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Neufassung der Energieeinsparverordnung

EnEV 2009 — Änderungen für Fensterbauer

Nach einem ziemlich schleppenden Anlauf mit dem Referentenentwurf im April 2008 und einem Kabinettspapier im Juni 2008 hat am 6. März der Bundesrat und am 18. März 2009 die Bundesregierung die Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV 2009) endgültig auf den Weg gebracht. Inkrafttreten wird die neue Verordnung am 1. Oktober 2009 – das ursprüngliche Ziel, dass die Verordnung schon Anfang 2009 in Kraft tritt, wird also deutlich verfehlt. Für Neubauten gilt dann das Datum des Bauantrags, für Maßnahmen im Bestand die Durchführung der Maßnahme, also der Baubeginn für die Umsetzung der neuen Anforderungen.

Wie bereits bei der Wärmeschutzverordnung 1995 werden auch bei der ­­ 3. Novellierung der EnEV Anforderungen an zu errichtende Gebäude (Neubau) und bei wesentlichen Änderungen, Erweiterungen, Ausbauten von bestehenden Gebäuden (Altbau) gestellt. Da beim Neubau eine Gesamtbetrachtung möglich und sehr sinnvoll ist, im Bestand oft aber nur Einzelmaßnahmen, beispielsweise ein Fenstertausch, durchgeführt werden, geht die EnEV für die beiden Bereiche auch unterschiedlich vor.

Fest steht aber: Für Neubau und Sanierung ist gleichermaßen ein anspruchsvolles technisches Niveau hart an der Grenze der Wirtschaftlichkeit gefordert. Einige Bereiche und Paragraphen bleiben aber auch unverändert. Das gilt z.B. für die Dichtheit (zwischen Flügel und Rahmen und in der Bauanschlussfuge), den Mindest-Luftwechsel, den Mindest-Wärmeschutz und die Betrachtung mit Minimierungspflichten bei den Wärmebrücken.

Neubau

Hier wird in Wohngebäude und Nichtwohngebäude unterschieden, wobei Letztere noch weiter nach der darin zu erreichenden Temperatur im Heizfall unterteilt werden. Für Wohngebäude wird jetzt auch das „Referenzgebäude-Verfahren“ eingeführt, das seit der EnEV 2002 bereits für Nichtwohngebäude, also z.B. für Bürogebäude, Hotels, Krankenhäuser, Schulen, Werkhallen etc. eingeführt worden war. Durch die Bildung eines „virtuellen Gebäudes“ wird die energetische Qualität der Gebäudehülle und der Anlagen-Komponenten festgelegt. Jedes Gebäude hat sein eigenes Referenzgebäude, dem es in Bezug auf Geometrie, Gebäudenutzfläche und Ausrichtung gleichen muss und so seinen individuellen Höchstwert erhält. Wird ein Neubau wie ein gleichwertiges Referenzgebäude ausgeführt, ist die Einhaltung der Anforderungen gewährleistet. Deshalb dürfte es in der Praxis häufig zur genauen Umsetzung, der in der Verordnung selbst vorgegebenen „Referenzwerte“ kommen.

Da der reine Umgang mit Referenzwerten im Rahmen des umfangreichen Nachweises eines Jahres-Primärenergiebedarfs eine sehr weitgehende Optimierung zwischen Bauteilen, Anlagetechnik und Planungsleistungen ermöglicht, wurde als eine Art Nebenbedingung bei Wohngebäuden ein H`T als mittlerer U-Wert der wärmeübertragenden Umfassungsfläche vorgegeben; die noch im Referentenentwurf enthaltenen maximalen Höchst-U-Werte wurden nicht beibehalten.

Solche Werte gibt es aber im Nichtwohnungs-Neubau. Die dazugehörige Tabelle mit Referenz- und Höchstwerten (als Mittelwert der jeweiligen Bauteile) für Nichtwohnungs-Neubau können Sie ganz einfach bei uns online abrufen: Geben Sie einfach den Webcode Nr. 696 in die „Suche“ auf der Startseite von https://www.glaswelt.de/ ein.

Bei der Betrachtung der Anforderungs-Tabellen für Neubauten in den verschiedenen Kategorien wird deutlich, dass eine unterschiedliche Herangehensweise angesagt ist. Für Wohnungen gibt es neben den angegebenen Referenz-U-Werten für alle Außenbauteile zusätzlich die Vorgabe eines mittleren U-Wertes für die wärmeübertragende Umfassungsfläche. Und für den Nichtwohnbau werden unter der gleichen Gesamtbetrachtung bauteilbezogene Referenz-U-Werte und zusätzliche Höchst-U-Werte für bestimmte Bauteilgruppen in der Verordnung genannt.

Klar, dass beispielsweise für Werkhallen mit Temperaturen zwischen 12 und 19°C tendenziell niedrigere Werte gelten als für „normal“ beheizte Gebäude – also solche mit Raumtemperaturen ab 19°C. Bei den Anforderungen für den letztgenannten Bereich macht es keinen Unterschied, ob über Wohn- oder Nichtwohngebäude gesprochen wird.

Altbau

Die EnEV selbst kennt den Begriff „Altbau“ nicht. Dort wird von „Änderung, Erweiterung und Ausbau von Gebäuden“ gesprochen. Da bei diesen Maßnahmen eine Generalsanierung nicht immer ansteht, bleibt es in diesem Bereich zunächst bei der Vorgabe von Bauteil-U-Werten. Dabei gibt es keine Unterscheidung hinsichtlich der Gebäudenutzung. Diese Anforderungen stellen sich wie in der folgenden Tabelle 3 gezeigt dar.

Die beschriebenen Anforderungen gelten nicht:

  • für Schaufenster und Türanlagen aus Glas
  • wenn bei Außenwänden, Fenstern, Fenstertüren und Dachflächenfenstern weniger als 20 Prozent der Bauteilflächen gleicher Orientierung verändert werden.

Damit ist die klassische Glasreparatur, bei der z.B. eine einzelne Isolierglasscheibe wegen Glasbruchs ausgetauscht wird, außen vor. Dies gilt selbst bei einer Einfachverglasung.

Alternativ zu den Bauteilwerten und angesagt bei „General-Sanierungen“ können Änderungen an Wohngebäuden über den Jahres-Primärenergiebedarf eines entsprechenden Referenzgebäudes und den Höchstwerten des spezifischen, auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche bezogenen Transmissionswärmeverlust nach der Tabelle 2 nachgewiesen werden – bei Nichtwohngebäuden durch Vergleich des Jahres-Primärenergiebedarfs eines dem Neubau vergleichbaren Referenzgebäudes. Die Anforderungen gelten aber bereits dann als erfüllt, wenn die jeweiligen Jahres-Primärenergiebedarfe um nicht mehr als 40 Prozent überschritten werden. Hierdurch wird der Tatsache Rechnung getragen, dass ein Altbau mit vertretbarem Aufwand kaum auf Neubau-Anforderungsniveau gebracht werden kann.

Erste Bewertung: Zwei Nachkommastellen sind Unfug

Natürlich befürwortet die Fensterbranche die Klimaziele und die dafür notwendige Erhöhung der Wärmeschutzanforderungen. Schließlich ist damit eine klare Tendenz zu hochwertigeren Fenster- und Außenbauteilen verbunden. Positiv an der ganzen Sache ist auf jeden Fall auch, dass jetzt Klarheit über die kommenden Anforderungen – zumindest für die nächsten drei Jahre – besteht. Hinzu kommt, dass die in Rede stehenden U-Werte für Fenster, Vorhangfassaden und Verglasungen mit derzeit üblichen Komponenten in großem Umfang zu erreichen sind. Insbesondere können die ­meisten Rahmensysteme absehbar weiter verwendet werden.

Zu kritisieren ist auf jeden Fall, dass bei der U-Wert-Angabe jetzt alle Zahlenwerte mit zwei Stellen hinter dem Komma angegeben sind. Das widerspricht nicht nur der bisherigen Übung, sondern auch allen Normen im Fenster- oder Glasbereich, welche sich mit Wärmedurchgangskoeffizienten dieser Bauteile befassen, z.B. der DIN V 4108-4, DIN EN ISO 10077-1, DIN EN 673 und insbesondere der Produktnorm Fenster und Außentüren DIN EN 14351-1. In allen diesen Regelwerken werden Fenster- oder Glas-U-Werte mit ­einer Stelle hinter dem Komma angegeben, auf welche kaufmännisch gerundet wird. Danach ist ein berechneter Uw = 1,349 W/m2K ein derzeit mit ­ Uw = 1,3 W/m2K auszuweisender Wert. Bei enger Betrachtung der neuen Vorgabe wird mit dem genannten Beispielwert ein Uw = 1,30 W/m2K nicht erreicht. Der Verordnungsgeber hat hier der Branche einen Bärendienst erwiesen – es wird nicht lange dauern, bis ein kritischer Kunde sich die Hundertstel-Stelle hinter dem Komma zeigen lässt, um Zahlungen einzubehalten. Da dürfte auch ein Verweis auf die Uw-Ermittlung nach eingeführten Regeln wenig helfen.

Die EnEV 2009 ist nur ein Zwischenschritt für weitere Verschärfungen der Wärmedämm-Anforderungen. Angekündigt ist bereits eine EnEV 2012, bei der noch offen ist, ob die angedachte Anhebung des Anforderungsniveaus ­ um weitere 30Prozent sich wieder auf den Jahres-Primärenergieeinsatz oder doch gar auf die Bauteil(-Referenz-)Werte beziehen wird. In jedem Fall wird das nicht nur Glas-U-Werte deutlich unter 1,0 bedeuten, sondern eine wirkliche Verbesserung bei den Rahmen-U-Werten, die sich dann ebenfalls um den genannten Zahlenwert bewegen werden müssen. Diese Verbesserungen sollten direkt in die Wege geleitet werden.—

Der Autor

Dipl.-Wi.-Ing. Reiner Oberacker ist Leiter der Technischen Beratung im Fachverband Glas Fenster Fassade Baden-Württemberg, Karlsruhe.

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