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Produktnorm DIN 14351-1

CE-Zeichen im betrieblichen Alltag

_In der Produktnorm DIN EN 14351-1:2006-7 werden die „Spielregeln“ für die Ermittlung der Eigenschaften und technischen Kennwerte, die formalen Aspekte der Kennzeichnung sowie die Pflichten und Aufgaben des Herstellers beschrieben. Das CE-Zeichen berechtigt zum europaweiten Handel von Fens­tern und Außentüren. Allerdings bedeutet dies nicht, dass ein Produkt mit bestimmten Eigenschaften auch in allen EU-Ländern den baurechtlichen Ansprüchen entspricht, denn die europäischen Staaten können die Anforderungen an die Leistungseigenschaften unterschiedlich festlegen. Beispielsweise entspricht ein Fenster mit einem UW-Wert von 2,1 W/(m2K) zwar den Anforderungen in Griechenland, aber nicht denen in Deutschland, für die die neue EnEV einen UW-Wert von 1,30 W/(m2K) fordert, die am 1.10.2009 in Kraft tritt. Dies gilt sinngemäß auch für weitere Eigenschaften. Für Hersteller, die ihre Produkte grenzüberschreitend handeln, ist deshalb die Kenntnis der jeweiligen nationalen Anforderungen notwendig.

Da die Fenster unter das Konformitätsverfahren Typ 3 fallen, übernimmt der Hersteller die volle Verantwortung und das Haftungsrisiko für alle notwendigen Nachweise des Verfahrens und dokumentiert dies zivilrechtlich mit seiner Unterschrift auf der geforderten Konformitätserklärung. Neben der Auseinandersetzung mit den Details der Umsetzung sollte der Unternehmer zunächst einige grundsätzliche Fragen beantworten, die von strategischer Bedeutung für sein Geschäft sind.

  • Soll ich nur die Mindestangaben, (mandatierte Eigenschaften Windlast, Sicherheitsvorrichtungen, Schall-/Wärmeschutz, Luftdurchlässigkeit, Anhang ZA, Tabelle ZA 1) ermitteln und kennzeichnen?
  • Kann ich es mir leisten nicht mandatierte Eigenschaften, beispielsweise den Einbruchschutz mit npd (no performance determined) zu kennzeichnen, was frei übersetzt heißt „ich habe keine Ahnung welche Eigenschaften mein Produkt hat“?
  • Nutze ich einfache Tabellenverfahren mit „schlechteren“ Werten, berechne Werte oder lasse diese prüfen?
  • Kann ich Nachweise und Prüfberichte eines „Systemgebers“ im Rahmen des Cascading ITT nutzen oder nutze ich mit anderen Herstellern die Möglichkeiten des Shared ITT?
  • Wie wähle ich die repräsentativen Probekörper aus? Wähle ich ein Fenster mit „Extremformaten“ und nehme tendenziell schlechtere Werte in Kauf oder bilde ich Untergruppen und erhöhe damit den Aufwand für die Ermittlung der Kennwerte?
  • Nutze ich die Forderung für eine werkseigene Produktionskontrolle zur Qualitätsverbesserung oder erfülle ich nur formale Auflagen?

ITT als Herz des CE-Zeichens

Eine zentrale Aufgabe des CE-Zeichen ist es, dem Fensterkäufer vergleichbare Kennwerte in übersichtlicher Form an die Hand zu geben. Deshalb nimmt die Ersttypprüfung (Initial Type Test, ITT) eine bedeutende Rolle ein. In DIN EN 14351-1 heißt es hierzu in Abschnitt 7.2.1 „ Die Erstprüfung (ITT = ­initial type testing) ist durchzuführen, um die Übereinstimmung mit dieser europäischen Norm aufzuzeigen. […] Für Prüfzwecke (einschließlich werkseigene Produktionskontrolle) können Fens­ter und Außentüren zu Produktfamilien zusammengefasst werden, von denen angenommen wird, dass die ausgewählte Eigenschaft für alle Fenster und Außentüren dieser Familie gleich ist (ein Produkt kann hinsichtlich verschiedener Eigenschaften verschiedenen Familien angehören)“. Die Ersttypprüfung (ITT) ist die einmalige Ermittlung der Leistungseigenschaften eines Produktes z.B. zu Beginn der Produktion an repräsentativen Mustern bzw. Prototypen. Der Begriff Erstprüfung wird hierbei nicht nur für physische Prüfungen (Messung) einer unabhängigen, baurechtlich anerkannten und notifizierten Prüfstelle verwendet, sondern auch für Berechnung oder tabellierte Referenzwerte als andere Wege zum Nachweis der Konformität. Wird der ITT an verschiedenen Probekörpern vorgenommen, so hat der Hersteller oder eine von ihm beauftragte notifizierte Stelle die Prüf­ergebnisse für das Produkt oder die Produktfamilie in einem zusammenfassenden ITT (Produktpass) zu dokumentieren. Die werkseigene Produktionskontrolle stellt sicher, dass alle gefertigten Produkte die gleichen Leistungseigenschaften aufweisen wie der im ITT bewertete Probekörper.

Mit dem 1. Amendment EN 14351-1/A1 zur Produktnorm (verfügbar als prEN 14351-1;2009-08 beim Beuth Verlag) können die Werte für Schall-/Wärmeschutz und Luftdurchlässigkeit aus Tabellen entnommen werden, sodass eine CE-Kennzeichnung auch ohne Prüfung möglich ist. Allerdings sind die Kennwerte aus Tabellen tendenziell schlechter, da diese mit Sicherheitsfaktoren beaufschlagt sind. So kann beispielsweise ein konstruktiv gleiches Fenster unterschiedliche UW-Werte haben, die bis zu 0,3 W/(m2K) abweichen, je nachdem welches Nachweisverfahren genutzt wurde.

Eine interessante Option für den Nachweis ist das Verfahren „Cascading ITT“, bei dem ein „Systemgeber“ als Produktentwickler und Lieferant der Komponenten auftritt und der Systemnehmer dann das vorgegebene System zu einem Produkt (Fenster bzw. Tür) verarbeitet. In diesem Verfahren ist es üblich, Proben des Systemgebers zu prüfen und die Prüfergebnisse werden dann vom Verarbeiter verwendet. Diese weit verbreitete Vorgehensweise findet sich in DIN EN 14351-1, Abschnitt 7.2.1, in der der Systemgeber unter dem Begriff „Lieferant oder anderer“ genannt ist. Im Amendment EN 14351-1/A1 werden die Angaben zum Verfahren in Abschnitt 7.2.5 wie folgt noch eindeutiger beschrieben: „Konstrukteure von Fenstern oder Außentüren (der entweder ein Bauteilhersteller, ein Konstrukteur, ein „Systemhaus“ oder eine Stelle sein kann, die den Herstellern eine übliche Dienstleistung erbringt), die ein Fens­ter ­oder eine Außentür konstruieren, dürfen ein mithilfe der von ihnen oder von anderen hergestellten Bauteilen „zusammengebautes Produkt“ zur Erstprüfung durch eine unabhängige Stelle in Abhängigkeit von den in Tabelle ZA.1 aufgeführten Leistungsmerkmalen vorlegen und anschließend den Bericht der Erstprüfung dem „Zusammenbauer“, d.h. dem tatsächlichen Hersteller der auf den Markt gebrachten Produkte, zur Verfügung stellen. In diesem Fall darf der Konstrukteur des Fensters oder der Außentür den Bericht der Erstprüfung den zusammenbauenden Herstellern auf der Grundlage der „hierarchischen Stufung“ zur Verfügung stellen.“ In Abschnitt 7.2.5.2 werden dann die Bedingungen für die Anwendung der Ergebnisse der Erstprüfung detailliert benannt.

Bedeutung der WPK

Neben dem ITT ist die werkseigene Produktionskontrolle (WPK) der zweite zentrale Baustein im Konformitätsverfahren. Hierzu heißt es in DIN EN 14351-1 in Abs. 7.2. „Der Hersteller muss ein System der werkseigenen Produktionskontrolle einrichten, dokumentieren und aufrechterhalten, um sicherzustellen, dass die auf den Markt gebrachten Produkte mit den angegebenen Leistungseigenschaften übereinstimmen. Das System der werkseigenen Produktionskontrolle muss aus Verfahrensweisen bestehen, aus regelmäßigen Inspektionen und Prüfungen und/oder Bewertungen und der Umsetzung der Ergebnisse im Hinblick auf die Überprüfung von Rohstoffen und weiteren eingehenden Werkstoffen oder Bauteilen, Ausrüstung, des Fertigungsverfahrens und des Produktes.“

Dies zeigt deutlich das enge Zusammenspiel zwischen ITT und WPK, denn im Umkehrschluss muss bei geänderten Produktionsverfahren und Materialien auch der ITT wiederholt werden, falls sich die Eigenschaften ändern könnten. Einen hohen Stellenwert nimmt im gesamten Verfahren die Dokumentation ein, denn im Reklamations- oder Schadensfall muss der Unternehmer nachweisen, dass zum Zeitpunkt der Herstellung die o.g. Übereinstimmung gegeben war. Zum Aufbau der Dokumentation im Rahmen der WPK gibt es zwei prinzipielle Ansätze.

  • Arbeitsplatzbezogene Dokumentation,
  • Auftragsbezogene Dokumentation.

Es ist jedem Hersteller freigestellt, für welche Art der Dokumentation er sich entscheidet, oft kann auch eine Kombination die ideale Lösung sein. Wichtig ist nur, dass sämtliche Prozesse in der WPK definiert und dokumentiert sind, die die deklarierten Eigenschaften beeinflussen. Hiermit wird sichergestellt, dass die WPK-Maßnahmen und die Sicherstellung der im ITT ermittelten Kennwerte bei einer möglichen Kontrolle oder im Schadens- bzw. Reklamationsfall nachgewiesen werden können. Wichtig ist, dass die Einhaltung der deklarierten Werte nachvollziehbar sichergestellt werden kann. Oft stellt sich die Frage, ob Fertigprodukte (gebrauchsfertige Fenster oder Türen) auch einer regelmäßigen Überprüfung auf einem Prüfstand zu unterziehen sind. Die Produktnorm DIN EN 14351-1 macht hierzu keine Vorgaben. Der Hersteller kann somit auch „indirekte“ Prüfungen und Messgrößen heranziehen, beispielsweise die Überprüfung der konstruktiv wichtigen Abmessungen, die Ausbildung und Ausführungsqualität der Dichtungen und Dichtungsebenen oder auch eine regelmäßige Messung auf einem geeigneten Prüfstand vorsehen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Prüfstandsmessungen sinnvoll sind, da die funktionalen Abhängigkeiten der unterschiedlichen Einflussgrößen (Messgrößen) vielschichtig und ohne Prüfung schwierig abzuschätzen sind. Neben den rein formalen Anforderungen an die WPK sollte diese Gelegenheit auch als Chance zur Verbesser­ung der Qualität, der Steigerung der Produktivität und der Verringerung der Reklamationen genutzt werden. Hilfestellungen bieten hier die technischen Berater des ift, der RAL Gütegemeinschaften, der Systemgeber und der Handwerksverbände.

Fazit

Am Konformitätsverfahren und der CE-Kennzeichnung sind viele Akteure beteiligt (Hersteller, Systemgeber, Importeure, Bevollmächtigte, Prüfstellen, Händler und Monteure). Der Hersteller ist dabei für den Entwurf und die Herstellung eines Produktes verantwortlich. Dies gilt auch, wenn er Produkte nur zusammenbaut, verpackt, verarbeitet oder etikettiert. Er muss dabei die Oberaufsicht behalten, auch wenn er Teile oder das ganze Verfahren an einen Subunternehmer abgibt und behält die alleinige und unmittelbare Verantwortung für die Konformität seines Produktes. Auf jeden Fall ist darauf hinzuweisen, dass derjenige für die Richtigkeit der Kennwerte und des Verfahrens haftet, der die CE-Kennzeichnung anbringt bzw. durchführt und die Konformitätserklärung unterschreibt. Deshalb ist eine umfangreiche Beschäftigung mit dem gesamten Verfahren ratsam. Eine Hilfestellung bietet dabei der Kommentar zur DIN EN 14351-1, in dem der Sachverhalt aus technischer und rechtlicher Sicht beschrieben wird.—

Detaillierte Grundinformationen zum CE-Zeichen werden in der GLASWELT Heftausgabe 09/2008 vermittelt. Darin werden die Vorgaben aus der EN 14351-1 und die Angebote der Institute, Verbände und Firmen genauer erläutert. Im Heft 07/2009 zeigte die GLASWELT Praxisbeispiele zur Einführung der WPK.

Autoren

Ulrich Sieberath ist Leiter des ift Rosenheim und Mitarbeiter in vielen technischen Ausschüssen und Fachgremien, Gutachter, Fachreferent, Autor und Lehrbeauftragter.

Jürgen Benitz-Wildenburg ist am ift Leiter PR & Kommunikation und Mitautor des Kommentars zur DIN 14351-1.

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