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Die Entwicklung am Fenstermarkt

Das sind ja „schöne“ Aussichten…

Dass die Nachfrage stark nachlässt, hatte für 2007 wohl kaum einer erwartet. Man hatte sich am Ende einer langen Talfahrt ­geglaubt. „2006 war die Nachfrage nach Fenstern erstmals seit mehr als zehn Jahren höher als im Jahr davor: + 9,6 Prozent gegenüber 2005 vermeldete der Verband der Fenster- und Fassadenhersteller (VFF); + 7,4 Prozent ergaben unsere eigenen Erhebungen“, so Andreas Kreutzer von KFP.

Doch die Freude währte nur kurz. Trotz eines milden Winters, der ein Durcharbeiten auf vielen Baustellen in Deutschland ermöglichte, sank die Nachfrage seit März des Jahres kontinuierlich. Bis Jahresende werden es kumuliert wohl zwischen 4,0 Prozent und 4,7 Prozent weniger sein als im Jahr davor.

Verantwortlich dafür ist im Wesentlichen ein starker Rückgang in der Renovierung. Das verwundert auf den ersten Blick, sollte man doch annehmen, dass steigende Energiekosten Anreiz genug sind, für energiesparende Baumaßnahmen. In der Tat war auch der Markt zumindest in den letzten fünf Jahren nicht unerheblich von derartigen Renovierungs-Projekten gestützt. Der Neubau lahmt ja bereits seit 2001, sowohl im Wohn- als auch im Nichtwohnbau.

Einbußen durch Vorzieheffekte

Die Vorzieh-Investitionen aus dem Jahr 2006 kosten 2007 rund 500000 Fenstereinheiten. Durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer im Januar 2007 kam es im Jahr 2006 zu erheblichen Vorzieh-Investitionen. Diese betrafen zum größten Teil die Renovierung und stammten hauptsächlich aus privaten Haushalten. Und genau diese Mengen fehlen nun in diesem Jahr.

Deutschland ist ein hoch entwickelter Wohnbau-Markt. Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten entfällt deutlich mehr als die Hälfte der Bauproduktion (etwa 56%) auf Renovierung, Zu- und Umbauten. Bei Fenstern liegt der Anteil sogar bei 61Prozent. Der Austausch von Fenstern ist aber anders als im Neubau nicht zeitfixiert. Nur in ganz seltenen Fällen ist ein Fenster so defekt, dass es just zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgetauscht werden muss. Vielmehr ist es ein externer Stimulus, der den genauen Zeitpunkt bestimmt. Unsere langjährigen Korrelationsrechnungen zeigen, dass es zwei große Treiber für den Austausch von Fenstern gibt: Ein positives Stimmungsklima in der Bevölkerung und steigende Energiepreise. Im Jahr 2006 kam alles zusammen.

Da spielte es keine Rolle, dass das Neubaugeschäft schwächelte: 2006 kamen für den Fenster-Markt nur noch rund 240000 Wohneinheiten neu auf den Markt, um 50000 weniger als noch zwei Jahre davor.

Entwicklung im Neubau

Die Entwicklung des Wohnungsneubaus ist besorgniserregend. Vom Jahr 2000 bis 2005 sanken die Baugenehmigungen jährlich um durchschnittlich sieben Prozent. In Folge der Gesetzesänderung bei der Eigenheimzulage gab es dann zwar im Jahr 2006 ein mattes Plus von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, doch heuer schlägt die Keule kräftig zu. In den ersten sechs Monaten 2007 lagen die Wohnbaubewilligungen kumuliert um 38 Prozent unter dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Im Januar und Februar betrug die Differenz sogar an die 50 Prozent und verflachte gegen Jahresende hin. Für das Gesamtjahr wird man aber trotzdem mit etwa 34 Prozent weniger Baugenehmigungen im Wohnbau rechnen müssen. Die Marktanalysen von Kreutzer Fischer & Partner gehen davon aus, dass 2007 nur rund 160000 Wohneinheiten neu bewilligt werden. Ein für Deutschland historischer Tiefstand, der sogar die 167000 Bewilligungen aus 1987 (altes Bundesgebiet) unterbietet. Die Auswirkungen wird der Fenstermarkt in den kommenden 18 Monaten spüren. Etwa eine Million Fenstereinheiten werden fehlen.

Eine Kompensation dieser Mengen durch eine verstärkte Bautätigkeit im Nichtwohnbau ist kaum möglich, wenngleich die Bauvolumen im Nichtwohnbau 2007 und 2008 weiter wachsen. Vielmehr kämpfen Fenster in diesem Marktsegment mit der durch die Architektur begünstigte Vorhangfassade. Allen energetischen Argumenten zum Trotz, wird auch in den nächsten Jahren der Anteil an Glas dominierten Gebäuden nicht sinken. Glasindustrie und Hersteller von Beschattungssystemen schmieden intensiv an einer großen Allianz, die möglicherweise früher oder später in einer Integration der so unterschiedlichen Branchen endet. Wo bleibt da das Fenster?

Welches Kundenproblem löst das Fenster?

Das Problem der deutschen Fensterindustrie ist ihre enorme Heterogenität, ihre lokale ­Ausrichtung. Dadurch lassen sich weniger Synergien heben als bei höherer Anbieterkonzen­tration. Für den international starken System­anbieter Schüco, ist das Fenster nur ein ­Nebenschauplatz. Das richtige Geschäft macht man mit Vorhangfassaden. Andere wiederum sehen ihren Fokus nach wie vor im Profil, anstatt über die Integration von Sonnenschutz oder Lüftung nachzudenken. Kaum eine Marke hat wirklich bundesweite Bedeutung. In vielen Fällen ist das Logo eines Systemanbieters gleichbedeutend mit dem Namen des Verarbeiters. In der Ausstellung oder direkt beim Kunden wird das Verkaufsgespräch in der Regel sehr rasch zum Preis geführt. Oft zum Tiefpreis. Man verhält sich selbst in ganz normalen Verkaufsgesprächen mit privaten Bauherren wie im Ausschreibungsgeschäft, dessen Wesen ja das Billigstbieterprinzip ist. Anstatt die Möglichkeiten eines persönlichen Verkaufsgespräches zu nutzen und Mehrwert zu verkaufen, reduziert man sich allzu oft darauf, die offenkundigen Kundenwünsche einfach zum günstigsten Preis zu erfüllen. Dabei bieten Fenster eine Fülle von Upgrading-­Möglichkeiten.

Ein kurzer Blick auf das Kundenproblem, welches vom Fenster gelöst wird genügt: Das Fenster schließt eine systemimmanente Schwachstelle in der Gebäudehülle: Das Loch in der Wand, das wir „schlagen“ um Luft und Licht in das Gebäude zu lassen. Ein Fenster ist nicht nur Gestaltungselement eines Gebäudes, sondern es schützt auch vor den Folgen der Lücke in der Wand: Vor Einbruch oder Lärm, vor Wärmeverlust oder zu viel Sonneneinstrahlung. Der Rahmen alleine kann das Problem nicht lösen. Seine „Assistenten“ sind Verbundglas, Beschlag und Beschattungssystem. Je nach Kundenbedürfnis kann aus dem breiten Sortiment der „Assistenten“ gewählt werden. Nutzen wir diese Möglichkeiten ausreichend? In wie vielen Fällen variieren wir die Ausführung des Glases? Wird nicht in der Regel ein Standardbeschlag angeboten anstatt mit einem Einbruch hemmenden System Mehrwert zu verkaufen? Und wie oft steht ein Rollladen oder Raffstore im Angebot?

Ausblick

Wenn die Nachfrage sinkt, muss der durchschnittliche Umsatz pro Auftrag steigen, um das Niveau zu halten. Das unausgeschöpfte Potenzial ist enorm. In schrumpfenden Märkten schlägt die Stunde der Verkäufer. Da können sie zeigen, was sie wirklich können. Wir alle sind schon sehr gespannt.|

Autor

Andreas Kreutzer ist seit 1992 Geschäftsführender Gesellschafter der ­Kreutzer ­Fischer & Partner Consulting GmbH, Wien, und Autor zahlreicher Wirtschafts­artikel in nationalen und internationalen Magazinen sowie der Grundlagenstudie „Bauen und Wohnen in Österreich“.

Tel. (+ 43 ) 14 70 65 10-12

https://www.kfp.at/

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