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G. Baumgartner AG, Schweiz: Neue Fertigungstechnik für verklebte Fenster

Geklebt ist besser

GLASWELT: „Herr Baumgartner, Sie haben ein neues Fenstersystem entwickelt, bei dem die Verglasung mit dem Flügelrahmen verklebt ist. Warum?“

Baumgartner:

„Unsere Idee war, durch den Einsatz der Verklebetechnologie ein Fenster zu realisieren, dass sich durch eine noch höherer Qualität auszeichnet, aber gleichzeitig wirtschaftlich herzustellen ist. Holz und Holz-Alu haben wir gewählt, um unsere Firmenphilosophie auf bekanntem Niveau fortzusetzen. In Kooperation mit der Berner Fachhochschule, Biel, und dem Ingenieurbüro Kicon kamen wir beim Thema „wirtschaftliche Produktion“ auf die mannlose, hoch automatisierte Fertigung. Wir entwickelten also nicht nur ein Fenstersystem, sondern dazu die notwendigen Produktionslinien, für die wir jetzt ein neues und besonderes Gebäude realisiert haben. Für die nachhaltige und hochkarätige Architektur dieses Baus haben wir u.a. den Deutschen Landschaftsarchitekturpreis 2007 erhalten.“

GLASWELT: „Ein Fenstersystem, für das extra ein neues Werk gebaut wurde. Hier scheint es, dass es um mehr geht, als nur ein neues Produkt?“

Baumgartner:

„Das neue Fenstersystem Saphir Integral hat einige augenfällige Neuerungen: Es weist im eingebauten Zustand je nach Situation ca. 10mm vom Mauerlicht zum Flügelrahmenlicht auf, beim konventionellen Holz-Alu-Fenster beträgt der Abstand ca. 45mm. Das geklebte Fenster besitzt einen deutlich schmaleren sichtbaren Flügelrahmenanteil. Durch den verringerten Rahmenanteil, verbessert sich der Fenster-U-Wert, da der Glasanteil zunimmt, und das Glas einen besseren U-Wert als der Rahmen bringt. Aber es gibt noch weitere Optimierungen: durch das Verkleben der Scheibe erhalten wir eine verbesserte Statik und damit einen erhöhten Einbruchschutz sowie einen erhöhten Schallschutz.“

GLASWELT: „Haben Sie eine bestehende Konstruktion erweitert oder mussten Sie die Geometrie völlig verändern?“

Baumgartner:

„Die Geometrie wurde neu erstellt, damit entstand eine ganz neue Fenstertechnologie, die völlig andere Fertigungsmethoden erfordert.“

Aegerter:

„Für die Baumgartner AG war es sehr wichtig, einen hohen Automatisierungsgrad zu erzielen und das erreicht man nur durch eine gewisse Standardisierung. Deshalb wurde der Flügel als Baukastenprinzip aufgebaut, die Flügeldetails sehen immer gleich aus; und der Blendrahmen wird nach Bedarf mit oder ohne Alu gefertigt.“

Baumgartner:

„Die Falzausbildung ist im Wesentlichen mitverantwortlich dafür, dass wir die guten wärmetechnischen Werte erreichen können. Und die schlanken Flügel mit ihrer hohen Statik erreichen wir nur mit der Klebetechnik. Früher lag unser Maximal-Maß bei 2,40 m. Jetzt können wir stabile Flügel mit einer Höhe von bis zu 3 m herstellen, wie wir sie mit 5200m² beim Objekt „Spital Baar“ (siehe GLASWELT 1/2008, Seite 32+33) ausgeführt haben.“

Aegerter:

„Die Dichtungen und Aluminiumprofile sind so konzipiert, dass man sie automatisch einbauen kann, wobei sie gleichzeitig bauphysikalisch optimal ausgeführt sind. Von den Dichtungen über das Holzprofil bis hin zum Klebstoff wurden alle Komponenten für das Sahir Integral komplett neu designt; bis auf das Glas und den Beschlag gibt es bei diesem Fenster keine Standardteile.“

GLASWELT: „Welche Applikationstechnik setzen Sie in der Produktion des neuen Systems ein?“

Aegerter:

„Wir haben den 2-K-Kleber Sikafast auf Acrylatbasis gewählt, wegen seiner UV-Beständigkeit. Aufgrund der geforderten Automatisierung war ein Klebstoff notwendig, der innerhalb weniger Minuten aushärtet, der verwendete Sikafast-Kleber braucht zum aushärten 6 Minuten. Bei Baumgartner wird liegend verklebt, dazu sind sechs Verklebetische installiert, mit einem Output von einem Fenster pro Minute. Dieser hohe Takt war für uns eine Herausforderung, da wir bis dato nur über einen Kleber verfügten, der innerhalb von 15 Minuten aushärtet. Speziell für dieses Projekt mussten wir eine schnellere Version entwickeln.“

Baumgartner:

„Man muss sich vor Augen halten, dass wir zudem die gesamte Produktionsanlage neu konzipiert haben, hier steht keine Maschine von der Stange. Meiner Meinung nach war das eine starke Ingenieurleistung von allen Beteiligten. An dieser Stelle möchte ich der Lüchinger, Gasser & Partner AG, Altstetten, für die Produktionsplanung danken und der Lemuth GmbH, Meiningen, für die Realisierung.“

GLASWELT: „Wie setzen Sie die Qualitätssicherung während der Produktion um?“

Baumgartner:

„Auch hier haben wir eine Welt-Premiere: die Verklebung der Fenster wird mit Ultraschall kontaktlos kontrolliert. Jedes Fenster erhält ein Siegel, als Zeichen dafür, dass es kontrolliert wurde. Auch diese Kontrolle erfolgt innerhalb der Fertigungslinie automatisch.“

GLASWELT: „Bieten Sie jetzt nur noch verklebte Fenster an?“

Baumgartner:

„Wir haben immer noch einen Anteil herkömmlich gefertigter Fenster, je nach Kundenwunsch. Ich stelle aber fest, dass heute die Architekten nach immer schmaleren Rahmen fragen. Ich gehe davon aus, dass wir mit unserem neuen, verklebten Fenster etwa 90% der Architekten erreichen, für die restlichen 10% bieten wir unsere konventionellen Fenster an. Noch sind wir in der Aufbauphase, aber schon heute verkleben wir mehrheitlich.“GLASWELT: „Welche Erfahrungen haben Sie in Bezug auf die Montage, Reklamationen und Servicearbeiten?“

Baumgartner:

„Die Montagezeit von geklebten Fenstern auf der Baustelle ist viel kürzer, denn alle Richtarbeiten entfallen, ebenso das Nachklotzen. Der Flügel ist zudem immer rechtwinklig. Beim konventionellen Fenster wird manuell verglast, vor allem bei schweren Flügeln ergibt das Justagearbeiten. Mit unseren neuen Fenstern haben wir viel weniger Aufwand, da es kaum noch Nacharbeiten auf der Baustelle gibt. Durch die Klebetechnik sparen wir Aufwand und Zeit. Dazu kommt, dass wir in der Produktion durch die schlankeren Rahmen weniger Material benötigen und durch die Standardisierung und die rationelle Herstellung auch weniger Zeit. Das rechnet sich.“

GLASWELT: „Wie kommunizieren Sie Ihr neues Fenster?“

Baumgartner:

„Wir stellen seine Vorteile heraus, d.h. bis zu 20% bessere wärmetechnische Werte und die verbesserte Statik mit den größeren Fensterflügeln. Darüber hinaus können wir jetzt dickere Gläser verwenden, die wir früher nicht einsetzten konnten.“

GLASWELT: „Wie beurteilen sie den Markt in Bezug auf das geklebte Fenster. Und können Sie schon sagen, wie viele Fenster Sie 2008 produzieren werden?“

Baumgartner:

„Indem wir rationeller denn je fertigen, sind wir meines Erachtens für die Zukunft gut gerüstet. Heute fertigen wir in der Schweiz ausschließlich für Großprojekte, wir sind aber auch schon für den europäischen Markt ausgelegt. Unser aktuelles Ziel ist es, in diesem Jahr über 50000 Flügel zu produzieren.“|

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