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Wohnraumlüftung (Folge 1)

Genug Frischluft im Haus?

Nach der Sanierung, dass heißt nach optimierten Dämmmaßnahmen, die den Energieverbrauch senken, sollte ein Gebäude unter komfortablen und gesunden Randbedingungen bewohnbar sein. Leider sieht die Realität auch bei neuen Gebäuden oft anders aus. Häufig sind die Beanstandungen des Raumklimas oder Schäden an der Bausubstanz auf die fast perfekte Abdichtung der ­energetisch sanierten Gebäudehülle zurückzuführen. Dieser Zustand ist energetisch erwünscht und von der EnEV verlangt. Der dabei erforderliche Luftwechsel lässt sich in solchen Gebäuden mit manueller Lüftung meist nicht mehr ausreichend durchführen. Es ist nachvollziehbar, dass die rein manuelle Fensterlüftung in den wenigsten Fällen konsequent und richtig durchgeführt wird, denn dass hieße, ganzjährig pro Wohnung 6 bis 8 Mal am Tag im 2-Stunden-Takt zu lüften. Schräg gestellte Fenster helfen zwar im Sommer, dies verbraucht im Winter aber unnötig Energie. Zudem besteht die Gefahr, dass die starke Abkühlung in den Fensterlaibungen das Schimmelpilzwachstum begünstigt. Daraus folgt, eine energetisch optimierte Gebäudehülle braucht eine konstante, zuverlässige und möglichst nutzerunabhängige Belüftung.

Warum müssen wir lüften?

Jeder Mensch verbraucht bei verhaltener Aktivität pro Stunde ca. 0,3 bis 0,4m³ Frischluft. Bezogen auf den Sauerstoffgehalt, den wir zum Überleben benötigen, würde das bei einem typischen Raumvolumen von 30m³ bedeuten, dass wir weniger als 1-mal am Tag lüften müssten. Das genügt aber nicht. Durch einen ausreichenden Luftwechsel muss sichergestellt werden, dass vor allem die CO2 Konzentration in der Raumluft 0,15Prozent nicht übersteigt. Werte darüber führen zu Unwohlsein, Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfschmerzen etc. Die erforderlichen Luftwechsel hängen wesentlich von der Personenzahl und deren Aktivitäten ab. Deshalb sind, abhängig vom Nutzungsgrad, ggf. unterschiedliche Luftwechsel nötig.

Die Zunahme der Raumluftfeuchte ist eine weitere kritische Einflussgröße. Bei zu hohen Werten kann es zu Schimmelpilzwachstum oder durch dauerhafte Feuchte- und Nässeeinwirkung (Tauwasser) zur direkten Schädigung von Bausubstanz kommen.

Das heißt, für ein „gesundes Wohnraumklima“ müssen die CO2-Konzentration und der Feuchtegehalt durch ausreichenden Luftaustausch in bestimmten Grenzen gehalten werden. Zu den normativen Vorgaben gibt beispielsweise die DIN 1942 Orientierung.

Gehen wir nach der EnEV, ist die erforderliche Luftwechselzahl mit n = 0,7/h im Winter als hoch anzusehen. Da hier Nutzungsprofile nicht berücksichtigt werden, kommt es bei wirklicher Einhaltung der EnEV-Werte zumindest in der Heizperiode zu unnötigen Wärmeverlusten.

Bei Wohngebäuden herrscht oft große Unsicherheit, wie viel Lüftung zur Vermeidung von Schimmel erforderlich ist. Grundsätzlich gilt: Unter Beachtung der lokalen Oberflächentemperaturen muss so viel gelüftet werden, dass der C02-Gehalt (verbrauchte Luft) und die mittlere relative (Raum-) Luftfeuchte sich zwischen ca. 35 bis 65Prozent bewegt. Schimmelpilzwachstum an den Oberflächen beginnt ab ca. 80Prozent relativer Luftfeuchte. Deshalb sind die mittlere relative Luftfeuchte im Raum möglichst tief, die Oberflächentemperaturen der inneren Gebäudehülle möglichst hoch zu halten.

Welche Systeme gibt es?

Die manuelle Fensterlüftung (vollständiger Luftwechsel in ca. 2 bis 3 Minute) ist beim Lüften ohne Wärmerückgewinnung eine effektive Variante. Leider ist die konsequente Umsetzung dieser Methode eher die Ausnahme.

Hier sollen industrielle Systeme Abhilfe schaffen. So sind etwa Fensterlüftersysteme Konstruktionen, die ohne zusätzliche mechanische Energie arbeiten, man kann sie als „Passiv-Systeme“ bezeichnen. Die Belüftungsvorgänge hängen von äußeren Parametern, wie Winddruck oder natürlichen Auftriebseffekten ab. Aufgrund ihres Funktionsprinzips nehmen sie dem Benutzer zwar das Lüften teilweise ab, nutzerunabhängig sind sie aber nicht.

Alternativ dazu gibt es Zwangsbelüftungssysteme mit und ohne Wärmerückgewinnung, die man zentral oder dezentral betreiben kann. Sie besitzen meistens elektrisch angetriebene Ventilatoren, die die Luft in das Gebäude herein oder hinaus befördern. Schachtlüftungsanlagen stellen eine weitere Variante dar, die über Auftriebseffekte zwischen Außen- und Innenklima und/oder mit äußeren Winddruck (Stau/Sog) funktionieren. Eine Mischform aus Schachtlüftungsystem und Zwangsbelüftung stellt die so genannte Hybridlüftung dar. In Verbindung mit gesteuerten Zuluftventilen kann dies eine sehr effektive Methode der Raumbelüftung sein, da dann nur bei übermäßiger Feuchte eine Raumbelüftung erfolgt.—

Im zweiten Teil in der nächsten GLASWELT stellt der Autor eine Reihe verschiedener ­Lüftungssysteme für Gebäude vor.

Der Autor

Dr. Volker Kek führt ein Ingenieurbüro für Geothermie und Bauphysik in Rastatt.

vkek@kekengineering.de

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