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Explosionsschutz mit Structural Glazing

Gläserner Schutzschild

Der Trend zu mehr Transparenz und Filigranität sorgt heute dafür, dass immer mehr Glas bei immer weniger Rahmen das Design der Fassade bestimmt. Damit kommt dem Werkstoff Glas eine ganz zentrale Bedeutung zu, da er einer ganzen Reihe von Anforderungen gerecht werden muss: Diese ergeben sich aus vielfältigen Faktoren, z.B. Wärmeschutz und Sicherheit, die technisch ausgereifte Lösungen verlangen.

Die „Fassadenhaut“ muss heute multifunktionale Aufgaben übernehmen. Mit dem Klimaschutz und der Maßgabe der CO2-Reduktion verschärfen sich nachhaltig die Anforderungen an den Wärmeschutz. Das Glas als wesentliches gestalterisches Element spielt somit automatisch auch eine wichtige Rolle bei der Energiebilanz einer Fassade, da es im Vergleich zu den Rahmenkonstruktionen deutliche Vorteile durch seine guten wärmeschützenden Eigenschaften mitbringt. Glasbeschichtung und Glasaufbau in verschiedenen Kombination spielen dabei ­eine ­entscheidende Rolle. Neben der Wärmedämmung im Winter, gilt es auch den sommerlichen Wärmeschutz in der Energiebilanz zu ­berücksichtigen ist.

Structural Glazing ist letztlich das wichtige Glied in der Kette, wenn es darum geht, das „Hightech-Glas“ von außen so in die Fassade zu integrieren, dass durch die statisch wirksame Verklebung mit Silikon-Konstruktionsklebern eine durchgehende Fassadenhaut entsteht. Dies eliminiert die technische Erfordernis, Metall in den Außenbereich der Fassade zu bringen (Bild links unten).

Über die letzten Jahrzehnte hat sich die Structural Glazing (SG) Technologie mit Silikon-Konstruktionsklebern etabliert, sodass damit heute leistungsfähige und gestalterisch ansprechende Fassaden gestaltet werden können – wartungsarm durch die glatte Fassadenhaut und dauerhaft durch außerordentliche Silikoneigenschaften.

Seine einzigartige Polymerstruktur verleiht Silikonen eine herausragende Langlebigkeit, die die Lebensdauer von organischen Kleb- und Dichtstoffen, wie beispielsweise Polyurethanen oder Polysulfiden, weit übertrifft.

Hauptmerkmal des Silikon-Polymers (PDMS), das neben der Dauerhaftigkeit auch für die elas­tischen Eigenschaften verantwortlich ist, ist das anorganische Siloxan-Rückgrat (Si-O-Si). Hieraus ergeben sich die Vorteile, die Silikone zum favorisierten Kleber-Material in Structural Glazing Anwendungen machen: Alterungs-, Witterungs-, Temperatur- und UV- Beständigkeit bei gleichzeitig hoher Kraftaufnahme. Die Leistungsfähigkeit von Structural-Glazing-Ver­klebungen steht heute außer Frage und hat dazu geführt, dass sie auch im Bereich der „schützenden Verglasungen“ eingesetzt werden können.

Schützende Verglasungen

Zu den schützenden Verglasungen zählen Anwendungen wie Einbruchsschutz, Hurrikane-Verglasungen, erdbebensichere Verglasungen, Lawinenschutz und aktuell auch Verglasungen mit explosionshemmenden Eigenschaften zum Schutz vor terroristischen Anschlägen.

Tragische Ereignisse der letzten Jahre haben dazu geführt, dass Planer zunehmend mit der Explosionshemmung von Fassaden konfrontiert werden. Das Ziel dabei: Leib und Leben vor Bombenanschlägen so gut wie möglich zu schützen. Gebäudebesitzer, Investoren und Versicherungen suchen hier nach leistungsfähigen Lösungen, um den Schutz von Personen im Inneren des Gebäudes im Bedarfsfall sicherstellen zu können, insbesondere auch bei öffentlichen Gebäuden.

Der Architekt und Planer steht beim Explosionsschutz vor einer besonderen Herausforderung. Glas als gestalterisches Element, das Filigranität und Transparenz schaffen soll, steht der Maßgabe gegenüber, Sicherheit und Schutz gewährleis­ten zu müssen, wobei es gilt, eine architektonische „Bunker-Lösung“ zu vermeiden.

Schutz einerseits und Glas in der Fassade andererseits, scheint auf den ersten Blick bei derartigen Belastungen ein Widerspruch zu sein.

Dabei kann sich der Architekt jedoch auf bewährte Silikon-Konstruktionskleber verlassen, die beim Explosionsschutz in Verbindung mit (Verbund-) Glas eine zentrale Funktion und Rolle spielen. Hier verbindet die Structural Glazing Technologie nicht nur das Glas mit dem Rahmen, sondern auch Architekturdesign mit Explosionsschutz. Entsprechende Fassadenprojekte wurden mit Erfolg sowohl in Europa als auch im Nahen Osten bereits realisiert. Die Projekte DS2 in London bzw. das schottische Parlament in Edinburgh sind bekannte Beispiele für Structural Glazing Fassaden, die die hohen Anforderungen an den Explosionsschutz erfüllen. Diese Glaskonstruktionen in Verbindung mit Explosionsschutz haben den Charme, dass neben den technischen Erfordernissen (Wärmeschutz, Brandschutz, etc.). auch der Ästhetik, durch große, lichte Glasansichten Rechnung getragen wird.

Warum Silikon-Konstruktionskleber für den Explosionsschutz

Dauerhaftigkeit und Flexibilität wurden bereits angesprochen. Der maßgebliche Punkt, der Spezial-Silikone für gläserne Fassadenanwendungen favorisiert, ist insbesondere die viskoelastische Eigenschaft von Silikonen. Diese ist für den Explosionsschutz von wesentlicher Bedeutung. Europäische Standards, die den Bereich der „geklebten Fassade“ (Structural Glazing) regeln (ETAG 002), sind vorhanden. Passend dazu gibt es heute am Markt spezielle Silikon-Konstruktionskleber, die diese hohen EU-Anforderungen erfüllen. Basierend darauf haben die eingesetzten Konstruktionskleber alle eine CE-Kennzeichnung.

Verklebungen unter Explosionslast

Im Juli 2000 wurde im Zentrum von Madrid ein terroristischer Anschlag mit einer Explosionslast von etwa 20 kg verübt. Hierbei wurde eine ­4-seitig verklebte Structural Glazing Fassade zerstört, die nicht explosionshemmend ausgelegt war. Das Floatglas wurde durch die Explosion komplett zersplittert, allerdings war im Randbereich die Silikonverklebung rundumlaufend noch intakt. Die Haftung des Glases zum Silikonkonstruktionskleber war also trotz der immensen Explosionslast noch vollständig erhalten.

In Feldversuchen wurde ein Structural Glazing System unter realen Explosionslasten getestet. Es wurde dabei einer Explosionslast von etwa 12 kg TNT in einer Entfernung von etwa sechs Metern ausgesetzt. Der Explosionsdruck in der Belastungsspitze betrug etwa 384 kPa. Die gesamte Explosionsenergie betrug etwa 548 kPa-msec bei einer Gesamtdauer von nur 6 Millisekunden. Das Foto links oben zeigt das Ergebnis eines Versuches, bei dem laminiertes Glas mit Silikon-Konstruktionsklebern rundumlaufend am Rahmen verklebt worden ist.

Nach der Explosion wurde das Fassadenelement begutachtet. Die laminierten Glaselemente wurden durch den Silikon-Konstruktionskleber komplett im Rahmen gehalten. Die Konstruktion hatte den Test bestanden.

Systeme, die für den konstruktiven Explosionsschutz entwickelt werden, hängen von verschiedenen komplexen Parametern ab. Hierzu zählen beispielsweise die Steifigkeit des Rahmensystems, die Größe der gewünschten lichten Glasfläche, die Glasart, die Laminierung, der Explosionsdruck und letztlich das Design der Verklebefuge. Der Erfolg einer entsprechenden Fassadenanwendung ist hierbei abhängig von der Gesamtbetrachtung der einzelnen Parameter.

Die momentan verfügbare Richtlinie, die die Anforderungen an das Design für schützende Verglasungssysteme definiert, trägt den Namen „ASTM C1564 Standard Guide for the Use of Silikone Sealants for Protective Glazing Systems“. Dort finden Planer und Verarbeiter auch die relevanten Informationen.—

Der Autor

Markus Plettau ist bei Dow Corning als Key Account Manager im Bereich Bauprojekte tätig. Er betreut von Wiesbaden aus den gesamten deutschsprachigen Raum (D, A, CH). markus.plettau@dowcorning.com

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