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Selbstreinigende Holzfensteroberfläche

Die Natur als Inspiration

Beim Einsatz für die Herstellung von Fenstern und Türen ergeben sich spezielle Anforderungen an die Verarbeitung und den Schutz der Bauteile. Der organische Zerfall des Holzes wird in einer natürlichen Um­gebung durch eine Reihe von Einflussfaktoren verursacht.

Anforderungen an eine Oberfläche

Um den Einflüssen auf die Holzoberfläche entgegenzuwirken, muss die ­Beschichtung verschiedene Aufgaben erfüllen: So gilt es, Holz vor einer intensiven Feuchteaufnahme zu schützen. Speziell bei maßhaltigen Bau­teilen ist es nötig, das Quellen und Schwinden weitestgehend einzuschränken. Zudem soll die Beschichtung vor UV-Strahlen schützen und Mikroorganismen fernhalten. Aus diesen Aufgaben lassen sich folgende Anforderungen an ein Beschichtungssystem definieren:

  • Generell ist eine gute Dampfdiffusion der Beschichtung anzustreben.
  • Der UV-Schutz muss für die Beschichtung und für das Holzsubstrat wirksam sein.
  • Die Renovationsintervalle sollten entsprechend den Rahmenbedingungen so groß wie möglich sein.
  • Die Beschichtung sollte durch eine entsprechende Grundierung gut auf dem Substrat haften.

Die Entwicklung von transparenten Beschichtungen für Holzbauteile im Außenbereich stellt somit ein anspruchsvolles Forschungsgebiet dar. ­Dies umso mehr, als die Einflussfaktoren komplex und die Ansätze für die ­Entwicklung eines dauerhaften Systems vielfältig sind.

Beschichtungssysteme mit Nanopartikeln

In den vergangenen Jahren widmete sich ein Forscherteam der Fachhochschule Architektur, Holz und Bau (BFH-AHB) in Biel intensiv der Entwicklung transparenter Systeme für Holzbauteile: Das Engagement zahlte sich aus: Im Rahmen zweier Projekte modifizierten sie gezielt transparente Beschichtungen mittels verschiedener Nanopartikel. Beide Projekte befassen sich mit der Nanostrukturierung von beschichteten Oberflächen. Sie haben das Ziel, einerseits eine selbstreinigende Oberfläche zu kreieren und andererseits einen verbesserten Sonnenschutz zu gewährleisten. Bislang sind noch keine vollständig befriedigende Systeme mit Selbstreinigungseigenschaften für Holzoberflächen verfügbar. Neben einer deutlichen Reduktion ­des Reinigungsaufwandes zur Erhaltung der optischen Oberflächeneigenschaften könnte der Einsatz solcher Systeme auch die Lebensdauer von Holz­oberflächen im Außenbereich erheblich verlängern.

Die Idee für die Entwicklung des selbstreinigenden Effekts haben sich die Forschenden aus Biel von der Natur geholt. Die Blätter der Lotuspflanze sind durch ihre stark wasserabstoßenden Eigenschaften selbstreinigend. Schmutzpartikel, welche sich auf dem Blatt angesammelt haben, werden durch abperlende Wassertropfen aufgenommen und weggespült. Die ­Lotusblätter verfügen über eine Strukturierung der Oberfläche im Mikrometer-Bereich und einer Substruktur auf dieser Oberfläche im Nanometer-­Bereich. Diese Struktur besteht aus Wachs und ist dadurch wasserabstoßend. Durch die Kombination von wasserabstoßendem Material und der Nanostrukturierung entsteht eine sogenannte superhydrophobe Oberfläche mit selbstreinigenden Eigenschaften. Dadurch haben die Wassertropfen, welche auf die Lotusblätter treffen, eine sehr reduzierte Kontaktfläche. Dazu kommt ihre wasserabweisende Eigenschaft. Die Kombination beider Funktionen verhindert die Benetzung der Oberfläche durch Wasser. Die Oberfläche der Lotusblätter wird durch Beregnung somit automatisch gereinigt.

Das Lacksystem, an welchem in Biel geforscht wird, besteht aus drei Schichten: Die ersten zwei Schichten – Grundierung und Mittelschicht – haben einen klassischen Lackaufbau. Auf der letzten Schicht, dem „top coat“, die in direktem Kontakt mit Luft oder Regen steht, wird mittels Nanotechnologie der selbstreinigende Effekt aufgebaut. Dazu wird der top coat mit Nanopartikeln im unteren Nanometer-Bereich angereichert. Die Nanopartikel im Lack generieren eine Struktur auf der Oberfläche im nanoskaligen Bereich, welche sich mit jener der Lotusblätter vergleichen lässt. Mit dem Lack behandelte Oberflächen werden somit durch Regen automatisch von Schmutzpartikeln befreit. Der Lack kann auf Holzfassaden oder auf einzelne Holzelemente aufgetragen werden. Die Applikation der drei Lackschichten ist allerdings bislang nur maschinell möglich. Der Einsatz konzentriert sich daher auf die industrielle Produktion und eignet sich nicht für den privaten Gebrauch oder die Einzellackierung von Elementen und Bauteilen.

Sonnencreme für Holz

Neben dem Aspekt der Selbstreinigung wird an der BFH-AHB auch versucht, den Sonnenschutz von Lacken durch Nanotechnologie zu verbessern. Dieses Lacksystem schützt das Holz speziell vor der energiereichen UV-Strahlung der Sonne und verzögert somit die Alterung des Holzes. Der entwickelte Lack enthält Zinkoxid-Nanopartikel, welche groß genug sind, um UV-Strahlen zu absorbieren und klein genug, um den größten Anteil des sichtbaren Lichts passieren zu lassen. Im Gegensatz zu klassischen UV-Absorbern sind diese Nanopartikel sehr beständig und bauen sich nicht ab. ­Dies führt zu einer Verringerung der Unterhaltskosten der Holzfassaden.

In einem künstlichen Bewitterungsversuch konnte gezeigt werden, dass über einen Zeitraum von 1200 Stunden das Absorptionsverhalten praktisch konstant bleibt. Zudem ist der Lack auf Wasserbasis aufgebaut und somit umweltschonender als herkömmliche lösemittelbasierte Systeme, welche die Umwelt belasten. Im Vergleich mit organischen UV-Schutzmitteln ist die Absorption ähnlich gut. Bei steigender Konzentration der Nanopartikel ist weiter damit zu rechnen, dass Teile des sichtbaren Lichtes absorbiert werden, was dazu führt, dass die Beschichtung nicht hundertprozentig transparent ist. Sie wirkt daher leicht milchig. Diese Problematik ist eng verknüpft mit der Größe und Verteilung der Partikel: Die Reduktion dieses Effektes ist der ­Inhalt ­weiterer Forschungsaktivitäten, wobei verschiedene Optimierungsmöglichkeiten denkbar sind.

Die Forscher bleiben am Ball

Die Ergebnisse der beiden Forschungsarbeiten zeigen, dass transparente Beschichtungen durch den Einsatz von Nanopartikel in ihren Gebrauchseigenschaften stark beeinflusst werden können. Es war möglich, selbstreinigende Oberflächen im Labormaßstab herzustellen, wie auch herkömmliche wasserbasierte Acrylate so mit Nanopartikeln auszurüsten, dass eine vergleichbare UV-Absorption zu organischen Verbindungen erreicht wurde. Die Forschungsarbeiten haben aber auch noch unbeantwortete Problemfelder aufgedeckt. Es ergibt sich somit ein weites Feld der Optimierung, um die neuen Formulierungen in die Praxis zu überführen.—

Die Autoren

Dr. Thomas Volkmer, Dr. Urs von Arx, Dr. Milena Properzi, Dr. Ingo Mayer und Dr. Christelle Ganne-Chédeville sind wissenschaftliche Mitarbeitende der Einheit Werkstoffe und Holztechnologie an der Fachhochschule in Biel.

Die Windays 2009

Dr. Volkmer wird den Inhalt dieses Artikels auf den windays halten, die die Berner Fachhochschule am 19. und 20. März 2009 in Biel veranstaltet. Teilnehmer erhalten dort einen Einblick in die neuesten Entwicklungen der Fenster- und Fassadenbranche. Die Schwerpunktthemen sind: Entwicklungen und Trends, Energieeffizienz – Bauphysik – Fassaden als System, Aktuelles aus Forschung und Entwicklung, Umsetzung in Fertigung und Produktion. Die Veranstaltung 2009 findet zum ersten Mal im erweiterten Rahmen des Kongresszentrums in Biel statt. http://www.windays.ch

Weitere Informationen

Die Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau betreibt in Biel das größte Forschungszentrum der Holzwirtschaft in der Schweiz. Die Forschungstätigkeiten sind auf die Praxis ausgerichtet – mit dem Ziel, Probleme des industriellen Alltags rasch und innovativ zu lösen. Zudem realisiert die Fachhochschule im Rahmen von Dienstleistungsaufträgen für Wirtschaft und Gesellschaft Produktprüfungen, Expertisen oder Beratungen und sichert mit Weiterbildungsveranstaltungen den Wissens- und Technologietransfer in die Wirtschaft.http://www.ahb.bfh.ch

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