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Hinweise zu Verarbeitung und Qualitätssicherung (Teil 2)

Geklebte Fenster — darauf muss man achten

Im ersten Artikelteil (GLASWELT 7/2008, Seite 42) ging es inhaltlich um die Klebung. Die Autorin wies auf die ­Qualitäts- entscheidenden Faktoren beim Glaskleben hin. Der zweite Artikelteil behandelt die Themen Isolierglas, Dichtstoffe, Qualitätssicherung, Fer­tigung sowie die baurechtlichen Nachweise von geklebten Fenstern.

Isolierglas und Dichtstoffe

Je nach konstruktiver Ausbildung des Fensterflügels kommt im Randverbund des Mehrscheiben-Isolierglases eine tragende Klebung zum Einsatz oder die Randverbundklebung hat nur abdichtende Aufgaben. Wird eine tragende Klebung im Randverbund angesetzt, so gelten für die Auswahl der Klebstoffe und die Dimensionierung der Höhe des Randverbundes die Vorgaben der EN 13022-1, in der die Vorgaben für die Bestimmung der Höhe h der äußeren Klebefuge gegeben werden. Bereits bei Bestellung muss der Isolierglaslieferant wissen, wie sein Produkt im Anschluss weiterverarbeitet wird. Im dargestellten Beispiel muss die Randverbundklebung dauerhaft das Eigengewicht der äußeren Glasscheibe aufnehmen. Die Funktion des Isolierglases (Dichtigkeit gegen Gasverlust und Wassereintritt) darf nicht unter der Dauerlast leiden. Das bedeutet, dass der äußere Dichtstoff des Isolierglases geeignet sein muss, erhöhte Dauerlasten aus Eigengewicht, Temperaturlasten, erhöhte UV-Strahlung und Umwelteinflüsse schadenfrei aufzunehmen. Das Kriechverhalten des Klebstoffs bei erhöhten Temperaturen muss nachgewiesen sein. Besondere Beachtung muss auch der Verträglichkeit des Randverbundes und der Klebung mit angrenzenden Stoffen geschenkt werden, wie dem Abdichtungsmaterial auf der Raumseite, Abdeckprofilen, Glasauflagern, Wetterversiegelungen, Reinigungsmittel oder Ähnlichem. ­Diese Produkte müssen mit den tragenden Klebstoffen verträglich sein. Ein Lieferanten- und/oder Materialwechsel verursacht deshalb in der Regel zusätzlichen Aufwand und Risiko.

Qualitätssicherung

Um eine dauerhafte Gebrauchstauglichkeit zu erzielen, ist es erforderlich die Fensterkonstruktionen und die einzelnen Funktionsträger ganzheitlich zu betrachten. Das Isolierglas ist eine wichtige Komponente, die bei geklebten Verglasungssystemen unter Umständen zusätzlich belastet wird. Das ift hat deshalb gemeinsam mit der Holzforschung Austria und der Fachhochschule Bern Architektur, Holz und Bau eine Richtlinie erstellt (im ift unter Richtlinie VE 08/1 „Beurteilungsgrundlage für geklebte Verglasungssysteme“ benannt), in der Verfahren für den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit, für die Verklebungsqualität und die Funktion des Fenstersystems beschrieben werden.

Der Begriff „System“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass nur ein abgestimmtes und geprüftes System verwendet werden darf. Der Systembeschreibung kommt deshalb eine wichtige Funktion zu und sollte folgende Vorgaben und Informationen enthalten:

  • Systemzeichnung mit Angabe der Profile, Verstärkungen, Dichtungen, Verglasungen, Klotzungen und Beschlägen
  • Verbindungen und Öffnungsarten,
  • Hinweise zur Fertigung, Transport und Lagerung,
  • Einbauanleitung und Montagebeschreibungen,
  • Anleitung zur Pflege, Wartung und Reparaturhinweise,
  • Definition und Dokumentation der Systemänderungen.

Auch ein Fensterflügel mit geklebter Verglasung ist Teil eines Fensters, das nach der europäischen Produktnorm DIN EN 14351-1 CE-gekennzeichnet werden muss. Da Fenster der Nachweisstufe 3 unterliegen, muss eine werkseigene Produktionskontrolle (WPK) durchgeführt werden. Die Verglasungstechnik weicht hier von den gültigen technischen Richtlinien ab. Die Klebung ist ein ­eigenständiger Fertigungsgang und sollte deshalb auch als eigenständiger Teil der WPK verstanden werden. Weitere Informationen zu Konstruktion, Produktion und der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) finden sich bei

  • Klebstoff-Herstellern und Systemgebern,
  • EN 13022-2 – „Glas im Bauwesen - Geklebte lastabtragende Glaskonstruktionen - Teil 2 – Glas“,
  • Richtlinie VE 08/1 „Beurteilungsgrundlage für geklebte Verglasungssysteme“ (erarbeitet von ift, Holzforschung Austria und Fachhochschule Bern Architektur, Holz und Bau),
  • Kompass Glasklebung des Bundesverbandes Flachglas BF (der Kompass liegt im Downloadbereich der GLASWELT bereit: <a href="http://www.glaswelt.de" target="_blank">http://www.glaswelt.de</a> &gt; Service&gt; Downloads)),
  • Gütebestimmungen der RAL-Gütegemeinschaft Fenster, Fassaden, Haustüren und Wintergärten (Frankfurt) und der RAL-Gütegemeinschaft Kunststoff-Fenstersysteme (Bonn)

Fertigung und Verarbeitung

In Bezug auf die Fertigung müssen die Klebstoffe auf den gewünschten Produktionsablauf abgestimmt werden. Die typische handwerkliche Auftragsmethode mit Kartusche und Auspresspistole hat sich im Versuch nicht bewährt. Die Einflüsse auf die Verarbeitungsqualität bezüglich Gleichmäßigkeit der Auftragsmenge und der Auftragsform entsprechen nicht den optischen und technischen Ansprüchen an die Klebung. ­Eine händisch betriebene Führung einer automatischen Dosiervorrichtung ist denkbar, erfordert jedoch sehr gut eingearbeitetes Personal. Dies verursacht in der Regel zusätzliche Investitionen in Applikationsanlagen für die jeweiligen Klebstoffsysteme sowie die Vorbehandlung der Substrate (Rahmenmaterialien).

Der Verglasungsvorgang lässt sich bei geklebten Systemen in vollautomatische Fertigungssysteme einfügen. Von der Längenoptimierung beim Einsatz verleimter Kanteln, über die Profilbearbeitung, Rahmenherstellung, Oberflächenbehandlung und Bestückung mit Beschlägen bis zum Verglasungsprozess durch Klebung bietet die Maschinenindustrie heute Lösungen an. Neben der aufwändigsten Lösung einer vollautomatischen Linie sind auch Teillösungen möglich (die GLASWELT hat hier mehrfach in den letzten Ausgaben berichtet).

Voraussetzung für alle Klebeverfahren ist eine weitgehend staubfreie Umgebung für die Klebestation, die frei ist von störenden Einflüssen sowie ein separater Raum für Lagerung von Isolierglas und Flügelrahmen. Zu den störenden Einflüssen zählen Ausgasungen anderer Chemikalien, zu hohe oder zu niedrige Temperaturen und Luftfeuchten. Deshalb sollte das automatische Auftragssystem bei empfindlichen Klebesystemen eine Anpassung der Reaktionszeiten auf Umgebungstemperatur und -feuchte enthalten. Für alle Methoden ist ein Qualitätssicherungssystem und eine werkseigene Produktionskontrolle (WPK) notwendig, die vor allem eine regelmäßige Überprüfung der Haftflächen, des Mischbildes des Klebstoffes und die Haftzugeigenschaften nach der Aushärtung umfasst.

Baurechtlicher Nachweis

Geklebte Verglasungssysteme stellen im Bereich des Fensterbaus eine von den vorhandenen Normen und Richtlinien bisher nicht beschriebene Variante dar. Dennoch ist auch ein Flügel mit geklebter Verglasung Teil eines Fensters, das nach DIN EN 14351-1 CE-gekennzeichnet werden muss. Neben dem üblichen Weg, das geklebte Fenster als System zu definieren und auf seine Leistungseigenschaften im Rahmen eines ITT (Initial Type Test) zu prüfen und nachzuweisen, kann der Nachweis für die CE-Kennzeichnung auch über Zusatzprüfungen nach der ift-Richtlinie VE 08/1 erfolgen.—

Die Autorin

Karin Lieb ist stellvertretende Leiterin der akkreditierten Prüfstelle für Glasprodukte am ift Rosenheim und Leiterin des Prüffelds Glas und Baustoffe

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