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GLASWELT-Interview mit Ralf J. Müller und Dr. Randolf Karrer von der H. B. Fuller Window GmbH

“Die Karten werden neu gemischt“

GLASWELT: „Herr Müller, Sie sagen, die Übergabe von Henkel Teroson an H. B. Fuller vollzog sich für den Kunden fast geräuschlos. Der Eintritt der neugegründeten H. B. Fuller Window GmbH in den Wettbewerb war aber nicht ganz so verhalten. Woran lag das?“

Müller:

„Die Gründung der H. B. Fuller Window GmbH war nicht nur für uns eine Herausforderung, sondern auch für alle anderen Marktteilnehmer. Denn plötzlich kam Bewegung ins Spiel, die in Deutschland die eingefahrene Marktstrukturen in Frage stellte. Dazu kam, dass mit Fuller ein hierzulande bisher wenig bekannter Global Player auftrat, den viele nicht so recht einschätzen konnten.“

Karrer:

„Das hat sich allerdings mittlerweile gelegt. 2006 war sicherlich für alle Beteiligten ein nervenaufreibendes Jahr, aber schon 2007 stand - bei allen Schwierigkeiten - ganz im Zeichen unserer erfolgreichen Konsolidierung. Die signifikante Preissteigerung bei den Rohstoffen hat zwar die Sache nicht erleichtert, andererseits hat uns die Erholung der Konjunktur sicherlich etwas Rückenwind gegeben. Auf dieser Basis jedenfalls wollen und können wir schon 2008 auf Wachstumskurs gehen.“

GLASWELT: „Vielleicht noch einmal zu den Anfängen: Wieviel Teroson steckt denn noch im Unternehmen, und wie viel ist Fuller?“

Müller:

„Wir haben das Isolierglasgeschäft von Henkel Teroson komplett übernommen und führen es als quasi mittelständischer Spezialist weiter. Und wir haben die früheren TerostatProdukte im Sortiment, nach wie vor mit Polysulfid als Hauptprodukt. Aber darüber hinaus wird die Produktpalette jetzt ergänzt um zusätzliche Fuller-Spezialitäten wie Butyl- und Reaktiv-Hotmelts als Sekundärklebstoffe oder für das geklebte Fenster.

Wir haben die Fertigung am Standort Heidelberg übernommen und führen sie noch mindestens die nächsten drei bis fünf Jahre dort weiter. Das zeigt, dass hier und in anderen Bereichen die Kooperation mit Henkel reibungslos funktioniert. Im Übrigen wurde auch der Großteil der Henkel-Mannschaft übernommen, inklusive der F&E-Abteilung mit ihrem heutigen Leiter Stefan Grimm, sowie weitere bekannte Namen aus dem Dichtstoffmarkt für Isolierglas.“

Ralf Müller: „Wir bekennen uns uneingeschränkt zum Isolierglas, hier sehen wir gute Chancen.“

GLASWELT: „Bei einer Firmenübernahme, gibt es immer Veränderungen, die zu Unsicherheiten führen können. Wie haben die früheren Henkel-Kunden reagiert?“

Karrer:

„Das Feedback war durchweg positiv – mit dieser Marktakzeptanz kann Fuller sehr zufrieden sein. Es gab, anders als der Wettbewerb möglicherweise vermutet hat, keine Erosion. Wir haben unsere Position stabil gehalten. Erfreulicherweise haben wir nicht nur die bisherigen Kunden behalten, sondern auch neue dazugewonnen, die auf unsere Marke und unsere Entwicklungskraft vertrauen. Und was sich für die Kunden geändert hat? Zunächst einmal nichts. Sie bekommen die gleichen Produkte in gleicher Qualität – die Prozessschritte sind dieselben und die Rezepturen wurden nicht geändert. Und mit der gewohnten logistischen Dienstleistung gab es keine Lieferengpässe, die Ansprechpartner sind weitgehend die gleichen geblieben, vom Warenausgang bis zur Vertriebsspitze, zum Beispiel Klaus Wrensch, Verkaufsleiter Mitteleuropa. Es vollzog sich, wie gesagt, praktisch geräusch- und nahtlos.“

GLASWELT: „Aber wir sprechen doch bestimmt nicht nur über einen Eigentümerwechsel, von einem Konzern zum anderen? Was hat sich denn nun geändert?“

Müller:

„Ja, es war selbstverständlich mehr als nur ein Eigentümerwechsel, wir haben einen grundlegenden Politikwechsel vorgenommen. Wer Henkel Teroson über viele Jahre begleitet hat, kennt die ständigen Strukturveränderungen, denen diese Marke unterworfen war. So gesehen bringt der Wechsel zu Fuller Kontinuität ins Spiel. Wir sind heute ein auf Isolierglas fokussiertes Unternehmen, das sich als verlässlicher Zukunftspartner für die Isolierglashersteller versteht: Mit klarer Ausrichtung auf den europäischen Markt, mit allen Vorteilen des Mittelstands – Flexibilität, kurze Entscheidungswege und flache Hierarchien, Nähe zum Markt – aber auch den Vorteilen eines starken Konzerns im Hintergrund. Der Fuller-Konzern mit rund 4000 Beschäftigten und 1,5 Mrd. US-Dollar Jahresumsatz ist groß genug, um Weltmarktführer in seinem Segment zu sein, aber noch klein genug, um im globalen Maßstab in bestimmten Marktsegmenten wie dem Isolierglasbereich selbst als Mittelständler zu gelten.“

GLASWELT: „Wie unterscheidet sich der europäische Glasmarkt vom amerikanischen? Und wo sehen Sie speziell Handlungsbedarf für den deutschen Glasmarkt?“

Karrer:

„Beide Märkte sind im Grunde kaum vergleichbar. Der US-Markt ist wesentlich stärker differenziert und definiert sich sehr viel weniger über den Preis. Womit wir schon bei der Krux des hiesigen Marktes sind, bei dem die preisliche Schmerzgrenze nach unten längst überschritten ist. Darf´s noch ein paar Cent billiger sein? Wir brauchen keinen Wettbewerb um den schlechtesten Preis, sondern um die besten Ideen. Wir wollen nicht mit weniger Preis überzeugen, sondern mit Mehrwert. Dabei werden wir sicherlich keine amerikanischen Rezepte abkupfern können, sondern müssen europäische Lösungen suchen. Aber da mache ich mir keine Sorgen, wir können bei Fuller zum Glück technologisch aus dem Vollen schöpfen.“

Dr. Randolf Karrer: „Unser Markt muss sich verändern, damit die Branche wieder auf die Beine kommt.“

GLASWELT: „Was haben Sie sich mit Ihrem neuen Unternehmen vorgenommen, welche Ziele peilen Sie an?“

Müller:

„Wir wollen unsere Kunden stärker in den Fokus stellen. Unsere schlanke Struktur macht den Kopf frei für die Wahrnehmung des Kunden und seiner Interessen. Wir wollen nicht verkaufen, was wir entwickelt haben, sondern entwickeln, was der Kunde braucht und was er haben will. Und wir wollen beratungs- und serviceorientierter werden. Nach innen gesehen: stärker in Prozessen denken. Ich sehe immer noch ein enormes Potenzial in der Versorgungskette. Auch hier kommt uns die schlanke Struktur zugute. Fuller ist im Segment Isolierglas eines der führenden Unternehmen, und das weltweit.“

Karrer:

„Dieses Ziel verfolgen wir natürlich auch in technologischer Hinsicht. F&E hat bei Fuller Deutschland ebenso wie bei Fuller weltweit einen hohen Stellenwert. Wir sind überzeugt, dass sich die Synergieeffekte aus dieser globalen Kooperation auf die Qualitätsentwicklung unserer Produkte und die Entwicklung neuer Produkte auswirken wird. Auf alle Fälle werden wir künftig unser Produktportfolio deutlich erweitern. Auf der Agenda steht beispielsweise die Weiterentwicklung reaktiver Hotmelts oder die Entwicklung einer, im Blick auf Reach, quecksilberfreien Variante einer Sekundärabdichtung auf PU-Basis.

GLASWELT: „Wie sieht gegenwärtig Ihr weiterer Unternehmens-Fahrplan aus?“

Karrer:

„Wir haben bereits das ‚Rebranding’ abgeschlossen, d.h. den Namen Fuller einheitlich etabliert. Das schließt das gesamte neue Produktsortiment ebenso ein, wie das Informationsmaterial vom Produktmerkblatt bis zur Marktkommunikation. Weiter haben wir alle Prüfzeugnisse gemäß EN-1279 des IFT Rosenheim bzw. der MPA Darmstadt sowie anderer zertifizierter Prüfinstitute europaweit umschreiben lassen.

Derzeit

arbeiten wir an der Bündelung unserer Strukturen in Lüneburg und in der Rhein-Neckar-Region. In Lüneburg ist die Administration konzentriert. In Verbindung mit unserem Partner Döderlein haben wir im Logistikzentrum Hirschberg unser Zentrallager eingerichtet. Und in Heidelberg bündeln wir unsere technischen Strukturen: Neben der Produktion entsteht hier gerade unser neues Technologiezentrum. Dort werden auf mehr als 1000 m² Forschung und Entwicklung, Labor und Technik, Vertrieb und Anwendungstechnik sowie das Schulungszentrum konzentriert.

Müller:

„In Heidelberg sitzt künftig nicht nur das frühere Teroson-Team, sondern eine deutlich größere Mannschaft als bisher. Denn um unsere Zukunftsaufgaben erledigen zu können, stellen wir uns auch personell breiter auf. Diese Investition ist ein deutlicher Beweis dafür, dass wir auf Wachstum eingestellt sind. Unser Credo heißt aufbauen, denn wir wollen etwas bewegen.“|

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