind, dass die Kräfte sicher in den Baukörper übertragen werden“. Damit ist ausdrücklich kein statischer Nachweis der Befestigung von Fenstern gefordert. Allerdings müssen die Befestigungsmittel korrosionsgeschützt sein; nicht gefordert sind nicht rostende, also Edelstahlmaterialien.

In dem Abschnitt Außenbauteile wurden die fachlich am weitest reichenden Änderungen vorgenommen. Zunächst wurde zwar die nicht immer sinnvolle Forderung nach einer umlaufenden, dauerhaften und schlagregendichten äußeren Fugenabdichtung beibehalten. Dafür ist die ATV bezüglich der Dämmung von Anschlussfugen zwischen Außenbauteilen und Baukörper auf die frühere bewährte und problemlose Anforderung zurückgegangen indem wieder formuliert wird: „Die auf der Raumseite verbleibenden Fugen sind mit Dämmstoffen vollständig auszufüllen“. Dazu bleibt die „Auswahl des Dämmstoffes dem Auftragnehmer überlassen“, was selbstverständlich nicht ausschließt, dass ein Auftraggeber hier eigene Vorstellungen einbringen kann. Weiter darf „der Einsatz des gewählten Dämmstoffes den Bauablauf nicht beeinträchtigen“. „Bei der Verwendung von Ortschäumen sind die angrenzenden oberflächenfertigen Bauteile durch rückstandsfrei zu entfernende Abklebungen sicher zu schützen“. Diese durchaus verständlichen Forderungen des Hauptausschusses Hochbau sind als Preis für die auf großen Druck der gesamten Branche wieder aufgenommenen PU-Ortschäume durchaus akzeptabel. Immerhin muss bei dem bewährten und sehr geeigneten Material PU-Schaum kein besonderer Hinweis auf dessen Einsatz aus rechtlichen Gründen mehr erfolgen. Mit der angesprochenen Behinderung des Bauablaufs sind sehr niedrige Außentemperaturen gemeint, bei denen übliche Schäume nicht verarbeitet werden können.

Ganz neu ist die „dauerhaft luftundurchlässige innenseitige Abdichtung von Bauanschlussfugen“. Diese bauphysikalisch notwendige Arbeit wird damit generell zur Regelleistung erklärt. So sind auch die unseligen Diskussionen vom Tisch, wonach die Energieeinsparverordnung diese Luftundurchlässigkeit nur für den Neubau fordert und folglich im Altbau vermeintlich „nichts gemacht werden müsse“. Die Kosten für diese Arbeit sind in die Einheitspreise einzurechnen und werden im Zweifel nicht besonders vergütet.

Die Ausführungsfragen zum Fenster haben sich nicht wesentlich verändert. Herausgefallen ist lediglich die Schlitz-/ Zapfenverbindung der Ecken bei Holzfenstern, deren Rahmenverbindungen aber immer noch „vollflächig – auch an den Brüstungen – verleimt werden müssen“. Einige der wenigen Aussagen zur (hier wieder) Holz-Aluminium-Fenster genannten Material-Kombination ist die Forderung nach einer „systemgerechten Verbindung an den Ecken der Aluminiumrahmen“. Bezüglich der Verglasung wird leider weiterhin auf die DIN 18545-3 „Abdichten von Verglasungen mit Dichtstoffen“ verwiesen, nach der bei der Glasversiegelung innen und außen ein Vorlegeband einzusetzen ist. Dieses wurde so belassen, obwohl die gesamte Branche weiß und sehr weitgehend nach der bereits aus dem Jahr 1983 stammenden ift-Richtlinie „Verglasen von Holzfenstern ohne Vorlegeband“ handelt, dass das Vorlegeband auch weggelassen werden kann. Ohne Änderungen sind die Anforderungen an die Ober­flächenbehandlung von Außenbauteilen geblieben, die einen chemischen Holzschutz nach der DIN 68800-3 „Holzschutz – Vorbeugender chemischer Holzschutz“ und einen Anstrich­aufbau bis mindestens einschließlich des ersten Zwischenanstrichs erfordern, bevor Beschläge, Dichtungen, Verglasungen eingebaut werden und bevor der Einbau in den Baukörper erfolgt. Auch der konstruktive Holzschutz nach Teil 2 der DIN 68800 ist eine eindeutige VOB-Anforderung.

Punkt 4: Nebenleistungen, Besondere Leistungen

Bei den Nebenleistungen, also solchen Leistungen, die auch ohne Erwähnung im Vertrag zur vertraglichen Leistung gehören, die somit nicht extra verlangt werden müssen, sind „Vorkehrungen für das Arbeiten mit Ortschaum, z.B. Abkleben angrenzender oberflächenfertiger Bauteile, Anfeuchten des Untergrundes, Maßnahmen bei niedrigen Temperaturen“ hinzugekommen. Ein Schelm, der hier wieder eine kleine Retourkutsche des DVA-Ausschusses sieht…

Besondere Leistungen sind gekennzeichnet durch „extra verlangen und dann extra vergüten“. Auf das beschriebene Hauptthema der Abdichtung bezogen, wird hier eine Position vorgeschlagen für das „nachträgliche Abdichten von Anschlussfugen, soweit diese Leistungen nicht im Zuge der Montagearbeiten kontinuierlich erbracht werden können“.

Punkt 5: Abrechnung

In diesem Bereich haben sich zwar umfangreichere Umformulierungen ergeben. Diese betreffen aber andere Tischlerarbeiten und sind somit für den Fensterbereich nicht relevant.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Neuausgabe der ATV DIN 18355 „Tischlerarbeiten“ sich insbesondere für die hier erfassten Fensterbauer sehr gelohnt hat. Mit der wieder offenen Formulierung „Dämmstoff“ erfolgte die von der Branche insgesamt vehement eingeforderte Rückkehr zu der sehr langjährig bewährten Ausführung; in der weit überwiegenden Zahl der Fälle mit PU-Ortschaum in der Anschlussfuge. Die bauphysikalisch notwendige und richtige innere Fugenabdichtung ist jetzt eindeutig Regelleistung des Fensterbauers, was die immer wieder aufflackernde Diskussion um deren Notwendigkeit auch im Altbau zum Erliegen bringen sollte. Da es bei einzelnen Aufträgen auch um die Details von Regelungen in der „Fensterbauer-VOB“ gehen kann, ist jedem Betrieb dringend angeraten, die Neufassung als Gesamtausgabe schnellstens im Büro stehen zu haben. Sie ist unter der ISBN-Nummer 10: 3-410-61167-3 zum Preis ca. 36 € bei jeder Buchhandlung zu beziehen.|

Reiner Oberacker

Autor

Dipl.-Wi.-Ing. Reiner Oberacker ist Leiter der Technischen Beratung im Fachverband Glas Fenster Fassade Baden-Württemberg, Karlsruhe.

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ Glaswelt E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus GW: Sonderhefte (PDF)
+ Weiterbildungsdatenbank mit Rabatten
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen