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Interview mit Jürgen Peitz und Jörg Fischer

Saint-Gobain Deutschland unter neuer Führung

GLASWELT: Herr Peitz, Sie waren einige Jahre in Polen tätig. Was können wir hier in Deutschland von unseren Nachbarn lernen?

Peitz: In den acht Jahren in Osteuropa war es faszinierend zu erleben, mit welchem Elan die Menschen sich an die neuen Rahmenbedingungen angepasst haben und sich ihre Nischen suchen. Was ich in Polen besonders schätzen gelernt habe – und das bezieht sich nicht nur aufs Geschäft – sind eine umfassende Neugierde und Offenheit für neue Lösungsansätze, gekoppelt mit einer Suche nach eigenen Möglichkeiten und Chancen. Dabei sind die Polen in der Lage, sich schnell auf neue Situationen einzustellen und sich anzupassen. Das gilt für Unternehmen und Mitarbeiter.

GLASWELT: Sind die Länder im Osten interessant als Exportmärkte für deutsche Verarbeiter?

Peitz: Auf alle Fälle: Dort wünschen sich ­Ver­arbeiter und Endkunden eine große Produktvielfalt und schätzen Verar­beitungs-Know-how, geradeauch bei komplexeren Vorhaben, hoch ein. Ebenso geschätzt werden Grundtugenden wie Beratungsqualität, Service und Termintreue. Wer als deutscher Verarbeiter diese Punkte erfüllt und sich im Osten ausdehnen möchte, kann sich gut positionieren. So setzen beispielsweise einzelne Lebensmitteldiscounter bei der Neuerrichtung ihrer Ladengeschäfte in Polen fast ausschließlich auf deutsche Kontraktpartner, wegen ihrer Verlässlichkeit.

GLASWELT: Kürzlich wurden von SGG die Glaspreise angehoben, rechnen Sie mit weiteren Teuerungen im laufenden Jahr

Fischer: Ja, denn der aktuelle Glaspreis ist nicht marktgerecht und unter dem Niveau von 2005. Und das bei höheren Herstellkosten von deutlich mehr als 30 Prozent gegenüber 2005. Ein solches Preisniveau weit unter Kosten ist mittelfristig unrealistisch.

Peitz: Keine Branche kann langfristig ohne ein positives Ergebnis arbeiten. Eine solche Situation führt erst zum Sterben von Marktteilnehmern, dann zu einer Stagnation des Marktes, der von Investitionen in Innovationen lebt.

Fischer: Kurz gesagt, wer keine Gewinne mehr macht, hat auch keine Gelder mehr, neue Produkte zu entwickeln. Eine solche Entwicklung in der Breite bremst dann nicht nur einzelne Unternehmen, sondern die gesamte Branche. Die neuen Impulse in einem gesättigten Markt kommen immer durch Innovationen.

GLASWELT: Die gegenwärtige Wirtschaftskrise wird auch auf den Bausektor durchschlagen. Wann denken Sie, werden wir dies verstärkt auch bei uns spüren?

Peitz: Ich denke, in der zweiten Jahreshälfte wird sich die Nachfrage insgesamt deutlicher reduzieren, worauf sich bereits einige Verarbeiter, aber auch Hersteller mit der Anpassung ihrer Produktionskapazität einstellen. Neben dem Volumenrückgang sehen wir jedoch weiterhin die qualitative Entwicklung des Marktes, die geprägt ist durch ein nachhaltiges Effizienzbewusstsein, gerade bei kleineren Objekten und im Bereich der Modernisierung.

Fischer: Deshalb kann das Ausmaß der Krise in einzelnen Bereichen, etwa bei der energetischen Sanierung, durch die Konjunkturpakete der Bundesregierung sowie durch Anhebung der KFW-Förderprogramme deutlich gemildert werden.

GLASWELT: Welche Bereiche sehen Sie als besonders betroffen an?

Peitz: Besonders betroffen sind derzeit exportabhängige Projekte in Regionen mit starker Beeinträchtigung durch die Wirtschaftskrise, wie aktuell etwa Spanien und Großbritannien.

GLASWELT: Gibt es Segmente, die von der Krise weniger betroffen sind?

Peitz: Generell bei der energetischen Modernisierung (Wärmedämmung, Sonnenschutz), aber auch im Innenausbau. Dann sehe ich weiter ein nachhaltiges Wachstum des Solarmarktes mit den entsprechenden Anwendungen aus Glas.

GLASWELT: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung am Glasmarkt für dieses Jahr ein, und was bringt 2010?

Peitz: Derzeit sind alle Prognosen mit großer Ungenauigkeit behaftet und daher ist eine Einschätzung sehr schwierig. Wir werden wie gesagt deutliche Auswirkungen in der 2. Jahreshälfte 2009 spüren. Weitere Veränderungen werden dann von der gesamtkonjunkturellen Entwicklung abhängen. Langfristig betrachte ich den Glasmarkt sehr zuversichtlich, da in unserer Branche noch sehr viele Ideen schlummern, die umgesetzt werden wollen und werden. Das Interesse und die Begeisterung für neue Anwendungen aus Glas ist ja ungebrochen.

GLASWELT: Worauf sollten Glasverarbeiter angesichts der erwarteten Rückgänge ver­stärkt ­den Fokus ihrer Aktivitäten richten?

Peitz: Die energetische Sanierung mit Glasprodukten in Verbindung mit Schallschutz und ­Sicherheit scheint mir aussichtsreich. Zudem kann der Verarbeiter hier seine Beratungskompetenz einbringen. Wer etwa im Fensterbau im Kundengespräch fundiert über Förderprogramme und deren Voraussetzungen informieren kann, hat gute Chancen, das Rennen um den Auftrag zu machen und gleichzeitig hochwertige Produkte zu verkaufen.

Fischer: Ganz wichtig ist dabei die gezielte Information der Kunden über Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile von Glas. Die Glasprodukte werden komplexer und damit wächst auch der Informationsbedarf beim Glasverarbeiter ebenso wie beim Endkunden. Unsere Partner haben die Erfahrung gemacht, dass eine gute Kundenberatung sich lohnt und sich auch auszahlt. Man muss also mehr als nur das Basisprodukt anbieten, sondern auch das Interesse nach weiteren Anwendungen und Möglichkeiten wecken. Gut informierte Kunden – Geschäfts- und auch Endkunden – sind generell bereit, höherwertige Produkte zu kaufen, wenn sie um deren Qualität sowie den Nutzen bzw. die Vorteile wissen. Hier liegen noch sehr große Potenziale, die die Verarbeiter nur angehen müssen.

GLASWELT: Was erwartet die ClimaplusSecurit-Partnerbetriebe (CSP) dieses Jahr, wird es hier Änderungen bei der Betreuung geben?

Peitz: Die Partnerschaft zu den ClimaplusSecurit-Partnerbetrieben hat sich durch eine ständige Erweiterung zu einer Erfolgsstory für alle Beteiligten entwickelt. Mit Evamaria Nickel, die die Nachfolge von Daniela Mamet antritt, wird es weiterhin eine direkte Betreuung der CSP-Partner geben – kompetent und auf hohem Niveau. Darüber hinaus wollen wir den Bereich der Projekt- und Architektenbetreuung insbesondere für die ClimaplusSecurit-Partnerbetriebe erweitern, und zwar durch einen zusätzlichen Berater.

Fischer: Geplant ist weiter der Ausbau der Unterstützung unserer Kunden durch professionelles Marketing. Der Fokus richtet sich hierbei auf technische Informationen, Aktionen im Bereich Energieeinsparung wie etwa die Initiative „Das kann Glas“, gezielte Unterstützung auf lokaler Ebene sowie Unterstützung in Interessenvertretungen und Arbeitskreisen.

GLASWELT: Was sind Ihre vorrangigen Ziele als neuer, führender Mann bei Saint-Gobain in Deutschland?

Peitz: Eines meiner wichtigsten Ziele ist es, unsere Innovationsführerschaft in einer breiten Produktpalette konsequent weiter voranzutreiben. Ich sehe noch viele Chancen und Möglichkeiten durch und mit neuen Produkten unserer Unternehmen voranzubringen. Gerade die Segmente Sonnenschutz, vorspannbare Schichten, Funktions­integration bieten hier noch großes Potenzial. Darüber hinaus möchte ich unsere Service­offensive bei Beratung, Lieferung und Betreuung intensiv fortsetzen. Weiterhin ist der Ausbau von langfristig orientierten partnerschaftlichen Beziehungen mit unseren Kunden ein weiterer Schwerpunkt. Kunden sollen sich mit unseren Produkten nachhaltig und erfolgreich im Markt positionieren können.—

Stationen im Unternehmen

Der neue SGGD-Geschäftsführer, der seit 1996 für die Glasgruppe tätig ist, hat eine Reihe von Positionen im Unternehmen durchlaufen:

1996 Eintritt in die Saint-Gobain Sekurit Deutschland GmbH in Aachen

2001 Geschäftsführer für Saint-Gobain Sekurit Hanglas Polska, Ausbau der Autoglas Aktivitäten in Polen.

2005 Geschäftsführer für Saint-Gobain Glass Polska. Er leitete die Floatglasaktivitäten in Dabrowa Gornicza sowie die Gussglasaktivitäten in Jaroszowiec und Gloss.

2009 Geschäftsführer bei SGGD.

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