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Der Verarbeiter als Sicherheitsfachmann

Sicher ist sicher

GLASWELT: Herr Gitt wie sieht die gegenwärtige Einbruchsstatistik in Deutschland aus? ­Haben die Delikte zu- oder abgenommen?

Gitt: Die offiziellen Statistikdaten des Jahres 2008 liegen derzeit noch nicht vor. Für den Bereich des Polizeipräsidium Köln haben wir etliche Ermittlungs- und Aufklärungserfolge erzielt und gehen daher von einem Rückgang der Fallzahlen aus. Wir haben auch 2008 unsere Bemühungen insbesondere im Themenfeld „Kriminalpräventiver Städtebau“ verstärkt und uns an der Entstehung des städtebaulichen Masterplans Köln-Innenstadt, der Planung von Neubausiedlungen und Sanierungsobjekten beteiligt. Dabei spielten auch gestalterische Fassadenelemente und Einbruchschutz eine bedeutende Rolle. Gerade heute durften wir bei neun angezeigten Wohnungseinbrüchen fünf Versuche feststellen. In fünf Fällen blieben die Täter also draußen.

GLASWELT: Ein Großteil der Täter kommt ja durch die Fenster oder Fenstertüren, wie kann man dem vorbeugen?

Gitt: In regelmäßigen Abständen analysieren wir in der „Kölner Studie“ die Einbrüche in Wohnobjekte im Hinblick auf festgestellte Arbeitsweisen der Täter, um Schwachstellen der Sicherung der Objekte zu erkennen. Eine Erkenntnis der letzten Studie ist, dass in rund 82 Prozent der Fälle die Täter bei Einfamilienhäusern durch die Fenster bzw. Fenstertüren eingestiegen sind. In Mehrfamilienhäusern gelangten die Täter (überwiegend im Parterre und 1. OG) in rund 63 Prozent der Fälle auf diese Weise in die Wohnungen.

Samsel: Leicht erreichbare Fenster sollten also entweder als geprüfte einbruchhemmende Fenster ausgelegt oder nachträglich mechanisch zusätzlich gesichert werden. Natürlich sollten vorhandene Sicherungen an Fenstern immer betätigt und die Fenster auch bei kurzer Abwesenheit verschlossen werden.

GLASWELT: Fenster- und Fassadenbauer können den Verbrauchern eine Reihe von Sicherheitsprodukten empfehlen. Welche Systeme eigenen sich besonders für Neubauten bzw. für die Nachrüstung im Gebäudebestand?

Samsel: Wichtig ist, dass die Sicherungen an Häusern bzw. Wohnungen immer als Einheit zu ­sehen sind. Es hilft wenig, nur ein Fenster oder nur eine Tür zu sichern. Vielmehr sind sämtliche Fenster bzw. Fenstertüren, die leicht erreicht werden können und die zu ­öffnen sind (feststehende Fensterelemente werden äußerst selten von den Tätern angegangen), mit geprüfter Sicherheitstechnik auszustatten. Bei Neubauvorhaben oder bei Auswechselung der Fenster sollten geprüfte und zertifizierte einbruchhemmende Fenster bzw. Fenstertüren nach DIN V ENV 1627 – 1630 mindestens in der Widerstandsklasse 2 eingebaut werden. Vorhandene Fenster bzw. Fenstertüren sollten entweder mit aufschraubbarer Sicherungstechnik gemäß DIN 18104 -Teil 1 oder ­im Falz eingelassenen Nachrüstprodukten gem. DIN 18104 -Teil 2 nachgerüstet werden.

Gitt: Eine weitere Erkenntnis der „Kölner Studie“ ist, dass rund 36 Prozent der Wohnungseinbrüche im Versuchsstadium blieben. Fest steht, dass davon in etwa 40 Prozent der Fälle die Täter an den Sicherungseinrichtungen scheiterten.

GLASWELT: Sind aus Ihrer Sicht solche Sicherheitsprodukte beim Verbraucher eigentlich genügend bekannt?

Samsel: Sicherungstechnik und deren positiver Nutzen ist in aller Munde. Den Verbrauchern sind in erster Linie die zusätzlichen Sicherungen nach DIN 18104 Teil 1 (Zusatzschlösser, die auf den Rahmen bzw. auf den Fensterflügel geschraubt werden) bekannt. Informationen über die Sicherungen nach DIN 18104 Teil 2 und über geprüfte einbruchhemmende Fensterelemente müssen noch stärker den Verbrauchern ins Bewusstsein gebracht werden. Jedoch ist die genaue Wirkungsweise der Sicherungen häufig nicht bekannt. Aus diesem ­Grunde sind viele Verbraucher der Meinung, dass ein abschließbarer Fenstergriff allein ausreicht, ­das Fenster sicherer gegen Einbruch zu machen. Dies ist ein schwerwiegender Irrtum, da die häufigste Arbeitsweise der Täter, das Aufhebeln des Fernsters mittels Hebelwerkzeugs – häufig ein Schraubendreher von 30 bis 40 cm Länge – damit nicht verhindert wird.

GLASWELT: Worüber sollte Handwerker Kunden informieren, um sie vom Nutzen solcher Sicherheitsanwendungen zu überzeugen?

Gitt: Wir haben naturgemäß mit den Opfern von Wohnungseinbrüchen zu tun, die um unsere Beratung nachsuchen. Dabei haben wir die Erfahrung gewonnen, dass Kunden sich häufig eine umfassende Beratung zur optisch gestalterischen Wirkung, zur Wärmedämmung und insbesondere zur Sicherheit von Fassadenelementen gewünscht und entsprechend investiert hätten.

Samsel: Die Ergebnisse verschiedener Polizeistudien zum Wohnungseinbruch belegen, dass einbruchhemmende bzw. nachgerüstete Fassadenelemente den sogenannten Widerstandszeitwert wesentlich erhöhen, d.h. die Zeit, die der Täter zum Aufbruch braucht. Der Faktor Zeit ist für die Täter jedoch ein entscheidendes Kriterium. Je länger es dauert, in eine Wohnung einzudringen, desto größer ist die Gefahr, entdeckt zu werden. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass potenzielle Einbrecher ihre geplante Tat abbrechen.

GLASWELT: Was kann der Verarbeiter darüber hinaus tun, um sich als Sicherheitsfachmann zu positionieren?

Samsel: Verarbeiter sollten sich ständig in Sachen Sicherheitstechnik weiterbilden. Wir empfehlen dringend Besuche von Lehrgängen und Seminaren, wie sie beispielsweise beim VDS in Köln angeboten werden. Für wesentlich halte ich eine Aufnahme in die Errichterlisten der Landes­kriminalämter. Die entsprechenden Anforderungen ergeben sich aus den Pflichtenkatalogen für die Aufnahmeverfahren für Errichter von mechanischen Sicherungseinrichtungen bzw. Hersteller von geprüften einbruchhemmenden Fassadenelementen, die im Internet eingestellt sind (siehe Infokasten).

Gitt: Die anfallenden Weiterbildungskosten amortisieren sich aus unserer Erfahrung innerhalb kürzester Zeit: die Firmen werden nicht nur über die „Errichterlisten“ von der Polizei empfohlen, sondern werden von den Kunden als qualifizierte Sicherheitsexperten mit hohem Wissensstand und Kompetenz erlebt. Dies weckt Vertrauen und erhöht die Chancen auf zusätzliche Aufträge. Bei fachkompetenter Ausführung folgt häufig eine Weiterempfehlung im Umfeld der Kunden.

Samsel: Darüber hinaus gibt es für Handwerker die Möglichkeit, sich Netzwerken anzuschließen und Schutzgemeinschaften zu gründen, die die Bürger in Sachen Sicherheitstechnik kompetent beraten und die Technik auch fachmännisch einbauen können (siehe Infokasten).—

Weitere Informationen

Die (Kriminal-)Polizeilichen Beratungsstellen der Bundesländer unterstützen Wohnungsbesitzer, Planer, Bauherren, Investoren, Hersteller und Errichter in Fragen der generellen städtebaulichen Kriminalprävention bis hin zur speziellen einzelfallbezogenen Einbruchsicherung. Daneben wird bereits erfolgreich die Zusammenarbeit von Firmen und Polizei in einer Vielzahl von Netzwerken praktiziert.

Kölner Studie (PDF-Download) :

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