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Sonnenschutz-Studie: europäisch betrachtet, national kommentiert

Wird Sonnenschutzglas ein Muss?

Verordnungen, die sich nie so richtig durchgesetzt haben, gibt es auch hier in Deutschland, selbst wenn wir eigentlich dafür bekannt sind, Regeln, Normen und Gebote zu achten. Eine dieser Verordnungen ist beispielsweise die DIN 4108-2, die sich – obwohl uneingeschränkt gültig – in der täglichen Baupraxis scheinbar kaum einen Platz erobert hat. Denn wie ist es sonst zu erklären, dass sich landesweit Wohnungen und Büros auf weit mehr als 26°C bei anhaltendem Sonnenschein erwärmen können und es dem Nutzer dann fast unmöglich machen, dauerhaft dort zu arbeiten oder zu leben? Und leider gibt es dieses Phänomen hierzulande – wie Betroffene berichten – je nach Wetterlage bereits schon ab dem Monat Februar.

Spricht man nur von Energieeinsparung, wenn es darum geht, Gebäude für den winterlichen Wärmeschutz an Fenster und Fassade besser zu dämmen, fehlt ein entscheidender Teil: nämlich die Betrachtung des sommerlichen Wärmeschutzes. Diesem Aspekt haben sich die Verfasser der neuen TNO-Studie (siehe Infokasten) zum „Einfluss der Verwendung von Sonnenschutzgläsern auf den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen in Europa“ gewidmet:

Wir Menschen fahren morgens in einem klimatisierten Auto, arbeiten ggf. im klimatisierten Büro, gehen im klimatisierten Supermarkt einkaufen und vielleicht noch im klimatisierten Restaurant essen. Ist es dann nicht nachvollziehbar, wenn immer mehr Menschen sich auch für ihre privaten vier Wände eine Verbesserung des Raumklimas wünschen bzw. realisieren, sprich eine Klimaanlage anschaffen?

Sowohl durch die vorhandenen als auch durch die jährlich hinzukommenden Klimaanlagen würde sich – so die Studie – der CO2-Ausstoß, aufgrund des Energieverbrauchs der Anlagen, um ein Vielfaches erhöhen.

Die Konsequenz: Der Klimaschutz geriete ins Hintertreffen. Ein möglicher Lösungsweg, dies zu verhindern, ist der umfangreichere Einsatz von Sonnenschutzglas. Das könnte den CO2-Ausstoß um jährlich 15 bis 80 Millionen Tonnen reduzieren, was einem Ausstoß von 2 bis 10 Steinkohle-Kraftwerken im Jahr entspricht. Mit anderen Worten: Diese CO2-Reduzierung entspräche einem Anteil von 5 bis 25 Prozent der EU-Einsparziele von geplanten 300 Mio. Tonnen/jährlich bei Einsatz in bestehende und in neue Gebäude.

Mittels der EN ISO 13790:2007 wurden für die Studie die Heiz- und Kühllasten für einzelne Regionen und Länder und vier verschiedene Szenarien ermittelt und damit auch das Energieeinsparpotenzial sowie die CO2-Reduzierung pro Land. Dabei wurde schnell eines sehr deutlich: Die Einsparungen durch verringerte Kühlung liegen bei Weitem über dem, was durch Einsparung von Heizkosten zu erreichen ist. Auf den Punkt gebracht heißt das: Um Energie/CO2-Emissionen zu reduzieren, bringt der sommerliche Wärmeschutz mehr als der winterliche.

Die Umsetzung der Richtlinie

Über die Richtlinie zur Gesamteffizienz von Gebäuden sind die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, ihre Gebäuderichtlinien alle fünf Jahre zu verbessern. Die Förderung der Nutzung von Sonnenschutzglas - so die Verfasser der Studie - sollte dabei höchste Priorität haben.

Neben den globalen und nationalen Zielen hat der Einsatz von Sonnenschutzglas einen weiteren entscheidenden Vorteil: Die Innenraumtemperatur wird um 2°C bis 5°C gegenüber der Verwendung von Wärmedämmglas gesenkt. Das führt in Büro- und Gewerbegebäuden nachweislich zu erhöhter Effektivität am Arbeitsplatz. Für den Wohnbau kann die Temperaturabsenkung wichtige Konsequenzen haben. Betrachtet man den Supersommer von 2003: Nicht die hohen Außentemperaturen machten den Menschen zu schaffen, sondern vor allem sehr hohe Temperaturen in den Innenräumen. Insbesondere der Organismus älterer Menschen verkraftet solche Extreme häufig sehr schlecht, sodass man im Juli 2003 von 3000 bis 4000 Todesopfern angesichts der Hitzewelle ausging.

Damit sollte sich nicht mehr die Frage stellen, ob ein Sonnenschutzglas verwendet werden sollte, sondern welches! Dabei müssen – wie schon mehrfach in der GLASWELT beschrieben (z.B. Heft 11/2007, Seite 15ff.), viele Komponenten zusammenwirken, wie Bauart, Lüftung, innere Lasten, Verschattung und Ausrichtung und Lage des Bauwerkes, um nur einige zu nennen.

Solare Gewinne: ja oder nein?

Häufig steht Sonnenschutzglas in der Kritik, es lasse insbesondere im privaten Wohnbau zu wenig solare Gewinne in den Raum und damit würden sich die Heizkosten im Winter erhöhen. Richtig ist: Sonnenschutzglas verringert den solaren Energieeintrag in den Wintermonaten. Aber: Sobald der Nutzer aufgrund zu hoher Innenraumtemperaturen darüber nachdenkt, ein Klimagerät anzuschaffen, ändert sich schlagartig die Energiebilanz. Während beim Einsatz eines leichten Sonnenschutzglases (wie SGG COOL LITE SKN 174) bei einem Raum von ca. 30 m2 mit aktuell ca. 12 Euro mehr Heizkosten zu rechnen ist, muss für den gleichen Raum ein Aufwand von ca. 78 Euro für die Kühlung einkalkuliert werden.

Vorteile für Glaser und Fensterbauer

Die Ergebnisse der TNO-Studie lassen sich in Beziehung setzen zur forsa-Endverbraucher-Studie im Auftrag von Roto: „Fenster im Votum der Deutschen“ (siehe GLASWELT Heft 5/2008, Seite 30ff, oder http://www.glaswelt.de, Webcode 641 in das Suchfeld eingeben): Wenn bereits heute 10 Prozent der Deutschen und damit über 6 Mio. Bundesbürger ab 18 Jahren wohnraumspezifische Fensterangebote als „sehr bzw. eher wichtig“ einstufen – und nicht etwa den Preis – dann eröffnet diese Haltung den Marktpartnern durchaus die Möglichkeit, mit entsprechenden Gläsern mehr Umsatz pro Fenster zu erzielen.

Vorteile von Sonnenschutzglas für das Verkaufsgespräch nutzen

Für den Einbau von Sonnenschutzglas gibt es viele positive Argumente, die von dem Verarbeiter oder dem Verkäufer im Beratungsgespräch zitiert werden können: zum Vorteil für die Nutzer sprich Bewohner, denn für sie verbessert sich der Raumkomfort erheblich. Zum Vorteil für die Umwelt, denn der CO2-Ausstoß sinkt.

Und zum Vorteil für die Fensterbauer und die Glaser ist, dass sie mit den Zusatzfunktionen des Glases – wie eben Sonnenschutz – auch noch mehr Umsatz machen können.—

Die Autorin:

Evamaria Nickel, betreut bei Saint-Gobain Glass Deutschland das Marketing Nichtwohnbau.

evamaria.nickel@saint-gobain.com

TNO-Studie: Einsparpotenziale für Deutschland

Die Vereinigung Glass for Europe hatte das Prüfinstitut TNO mit der Durchführung einer Studie beauftragt, die den möglichen Einfluss der Verwendung von Sonnenschutzgläsern auf den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen in Europa untersuchen sollte. Die Mitglieder der Vereinigung sind die am Markt als Wettbewerber auftretenden Flachglasproduzenten AGC, Guardian, Pilkington und Saint-Gobain Glass. Die Studie entwirft vier unterschiedliche Szenarien für Europa in Bezug auf den Anteil der Klimatisierung und die Verwendung von Sonnenschutzglas, die als die wahrscheinlichsten gesehen werden. Die Gebäude wurden nach Gebäudetyp, Gebäudealter und Klimaregion kategorisiert.

In Deutschland und Österreich verzeichnet man jetzt schon eine Klimatisierungsrate von 7 Prozent im Wohnungsbau und 39 Prozent im Gewerbebau – und der Anteil der Klimaanlagen wird definitiv steigen.

Folgende Einsparungen wurden für Deutschland berechnet (Szenario 2 ist für Deutschland weniger wichtig und daher nicht aufgeführt):

Szenario 1: In allen neuen klimatisierten Gebäuden werden Sonnenschutzgläser verwendet und es wird angenommen, dass der Anteil der klimatisierten Neubauten 2020 ungefähr doppelt so hoch sein wird wie 2007. CO2 Reduzierung: 281.000 t/Jahr.

Szenario 3: Alle neuen und vorhandenen klimatisierten Gebäude werden mit Sonnenschutzglas ausgestattet. Neben den Vorteilen von Sonnenschutzglas als solchem wurden auch die positiven Effekte der Nachrüstung von gut dämmendem Isolierglas in alten Gebäuden berücksichtigt: CO2 Reduzierung: 1,244 Mio t/Jahr

Szenario 4 unterstellt neben den Randbedingungen aus Szenario 3, dass die Nutzung von Klimaanlagen etwa dem heutigen Nutzungsgrad in den USA entspräche, wobei somit extreme Einspareffekte zu erzielen wären: CO2 Reduzierung: 10,575 Mio. t/Jahr.

Die Verfasser gehen davon aus, dass sich das CO2-Einsparpotenzial zwischen dem in Szenario 3 und 4 dargestellten Anteilen bewegen wird.

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