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Verträglichkeit von Dicht- und Klebstoffen (Folge 2)

Sicher ist sicher

Wenn Verarbeitungshinweise und Materialvorgaben der Systemgeber nicht eingehalten werden, kann dies für den Verarbeiter teuer werden, wie im Schadensfall bei einer Fassade mit tragender Klebung auf anorganischen Glasbeschichtungen (Emaillierung). Bei der Glas-reinigung wurde festgestellt, dass sich im Brüstungsbereich emaillierte Scheiben zwischen Klebstoff und Unterkonstruktion lösten und eine unmittelbare Absturzgefahr bestand. Die Ur-sachenanalyse ergab, dass der erforderliche und vom Klebstoffhersteller vorgegebene Primer bei vielen der geschädigten Elemente nicht verwendet wurde. Damit war die Verantwortlichkeit klar. Um solchen Fehlern vorzubeugen sollten Verarbeiter vor dem Kleben folgende Aspekte prüfen:

  • Entspricht die Oberflächenqualität der Tragrahmen der Zulassung (z.B. durch ein Werkszeugnis für die anodische Oxidation)?
  • Liegt ein ETAG 002-Nachweis der einzelnen Komponenten vor?
  • Wie ist die Lage in der Fassade – werden mechanische Sicherungen notwendig?
  • Sind weitere baurechtliche Vorgaben zu beachten?
  • Kann ich als Verarbeiter die Klebung selbst ausführen, oder wer übernimmt die Klebung?
  • Wer ist für die Kennzeichnung und den Nachweis der Fremdüberwachung verantwortlich?

Fall 3 – Geklebte Fenstersysteme

Bei geklebten Fensterkonstruktionen mit statisch tragenden Scheiben, muss beim Kleben das Augenmerk auf die Kontaktfläche zwischen Kleber und den Rahmenmaterialien (Holz, PVC, Alu) sowie auf das Isolierglas (und seinen Randverbund) gelegt werden. Wichtig ist die Lage der Klebefuge innerhalb der Konstruktion. So benötigt beispielsweise auch eine Klebung im Falzgrund eine gewisse UV-Beständigkeit aufgrund der Reflexion über die Glasoberflächen. Zudem ist die Bewertung der „Klebepartner“ Fensterprofil und Isolierglas (mit Dichtstoffen) wichtig.

Für eine dauerhafte Gebrauchstauglichkeit, muss man die Konstruktion und die einzelnen Funktionsträger ganzheitlich betrachten. „System“ bedeutet, dass nur ein abgestimmtes und geprüftes System verwendet werden darf. Dies bedarf einer Systembeschreibung, die folgende Punkte enthalten sollte: Eine Zeichnung mit detaillierter Materialbeschreibung der Profile, Verstärkungen, Dichtungen, Verglasungen, Klötze sowie Beschläge, Verbindungen und Öffnungsarten, Hinweise zu Fertigung, Transport und Lagerung, Einbau- und Montagebeschreibungen sowie Pflege-, Wartungs- und Reparaturhinweise, weiter Definition und Dokumentation von Systemänderungen. Wichtig: Bei Änderungen der Haftpartner muss die Prüfung erneut durchgeführt werden.

Holzfenster: Hier sollte die Klebung auf unbehandeltem Holz erfolgen und die Holzart, die mechanische Bearbeitung der Holzoberfläche (feinhobeln, schleifen, finieren) vor dem Klebeprozess genau definiert sein. Bei Klebungen auf behandelten Hölzern muss die Prüfung mit dem verwendeten Holzschutz- und dem Oberflächenbehandlungssystem erfolgen.

Kunststofffenster: Hier erfolgt die Klebung auf dem vom Profilhersteller definierten Untergrund. Der verwendete Kunststoff und die Art der Vorbehandlung der Oberfläche sind in der Systembeschreibung festzulegen.

Aluminiumfenster: Hier kann man auf oxidierte oder pulverbeschichtete Oberflächen kleben, wobei jede verwendete Oberflächenbeschichtung im Klebesystem überprüft werden muss.

Eine verlässliche Grundlage bietet die Bewertung auf Basis der ift-Richtlinie VE-08/1 – Beurteilungsgrundlage für geklebte Verglasungssysteme. Diese umfasst auch den Nachweis für eine CE-Kennzeichnung und die Qualitätssicherung.

Fall 4 – Iso-Dichtstoffe und Klötze

Zwischen Isolierglas, Glasklotz und Fensterrahmen im Glasfalz, kommt es immer wieder zu Wechselwirkungen zwischen Klötzen und Randverbund des Isolierglases. Zur Bewertung der Verträglichkeit eignet sich hierfür die ift-Richt-linie VE-05/01 – Nachweis der Verträglichkeit von Verglasungsklötzen (die auch in die ift-Richltinie DI-01/1 integriert wurde). Die VE-05/01 beschreibt Merkmale für ein „friedliches“ Zusammenleben zwischen den Dichtstoffen des Randverbunds und den Klötzen. Im Prüfvorgang werden die klimatischen Bedingungen im Glasfalz simuliert. Eine ähnliche Prüfanordnung für VSG und Klotzmaterialien beschreibt die ift-Richtlinie DI-02/1.

Ausblick

Bei geklebten Konstruktionen bilden die eingesetzten Materialien ein Team, das unter extremen klimatischen Bedingungen dauerhaft funktionieren muss. Um Langzeitschäden zu vermeiden, müssen die Wechselwirkungen und die Verträglichkeit der jeweiligen Materialkombinationen geprüft werden. Der Anwender benötigt eine Funktionsmatrix und Positivlisten, woraus er ohne lange Vorprüfung ein Gesamtsystem wählen kann. Hinweise für die Regeln zur Erstellung geben vom ift erstellte Richtlinien.—

Die Autorin

Dipl.-Ing. (FH) Karin Lieb, ist Prüfstellenleiterin Glas und Baustoffe am ift Rosenheim.

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