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Die Schäden an den Scheddächern zweier Sporthallen müssen auf ihre Herkunft überprüft werden

Hagelschaden an der Shed­verglasung von Sporthallen

In der Folgezeit wurde zwischen der Firma Goldkatz GmbH und der Stadt Sodenthal vereinbart, dass das Architekturbüro Mann mit der Schadensaufnahme und der Erstellung eines Sanierungsvorschlages beauftragt wird. Auch wurde eine öffentliche Ausschreibung gemäß VOB A vereinbart. Das Büro Mann erarbeitete daraufhin ein mir nunmehr vorliegendes Sanierungskonzept. Zur Erstellung einer Gutachtlichen Stellungnahme wurde ich Ende September durch die Firma Goldkatz beauftragt und habe wegen der Dringlichkeit wenige Tage später einen Ortstermin zusammen mit den Parteien durchgeführt.

Aufgabenstellung

Der vorgenannte Sanierungsvorschlag ist unter anderem in Bezug auf folgende Punkte zu prüfen:

  • a) Gibt es rechtliche Vorschriften, die einen Gesamtaustausch Rahmen und Doppelstegplatten zwingend erforderlich machen?
  • b) Stellt die Ausschreibung eine Standardkonstruktion dar, oder wurde hier eine wesentlich ver-besserte Ausführung als die bisher vorhandene gewählt?
  • c) Kann in die bestehende Konstruktion eine PVC Platte wie vorhanden eingebaut werden?
  • d) Wie groß ist der Preisunterschied zwischen PVC und ausgeschriebenem Material?
  • e) War vorher bereits eine RWA Anlage vorhanden, gegebenenfalls in dem ausgeschriebenen Umfang?
  • f) Kann das Angebot der Fa. Dugner vom 2.10.2006 als Basis für eine Abrechnung herangezogen werden?
  • g) Welche Vorschäden sind vor Ort erkennbar?

Grundlagen des Gutachtens

  • Detaillierte Dokumentation des Schadens
  • Ortsbegehung
  • Parteien: Vertreter der Goldkatz GmbH, des Hochbauamt Sodenthal sowie Hausmeister der Sporthalle Knochenweg
  • Hilfsmittel: Längen-/Flächenmessgerät DISTO-Classic 4, Firma Leica, Digitalkamera Canon Power Shot G5 Messschablone, Gliedermaßstab

Allgemeine und örtliche Feststellungen

Zuerst wurde die Kantholzweghalle, danach die Knochenweghalle besichtigt.

Begehungsbericht Kantholzweghalle:

Die Tragkonstruktion der Kantholzweghalle besteht aus ca. 33 Meter langen, vorgespannten Betonfertigteilen. Diese Betonfertigteile sind mit konstantem Abstand, 16 Mal hintereinander angeordnet und dienen als obere bzw. untere Auflagerung der davor- bzw. dahinterliegenden Shedverglasung aus PVC-Stegplatten. Die PVC-Stegplatten sind über gekantete Bleche mit den Betonfertigteilen verbunden. Der Einstand (Überdeckung der PVC-Stegplatten durch die gekanteten Bleche) der PVC-Stegplatten beträgt unten ca. 10 mm.

Die Betonfertigteile werden bedeckt durch gedämmte Trapezprofile, die Stärke der Dämmung beträgt etwa 40 mm MF. Anfallendes Regenwasser wird über eine Betonrinne am Fußpunkt der Verglasungskonstruktion abgeleitet. Auf vertikale Metallstege zwischen den PVC-Stegplatten konnte bei der Konstruktion verzichtet werden, da die PVC-Stegplatten mittels eingelegter Federn miteinander kraftschlüssig verbunden sind. Seitlich wurde das Dachsystem mittels Stahlwinkeln an die Gebäudekonstruktion angeschlossen. Die oberen Befestigungen der PVC-Stegplatten sind mit Kopf-Blechhauben (First) abgedeckt, die an die Trapezprofile anbinden. Die PVC-Stegplatten sind ca. 500 mm breit und 1650 mm lang. Die PVC-Stegplatten im äußersten Feld, im Bereich der Attika, sind etwa 1950 mm lang und ebenso ca. 16 mm stark.

Begehungsbericht Knochenweghalle:

Die Dachkonstruktion der Knochenweghalle ist sehr ähnlich der Kantholzweghalle. Die Sheddächer sind etwas flacher geneigt als bei der Kantholzweghalle, was zu einer stärkeren Beschädigung und Durchschlägen geführt hat. Die Shedelemente sind mit konstantem Abstand, 13 Mal hintereinander angeordnet, die Shedverglasung besteht aus PVC-Stegplatten. Die PVC-Stegplatten sind auch hier über gekantete Bleche mit den Betonfertigteilen verbunden.

Die PVC-Stegplatten sind etwa 40 mm stark ca. 1200 mm breit und 1650 mm lang. Die PVC-Stegplatten im äußersten Feld, im Bereich der Attika, sind etwa 1450 mm lang bei sonst gleicher Breite und Stärke.

Die extremen Schäden haben besondere Sicherungsmaßnahmen erforderlich gemacht. Zur Feststellung des Versicherersausmaßes wurden die provisorischen Abdeckungen teilweise entfernt.

Stellungnahme und Beantwortung der Fragen

Der Schaden der Shedverglasungen an der Kantholzweghalle, wie an der Knochenweghalle ist durch den Hagel bedingt so groß, dass die Platten ausgetauscht werden müssen. Reparaturmöglichkeiten der vorhandenen Platten gibt es nicht.

Beantwortung der Fragen:

  • a) Gesetzliche Rahmenbedingungen

Wärmeschutz/Isolierverhalten:

Es handelt sich hierbei um Sporthallen mit Zuschauertribünen und normalen Innentemperaturen. Die Ener­gieeinsparverordnung fordert gemäß Anhang 3, Punkt 2, Tabelle 1, Punkt 2b bei Änderungen an Gebäuden mit einer normalen Temperatur von 19°C und mehr und einer Beheizung von mehr als 4 Monaten jährlich (siehe EnEV § 1.1 und § 2.1) einen U-Wert von mindestens 1,5 W/(m²K).

Hagelschlag:

Hagelschlag ist in Deutschland nicht genormt und bleibt somit außer Acht.

Ballwurfsicherheit:

Ballwurfsicherheit gemäß DIN 18032, Teil 3 ist bei Sporthallen dieser Art zu erfüllen.

Brandverhalten:

Aus Anlage 3.1.4, Schreiben HBA Sodenthal „Brandklasse der Shedverglasungen“ geht hervor, dass das Ersatzmaterial der Brandklasse B1, gemäß DIN 4102, Teil 1, zu entsprechen hat.

Verwendung von Bauprodukten:

Zur Verwendung von Bauprodukten ist mit Verweis auf Anlage 3.1.3, Schreiben des Bauverwaltungsamtes Sodenthal, festzuhalten, dass es sich bei PVC-, wie PC-Platten um nicht geregelte Bauprodukte handelt. Bei Ersatz der defekten Platten müssen diese eine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (§ 18 LBO), ein Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (§ 19) oder eine Zustimmung im Einzelfall, ZiE, (§ 20) haben. Allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse können zurzeit für Lichtbandsysteme nicht ausgestellt werden.

  • b) Ausschreibung

Das in der Ausschreibung gewählte Ersatzmaterial ist in Bezug auf seine Qualität empfehlenswert, da es den vorgenannten, zu erfüllenden baurechtlichen Vorschriften entsprechen muss.

Bezüglich der gewählten Paneel-Type ist darauf zu achten, dass die jeweilige produktspezifische Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung in Gänze erfüllt ist. Das heißt, dass nicht nur das Produkt als solches, sondern auch die Tragkonstruktion (Stützweiten, Einstände, Lochspiele, gleitende Lagerung, Abdeckungen, Montageelemente, etc.) dem System der Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung entspricht.

Im Rahmen dessen ist die vorhandene Tragkonstruktion der Hallen so nicht nutzbar. Nach Prüfung der mir vorgelegten Unterlagen ist es nicht möglich, bzw. zulässig, die notwendigen neuen Shedverglasungen in die bestehende Tragkonstruktion einzubauen. Speziell die hohe Anforderung an den U-Wert der neuen Shedverglasungen bedingt eine Stärke der Shedverglasungen von ca. 40 mm. Das ist bei der Kantholzweghalle mit 16 mm nicht erfüllt. Bei beiden Hallen ist der Einstand zu gering. Es ist zu prüfen, welche Bauelemente, wie beispielsweise die Kopf-, bzw. Firsthauben aus Blech nach Demontage und Lagerung wieder einbaufähig sind.

Vergleichbare PVC-Platten des Typs Q12540 der Firma Goldkatz erfüllen bei gleichem Brandverhalten B1, nicht den erforderlichen U-Wert von mind. 1,5 W/m²K, sondern liegen mit etwa 2,3 W/m²K deutlich darüber und fallen somit aus.

Die Ersatz-Dachkonstruktion wird, bedingt durch die höheren baurechtlichen Anforderungen, besser sein als die ursprüngliche Version.

  • c) Umsetzbarkeit

Der Einbau von PVC-Platten wäre machbar, entspräche jedoch nicht den derzeit gültigen baurechtlichen Anforderungen.

  • d) Preisunterschied

PVC-Platten sind günstiger als PC-Platten gleicher Stärke und

Abmessungen. Die Differenz beträgt etwa 25-30 %, gemäß Angabe des Herstellers Goldkatz.

  • e) Rauch- und Wärmeabzug

Das Hochbauamt verwies im Zuge der Ortsbesichtigung auf eine Rücksprache mit dem Bauverwaltungsamt Sodenthal, wonach die vorhandenen RWA-Anlagen im Zuge der Sanierung demontiert und wieder eingebaut werden können. Von Behördenseite sind somit keine verschärften Auflagen zu erwarten.

  • f) Abrechnungsbasis

Auch das Angebot der Firma Dugner kann als Basis genutzt werden, es hat jedoch einige Lücken im Vergleich zu der Ausschreibung des Büros Mann bzw. enthält es offene Positionen, da teilweise lediglich Einheitspreise, aber keine Gesamtpreise angegeben sind. Unter Ansatz der Massen des Büros Mann ergibt sich eine Gesamtsumme, die in etwa um den Wert der „Mann-Auswertung“ liegt.

  • g) Vorschäden

Bei beiden zu begutachtenden Hallen ist festzustellen, dass zwar durch Hagel bedingte Beulen, aber auch zahlreiche Vorschädigungen an den Trapezblechen vorhanden sind. Auch wurden die Abdeckungen der Attiken schon geflickt. Es ist unmöglich, Aussagen über eventuelle Vorschäden an den Sheddachverglasungen zu treffen.

Die Randdichtbahnen aus Blech, welche die Bitumenabdichtung schützen wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durch Hagel zerstört, da diese Stellen spitze Durchbohrungen aufweisen. Auch sind diese Schäden zu vereinzelt, jedoch sehr tief und punktuell vorhanden, bei Hagelschlag hätte man eine konstantere und gleichartigere Verteilung. Die Bekiesung wurde an diesen Stellen ohne Kenntnis der anwesenden Hausherrenvertreter entfernt.

Die Beschädigung der Dachabdichtung an der Knochenweghalle zeigt hingegen genau das oben fehlende Schadensbild und ist als offensichtlich hagelbedingter Schaden empfohlenermaßen zu akzeptieren.

Ergänzungen

Die ergänzenden Sanierungsmaßnahmen, die von Architektenseite her empfohlen wurden, sind schadenstechnisch nicht Gegenstand der vorliegenden Ausschreibung und sind gegebenenfalls herauszurechnen bzw. von der Stadt Sodenthal selbst zu tragen.

Die Notwendigkeit des unplanmäßigen Austausches aller über die Sheddachverglasungen im Rahmen ihrer Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung hinausgehenden Bauteile, ist dem Auftraggeber gegenüber prüfbar zu dokumentieren. Alterungsbedingte Sanierungsnotwendigkeiten sind somit von den in diesem Gutachten detaillierten, durch Hagel bedingten, Sanierungsnotwendigkeiten zu unterscheiden. Hiervon unberührt ist jedoch die Notwendigkeit der Demontage von Bauteilen, wie beispielsweise der Kopfblechhauben im Firstbereich der Sheddächer. Sollte sich bei Demontage herausstellen, dass deren Dichtigkeit und Dauerhaftigkeit von Handwerkerseite nicht mehr gewährleistet werden kann, müssen auch diese Bauteile erneuert werden.

Zusammenfassung

Das Schadensbild an den Sheddächern der beiden Hallen ist zwischen dem Versicherer und Stadt Sodenthal unstrittig. Der Sanierungsaufwand ist durch die mittlerweile, seit Bau der beiden Hallen im Jahre 1975, teils mehrfach erweiterten und verschärften baurechtlichen Vorschriften so hoch, dass der bloße Austausch der Sheddachverglasungen nicht mehr zulässig ist. Die vorhandene Tragkonstruktion der Shedverglasungen entspricht nicht dem Stand der Technik und ist systemkonform zu ersetzen.

Wie schon zuvor bemerkt, besteht grundsätzlich die theoretische Möglichkeit für Maßnahmen, wie hier erforderlich, die Zustimmung im Einzelfall einzuholen. Diese Möglichkeit ist sehr zeitaufwändig, im Rahmen der hier zu bearbeitenden Anwendung finanziell unverhältnismäßig und zweifelhaft in Bezug auf den zu erwartenden Erfolg. Aus diesem Grunde wird darauf nicht weiter eingegangen.

Schlussbemerkung

Im Zuge der Ortsbesichtigung wurde durch die Parteien festgestellt, dass sich jahreszeitlich bedingt ein starker Termindruck aufgebaut hat. Es ist wegen der Gefahr eindringenden Wassers in die Hallen richtig und daher dringend anzuraten, schnellstmöglich neue Sheddächer samt zulässiger Tragkonstruktion einzubauen, um sekundäre Beschädigungen der Tragkonstruktion sowie des Interieurs zu vermeiden.

Wie schon gemeinsam im Zuge der Ortsbesichtigung festgestellt, weisen beispielsweise die Trapezprofile erhebliche Vorschäden auf, Vorschäden dieser Art sind schadenstechnisch zu berücksichtigen.|

Franz-Jörg Dall

Autor

Franz-Jörg Dall studierte Bauingenieurwesen und ist von der IHK-Darmstadt öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Glas in allen Applikationen.

Sachverständigenbüro Franz-Jörg Dall

64546 Mörfelden-Walldorf

Tel. (0 61 05) 27 08 56

franz-joerg.dall@t-online.de

https://www.glasgutachter.com/

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