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Anforderungen an PV-Montagesysteme und neue Rahmenbedingungen der novellierten DIN 1055

Fester Halt für Sonnenkraftwerke

Photovoltaik-Montagesysteme sind beim Ziegeldach in der Regel wie in Bild 2 aufgebaut: Die Belastung wird vom Modulrahmen über eine Modulklemme an die Modultragschiene weitergegeben. Die Modultragschiene ist dabei am Dachhaken befestigt, dessen Grundplatte zuvor am Dachsparren angeschraubt wurde.

Professionelle und auf Photovoltaikanlagen spezialisierte Montagesysteme sind derzeit von zahlreichen Systemanbietern am Markt und lösen eigene und teilweise auch improvisierte Entwicklungen des Installateurs ab. Verzinkte, gebohrte Montageschienen aus dem Bauwesen, geschweißte Dachhaken vom Spengler und Schrauben aus dem Baumarkt weichen den professionellen, einfach und schnell montierbaren Komplettsystemen, die aus Strangpressprofilen, Nutensteinen und bauaufsichtlich zugelassenen Schrauben bestehen. Die Systemanbieter liefern Spezialwerkzeug oder Montagehilfsmittel zur schnellen Montage meist gleich mit. Der Statiktest des Monteurs, einmal auf die Schiene gestellt „das hält schon“, wird heute durch Statiktabellen, Auslegungs-Software, Bemessungsdiagramme und TÜV-Belastungstests abgelöst. Auch wenn dies dem Elektroinstallateur einiges an Arbeit abnimmt, sollte er sich dennoch beim Anbieter der Module und des Montagesystems immer vergewissern, ob er vorschriftsmäßig montiert.

Statische Anforderungen

Für ein Atomkraftwerk ist es selbstverständlich, dass ein Standsicherheitsnachweis gegen Flugzeuganprall geführt wird. Bei unseren Minikraftwerken wäre das natürlich übertrieben, aber immerhin kann die Schneelast bei Höhenlagen ab 1000 m über NN in etwa der Last einer Mercedeslimousine, die auf ein Solarmodul mittlerer Größe einwirkt, entsprechen. Auch Windsogbelastungen erreichen überraschend große Dimensionen, wie der Sturm „Kyrill“ in diesem Jahr gezeigt hat. Nun bestehen die auf dem Dach befindlichen Elemente einer Photovoltaikanlage aus den Komponenten Solarmodule und Montagesystem. Beide Komponenten müssen gewissen statischen Anforderungen entsprechen und weisen dies u.a. durch Zertifikate aus. Einige Module sind noch nach alter IEC61215 für 2,4 kN/m² (245 kg/m²) Zug- und Druckbelastung rechtwinklig zur Modulebene zertifiziert. Neuerdings wird die Zertifizierung auch für Druckbelastung bei 5,4 kN/m² (550 kg/m²) und vereinzelt auch bei Sogbelastung getestet, jedoch können noch nicht alle Solarmodule einen solchen Belastungstest nachweisen.

Um sicherzustellen, dass die Module den Belastungen standhalten, muss der Installateur dies auch über die Datenblätter der Modulhersteller in Erfahrung bringen. Andernfalls riskiert er im Schadensfall, die Module aus eigener Tasche zu ersetzen. Hohe Belastungen treten dann auf, wenn in höheren Lagen große Schneelasten zu erwarten sind. Aber auch dann, wenn Solarmodule aufgeständert oder im Dachrandbereich montiert werden. Dann sind Windsogspitzen mit einzuberechnen.

Die Installationsvorschriften des Modulherstellers geben zunächst die korrekte Lagerung der Solarmodule auf dem Montagesystem an. In den meisten Fällen ist hier die Befestigung der Module nahe der Montagebohrungen im Modulrahmen vorgeschrieben. Bei dieser Art von Befestigung spricht man von einer Viertelspunktlagerung an der langen Seite wie in Bild 2 dargestellt. Die Viertelspunktlagerung stellt eine möglichst geringe Verformung und Beanspruchung des Modulrahmens sicher. Bei Einlegesystemen dagegen werden die Module an den kurzen Stirnseiten gelagert. Dabei spannen die Modulrahmen über die gesamte Modullänge, was in etwa einer achtfachen Biegebeanspruchung des Modulrahmens und einer mehr als 20-fachen Verformung gegenüber einer Viertelpunktslagerung entspricht. Diese Systeme sind in der Regel nicht vom Modulhersteller abgedeckt, da sie zu Schäden am Modul führen können, vgl. Bild 1. Daneben gibt es zahlreiche andere Montagesysteme für Photovoltaikanlagen, die unterschiedlich funktionieren und montiert werden. In der Regel stellt hierfür der jeweilige Systemanbieter des Montagesystems dem Installateur einen aufbereiteten typisierten statischen Nachweis wie Tabellen, Bemessungsdiagramme oder eine entsprechende EDV-Software zur Verfügung.

Neue Lastannahmen gemäß DIN 1055

Zum 1. Januar 2007 ist nun die Lastnorm DIN 1055 von 2005 übergangslos in Kraft getreten. Beim Montagesystem ist es unbedingt empfehlenswert darauf zu achten, dass die Statikangaben des Systemanbieters bezüglich der neuen Lastnorm DIN 1055 aktualisiert wurden. Denn mit der neuen Norm ist die alte Norm (teilweise von 1975) ungültig. Doch warum wurde die Norm DIN 1055 eigentlich angepasst?

Die Anpassung ist auf die neuen auf europäischer Ebene vereinheitlichten Sicherheitskonzepte zurückzuführen. Basierend auf langjährigen, meteorologischen Daten erhöhen sich vor allem im Bergland die rechnerischen Schneelasten, was die Natur im Frühjahr 2006 im bayrischen Wald bestätigte. Detaillierter als bisher wird auf die unterschiedliche Windbelastung eingegangen, durch die Unterteilung der Bundesrepublik in vier Windlastzonen sowie durch die Einführung der vier Geländekategorien. Diese reichen von windigen Gebieten ebener See (Kategorie I) bis zu windberuhigten dicht bebauten Städten (Kategorie IV). Außerdem können sich die rechnerischen Windsoglasten erhöhen, da nun vor allem für kleine Bauteile (1-2 m²) wie bei Solarmodulen höhere aerodynamische Beiwerte gelten. Bei aufgeständerten Anlagen sind bei der neuen DIN 1055 unterschiedliche Angriffspunkte der Windlast zu berücksichtigen. Dies erfordert eine Erhöhung des Ballastes, um ein Kippen des Montagesystems zu verhindern.

Für den Installateur bedeutet die neue Norm zunächst einen höheren Aufwand bei der Erfassung der Gebäudedaten. Damit die Daten zur Bemessung des Montagesystems vollständig sind, sollte ein sogenannter Datenerfassungsbogen ausgefüllt werden. Nun kann die Anzahl der Dachhaken bzw. der Dachhakenabstand mit den oben genannten Hilfsmitteln des Systemanbieters ermittelt werden. Im Rand- und Eckbereich sind in der Regel weitere Werte mit geringeren Dachhakenabständen zu ermitteln. In diesen Bereichen des Daches treten erhöhte Windsogspitzen auf. Selbstverständlich fallen vor dem 1. Januar 2007 nach damaliger Vorschrift installierte Photovoltaikanlagen unter den Bestandsschutz und brauchen nicht nachgerüstet werden.

Montagefreundlichkeit

Um eine bequeme Montage des Systems zu gewährleisten, sollten unterschiedliche Punkte beachtet werden. Diese reichen beispielsweise vom zweifach höhenverstellbaren Dachhaken über die Reduktion von Kleinteilen bis hin zum Kreuzschienenverband. Bei den professionellen Montagesystemen sollten die Montage und das einseitige Anziehen der Schrauben von oben selbstverständlich sein. Ein zweifach höhenverstellbarer Dachhaken (wie z.B. in Bild 3) gehört zur gehobenen Ausstattung eines Montagesystems. Dies hat den Vorteil, dass zur genauen Justierung des Dachhakens im Ziegeldurchtritt in den meisten Fällen keine zusätzlichen „bauseitigen“ Unterlegbretter mehr erforderlich sind. Der Haken wird dann planmäßig auf einen gewissen Abstand zum darunter liegenden Ziegel justiert, sodass er bei einer hohen Schneebelastung einen Spielraum hat und sich ggf. verformen kann, ohne auf dem unteren Ziegel aufzuliegen. Bisherige Schadensfälle wie Dachundichtigkeiten durch Ziegelbruch waren häufig auf den fehlenden Abstand zwischen Dachhaken und Ziegel zurückzuführen. Im Idealfall ist das obere Ende des Dachhakens, wo die Modultragschiene befestigt wird, ebenfalls höhenverstellbar. So können unebene Dächer recht einfach ausgeglichen werden, was zudem ein optisch homogenes Modulfeld erzeugt.

Weitere Merkmale eines montagefreundlichen Systems machen sich auch in einem sparsamen Materialeinsatz bemerkbar: Reduktion der Kleinteile, wenn Unterlegscheibe, Federring und Mutter beispielsweise durch eine Sperrzahnmutter ersetzt werden. Der Kreuzschienenverband und die Anbindung an die Stockschraube (Bild 4a) sollten möglichst durch das Anziehen einer einzigen Schraubverbindung realisiert werden und nicht durch Zwischenschalten von zusätzlichen Verbindungsblechen (Bild 4b), was ein Anziehen von zwei oder sogar vier Schrauben erfordert. So kann durch die direkte Anbindung mit einer Schraube eine zentrische Lasteinleitung sichergestellt werden (vgl. Bild 4a). Exzentrische Biegebeanspruchungen dagegen sind sehr ungünstig und verringern die Tragfähigkeit der Stockschraube erheblich (vgl. Bild 4b). Ein optimierter Materialeinsatz bei ausreichender Tragfähigkeit trägt damit nicht nur zu Kostensenkungen, sondern auch zur Schonung der Ressourcen bei. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Komponenten zusätzlich aus langlebigen und stabilen Materialien wie hochfestem Edelstahl und Aluminium hergestellt werden.

Schiene mit doppelter Funktion

Überall, wo Module platziert werden, verlaufen Schienen im Hintergrund. So betrachtet, bieten Schienen eine ideale Möglichkeit, um die Kabel der Module sicher und geschützt über das Dach zu führen. Idealerweise wird die Modultragschiene daher gleichzeitig als Kabelkanal ausgebildet. Achten Sie darauf, dass ein Stecker (je nach Hersteller bis zu 24 mm Durchmesser) und mehrere Kabel gleichzeitig in den Kabelkanal passen. Ebenso sollten Sie unbedingt beachten, dass der Kabelkanal zahlreiche größere Löcher aufweist, damit das Wasser abläuft und nicht in den Steckkontakt eindringt.

Befestigung am Dachsparren

Bei den ersten Montageschritten einer Photovoltaikanlage gilt es zunächst, Dachhaken korrekt am Dachsparren zu befestigen. Kommt der Installateur dieser Anforderung nicht nach, trägt er ein hohes Haftungsrisiko für die nicht sachgemäße Befestigung des Dachhakens am Sparren. Doch genaue Hinweise zu Mindestrandabständen der Schrauben, zulässiger seitlicher Auskragung des Dachhakens über den Sparren, statischer Nachweis der Holzpressung, Schraubenzugkräfte werden nur von wenigen Systemanbietern gegeben. Gerade diese Angaben sind jedoch zwingend erforderlich um dem Installateur eine fachgerechte Montage zu ermöglichen. Anderenfalls bietet ein dicker hoch belastbarer Dachhaken keine Vorteile, wenn das schwächste Glied in der Kette des Montagsystems - nämlich die Befestigung am Sparren - nicht ausreichend tragfähig ist. Bei hohen Schneelasten empfiehlt sich deshalb zur zentrischen Lasteinleitung in den Sparren einen doppelten Dachhaken einzusetzen. Dies ist mit dem neuen Dachhaken „MHHversotec“ und einem großen Grundprofil problemlos möglich, indem Sie in das lange Grundprofil einfach einen zweiten Bügel eindrehen (vgl. Bild 5). Im Randbereich des Daches treten auch erhöhte Belastungen durch Windsog auf, sodass je nach Lage des Daches ggf. zusätzliche Dachhaken gesetzt werden müssen.

Lastkonzentrationen auf einzelne Sparren vermeiden Sie durch eine versetzte Anordnung der Dachhaken oder durch das Setzen eines Dachhakens auf jeden Sparren. So stellen Sie sicher, dass jeder Sparren dieselbe Belastung erhält. Die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre zeigten, dass überraschend große Belastungen durch Wind und Schnee auf die Montagesysteme einwirken können. Daher sollten Sie durch eine entsprechend statische Dimensionierung sicherstellen, dass keine Schäden an der Photovoltaikanlage und daraus resultierende Haftungsansprüche auftreten. Zusammenfassend bedeutet dies, dass künftig bei der Planung von Photovoltaikanlagen mehrere Rahmenbedingungen zu beachten sind, um eine höchstmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Im Idealfall erhalten Installateure hierzu auch Hilfestellung der Anbieter oder professioneller Photovoltaik-Systemhäuser.|

Dr.-Ing. Martin Schäfer

Autor

Dr.-Ing. Martin Schäfer ist Bauingenieur. Er ­arbeitete auf den Gebieten Stahl- und Verbundbau mit Forschungsschwerpunkt duktile Anschlüsse im Stahl- und Verbundbau. Seit 2005 ist er Produktmanager Montagesysteme bei der MHH Solartechnik GmbH in Tübingen und Entwickler des Montagesystems MHHnovotegra.

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