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Optimierte ISO-Produktion (Folge 1)

Wie fit ist mein Betrieb?

Statt den Blick auf sinkende Aktienkurse zu werfen, sollten sich Verarbeiter auf die Auftragsaquise konzentrieren und die Anforderungen der Kunden im Auge haben. Auch gilt es, Zeit- und Kosteneinsparpotenziale, die in der eigenen Betriebsorganisation verborgen sind, zu erkennen und zu erschließen.

Als ersten Schritt zur Optimierung muss sich der Glasverarbeiter die Fragen stellen: „Ist mein Betrieb wirklich gut genug aufgestellt, eine drohende Rezession zu überstehen? ‚Wo‘ und vor allem ‚wie‘ kann ich meinen Betrieb soweit ‚trimmen‘, um flexibel auf die sich ändernden Marktanforderungen reagieren zu können?“

Am Beispiel einer ISO-Linie in einem Musterbetrieb soll gezeigt werden, wo sich Kostenfresser verstecken, welche Maßnahmen zu deren Reduzierung beitragen und wie die Produktivität dadurch deutlich gesteigert wird. (Tabelle 01).

Deutlich zu erkennen sind in unserem Beispielbetrieb, die Abweichungen der tatsächlich benötigten Zeiten zur Bearbeitung einer ISO-Einheit von den technisch bedingten Zykluszeiten. Verursacht werden diese Abweichungen z.B. durch:

  • fehlendes Glas,
  • nicht oder falsch sortiertes Glas,
  • Unterbrechungszeiten, die beim Wechsel des Fertigungslaufes entstehen,
  • fehlende oder falsche Abstandhalter,
  • Zeit für die Suche fehlender Teile etc.

Alle Maßnahmen, die diesen Kostenfressern entgegenwirken, reduzieren die Ausfallzeiten und erhöhen damit zwangsläufig den Output und die Produktivität (Tabelle 02).

Was bedeutet Produktivität?

Wovon spricht man eigentlich, wenn man nach der Produktivität des Betriebes fragt ?

Produktivität ist ein volkswirtschaftlicher Begriff und drückt die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens aus. Damit bezeichnet man das (Mengen-)Verhältnis zwischen dem, was produziert wird (Output) und den dafür eingesetzten Ressourcen (Input), worunter die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital zu verstehen sind. Als Messzahl (in %) gibt die Produktivität Auskunft über die Effizienz von Herstellungsprozessen. Dabei wird der Output als Menge pro Zeiteinheit angegeben. Beim Produktionsfaktor Arbeit wird dagegen oft auf die Anzahl der eingesetzten Arbeitsstunden zurückgegriffen.


Viele Betriebe der glasverarbeitenden Industrie verwenden Zeitwirtschafts-Systeme (selbst wenn es sich dabei „nur“ um Ist-Werte aus der Vergangenheit handelt), mit deren Hilfe die produzierte Glasmenge zeitlich bewertet und den eingesetzten Arbeitsstunden gegenübergestellt wird. Es reicht aber bei Weitem nicht aus, nur die Kennzahl „Produktivität“ zu ermitteln. Entscheidender ist, deren Entwicklung zu beobachten, durch ganz konkrete Maßnahmen schnell zu steigern und anhaltend Kosten zu sparen.

Die Produktivitätssteigerung ist eine unerlässliche Komponente zur nachhaltigen Reduzierung der Herstellkosten und Wertsteigerung des Unternehmens. Neutrale Untersuchungen und Erfahrungen aus eigenen Projekten zeigen, dass noch immer ein hohes Potenzial für Kosteneinsparungen in allen Wertschöpfungsstufen besteht! Rund 30 bis 40 Prozent der vergüteten Arbeitszeit tragen nicht direkt zur Wertschöpfung bei. Umgerechnet auf Tage werden pro Mitarbeiter etwa 65 bis 85 Arbeitstage im Jahr mit Tätigkeiten verbracht, die nicht der Wertschöpfung dienen. Der Reduzierung solcher nicht gewinnbringender Zeiten sollten Betriebsleiter und Geschäftsführer mehr Beachtung schenken.

Die Chancen der Produktivitätssteigerung durch die Optimierung des Betriebes sind unabhängig von der Betriebsgröße. Auch für die „Kleinen“ lohnt es sich, ihre Vorteile wie der regionale Standort direkt am Kunden, schnelle Reaktionsfähigkeit (kurze Lieferfristen) und stimmige Leistung (Qualität spricht sich herum) durch eine erhöhte Produktivität noch attraktiver zu machen.

Ist meine Fertigung wirklich effizient?

Wie aber stellt man fest, wie es um die Produktivität seines Betriebes steht? Beantwortet man die nachfolgenden Fragen (soweit diese auf die eigene Firma zutreffen), erhält man Anhaltspunkte, wie es in der eigenen Firma mit der „Produktivität“ im Vergleich zu den Branchenbesten steht.

In Tabelle 03 kann man markieren, wo die eigenen durchschnittlichen Werte liegen. Man notiert dann, wie oft jeweils mit A, B, C, D oder E markiert wurde, und multipliziert den Eintrag mit dem angegebenen Beiwert. Dann addiert man die Gesamtpunktzahl. Anhand des Musterbetriebs (Tabelle 03) ergeben sich dabei folgende Werte: für Zuschnitt A (bis 550 m2), für Kantenbearbeitung B (bis 250 m), für ESG D (bis 10 t).


Bewertung der Ergebnisse

3 bis 6 Punkte: Alles im Lot.

Hier scheint die Produktivität ausgeglichen, sie genießt im Betrieb einen hohen Stellenwert und wird als wichtiger Faktor für den Erfolg erkannt. Ab und an genauer hinzusehen, vor allem wenn Veränderungen anstehen oder durchgeführt wurden, schadet jedoch nicht. Die Fähigkeit, Änderungen zu reflektieren und harmonisch in das funktionierende Umfeld einzubinden, ist der erste Schritt zu weiterer Verbesserung.

7 bis 10 Punkte: Das bedeutet abwägen.

In diesen Unternehmen wurde schon einiges in Bewegung gesetzt, aber man befindet sich noch immer im Mittelfeld. Hier sollte die Geschäftsleitung abwägen, ob sie durch den Einsatz eines gezielten Produktivitäts-Managements die Effizienz des Betriebs weiter steigern will. Genügt es, Regionalliga zu spielen, oder will man in die Bundesliga aufsteigen? Noch wird sich der Aufwand dafür in überschaubaren Grenzen halten.

11 bis 15 Punkte: beste Chancen.

Dieser Produktivitätszustand entspricht unserem Musterbetrieb. Dort scheinen die Arbeitsabläufe in vielen Bereichen nicht effizient zu sein, Produktivität und Effektivität lassen zu wünschen übrig. Das sind ideale Voraussetzungen für ein „Turnaround-Programm“, um dem Betrieb neuen Schwung zu verleihen. Allein mit dem eigenen Personal ist das jedoch kaum zu bewerkstelligen. Vorhandene Kapazitäten werden vielfach anderweitig „gebraucht“ oder zumindest eingesetzt. Externe Hilfe wird dringend angeraten, die Investition in spezialisierte Berater ist selbsttragend und amortisiert sich in kürzester Zeit.—

In Teil 2 der Serie im nächsten Heft: Wie lassen sich Kapazitäten und Produktionsanlagen im Betrieb effizienter nutzen.

Der Autor

Dipl.-Ing. Wolfgang Reichmuth ist als Berater für Glasverarbeiter in Sachen Betriebsorganisation aktiv.

Tel. (02 21) 46 75 02 60

info@betriebsberatung-wr.de

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