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Die gläserne Elbphilharmonie

Wahrzeichen aus gebogenen Scheiben

Die Elbphilharmonie soll Hamburgs neues Wahrzeichen werden. Das 110 Meter hohe Gebäude steht nach Fertigstellung im Herbst 2011 wie ein riesiges Schiff auf dem ehemaligen Kaispeicher A in der Hamburger ­HafenCity und bildet deren kulturelles Zentrum. In ­ dem Bau entsteht eine Konzerthalle von Weltrang, dazu ein Hotel sowie Luxuswohnungen. ­Diese Nutzungen bildet die einschalige und thermisch getrennte Glasfassade außen sichtbar ab. Die Lüftungsflügel des Hotels sind wellenförmige Luken, während die Balkone der Wohnungen als hufeisenförmige Ausschnitte in den Glasverformungen gleichzeitig Ausblick, Windschutz und die seitliche Belüftung der anschließenden Zimmer gewährleisten. Der Konzertsaal im Innern schimmert mit seinem bernsteinfarbenen Foyer durch die geschlossenen Glasflächen hindurch.

Gebogene und bedruckte Glasfassaden

Die bei Gartner in Gundelfingen gefertigte Glasfassade der Elbphilharmonie ist insgesamt 21500 m2 groß und hat bis zu 5 m hohe Glasscheiben. Neben planen Fassadenelementen werden in die Außenwand auch mit gewölbten Scheiben versehene Fassadenelemente eingebaut, die entweder nach außen oder innen gebogen sind. Diese sphärisch gebogenen Elemente stellen eine Innovation im Fassadenbau dar. Bei der Glasbiegung musste darauf geachtet werden, dass die Beschichtung beim Biegevorgang nicht verbrennt. Der Glashersteller und der Betrieb, der die Gläser biegt, waren von Anfang an in die Entwicklung mit einbezogen. Die Gläser sind nicht nur beschichtet, sondern werden auch mit einem Raster aus weißen Punkten und Chrompunkten als Sonnenschutz bedruckt. Die Dichte des Rasters wird computergestützt individuell für die jeweilige Nutzung der Räume im Inneren berechnet. Jedes Element ist somit ein Unikat.

Die 5 m breiten Standardelemente haben ein Gewicht von circa 1200 kg. Von den 2200 eingesetzten Glasscheiben sind 595 Stück sphärisch gebogen und 1605 Stück plane Scheiben, jeweils aus eisenoxydarmen Glas mit besonders klarer Durchsicht (sogenanntes Weißglas). Wo die Fassade an das wellenförmige Dach der Elbphilharmonie anschließt, hat jede Scheibe ein anderes Format. Beide Elementgrößen gibt es mit einer Biegung nach außen und spiegelbildlich mit einem Versatzmaß von 350 mm innen. In der orthogonal zur Wölbung entstehenden Fläche wird ein ovaler Wendeflügel eingebaut, der zur Belüftung des Gebäudes genutzt werden kann. Im Wohnbereich werden die gebogenen Elemente weniger häufig eingesetzt als im Hotelbereich.

Die circa 370 Wendeflügel wurden ebenfalls speziell für die Elbphilharmonie entwickelt. Sie werden vorwiegend im Hotelbereich eingebaut und dienen der individuellen Frischluftzufuhr. Die hufeisenförmig ausgeschnittenen Glas-Balkone im Wohn­bereich erinnern an eine Stimmgabel. Für ­diese Loggia-Fassade fertigt Gartner einen ganz speziellen Elementtypen. Die circa 100 „Stimmgabeln“ aus Glasfaserkunststoff sind nach außen gebogen und müssen die Loggia-Verglasung aufnehmen.

Die Elementgrößen für die Foyerfassade betragen bis zu 5 m Höhe und 4,30 m Breite. Das größte dieser Elemente wiegt fast 2000 kg. Die eingeschossigen Plazafassaden mit einer Gesamtfläche von circa 3500 m2 sind zurückgesetzt und werden bis zu einer Höhe von maximal 8 m hergestellt. Die Plaza befindet sich direkt auf der Oberkante des 7. Obergeschosses, der Oberseite des ehemaligen Kaispeichers. Ab hier beginnen auch die von Gartner gefertigten Elementfassaden.

Der Glasaufbau der Isolierverglasung besteht aus einer VSG-Außenscheibe aus 2 x 8 mm mit Chrompunkten, Sonnenschutzschicht und grauen Siebdruckpunkten in RAL 7012, einem Scheibenzwischenraum von 16 mm sowie einer VSG-Innenscheibe aus 2 x 6 mm mit Low-E- Beschichtung.

Fassadentest bei Orkanstärke

Besucher und Bewohner der Elbphilharmonie können selbst während eines Orkans sicher sein, dass die Scheiben nicht bersten oder Regen eindringt. In Gundelfingen bestanden die Fassadenelemente einen dynamischen Fassadentest. Dabei erzeugte ein Flugzeugmotor Windböen bis zu 150 km/h. Vor den Glaselementen wurde ein Flugzeugmotor auf einem Fahrgestell befestigt.

Die Elbphilharmonie wird mit ihrer bedruckten und gebogenen Fassade weithin sichtbar sein und das Bild des Hamburger Hafens in Zukunft ähnlich stark prägen wie das Opernhaus in ­Sydney die australische Metropole und ihren Hafen. Insbesondere bei Dunkelheit wird der riesige Glaskörper zu einem echten „Highlight“, der zu einem Leuchtturm der Glasarchitektur des ­ 21. Jahrhunderts wird. Und auch von innen bieten sich dem Besucher faszinierende Ausblicke weit über die Elbe hinaus, aber auch dank der gebogenen Scheiben senkrecht nach unten. —

Fassade als Innovationspool

Fassadenbauer entwickeln zunehmend Schlüsseltechnologien zum energieeffizienten Bauen und Fassaden mit Freiform-Geometrien. So hat die Josef Gartner GmbH bereits 1968 die Integrierte Fassade zum Heizen und Kühlen entwickelt, die zuletzt bei der BMW Welt in München umgesetzt wurde. Weitere energiesparende Innovationen sind Zweite-Haut-Fassaden zur natürlichen Belüftung von Hochhäusern und mehrschalige Fassadenkonstruktionen mit integriertem Sonnenschutz. Der Einsatz modernster, beschichteter Gläser ermöglicht in Verbindung mit Sonnenschutzanlagen sommerlichen Wärmeschutz und das Nutzen solarer Gewinne, die vor allem im Winter willkommen sind. Weiterentwicklungen solcher Fassaden, die nach Möglichkeit sogar Energie produzieren, entwickelt und testet Gartner beispielsweise beim inHaus2, einem Laboratorium des Bauens der Zukunft in Duisburg zusammen mit der Fraunhofer Gesellschaft und weiteren Industriepartnern. Die GLASWELT stellt das InHaus2 in der nächsten Ausgabe vor.

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