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Glasbruch durch thermische Beanspruchung

Wer haftet denn jetzt?

Bei der Planung von Fassaden und Fenstern mit den zugehörigen Scheiben, muss die Umgebung der Gläser, von außen – Stichwort Beschattung – wie von innen – z.B. die Anordnung von Heizkörpern – berücksichtigt werden, um thermischen Brüchen vorzubeugen.

Wurde bei der Planung alles richtig gemacht, kann es dennoch im Zuge der Bauausführung zum Glasbruch durch thermische Belastungen kommen (Beispiel: Gussasphalt wird als Estrich eingebracht). Darüber hinaus kann das Verhalten der Nutzer eines Gebäudes Glasbrüche durch thermische Spannungen verursachen (Beispiel: Nachträglich auf die Scheiben aufgebrachte Folien). Ob es letzten Endes zum Glasbruch kommt, hängt weiter von der handwerklichen Qualität des Einbaus (der Gläser) ab.

Wann ist eine Scheibe mangelhaft?

Ist eine Scheibe, die durch thermische Beanspruchung springt, mangelhaft?

Eine scheinbar einfache Frage. Trotzdem wird sie von Kunden, Glasherstellern und Verarbeitern unterschiedlich beantwortet. Nach den Vorschriften des BGB ist eine Sache mangelhaft, wenn sie nicht die vereinbarte Beschaffenheit besitzt.

Ist eine Beschaffenheit nicht vereinbart, ist eine Scheibe mangelhaft, wenn sie sich nicht für die konkret vorgesehene Verwendung eignet, wie im Vertrag definiert und vorausgesetzt.

Kennen die Vertragsparteien die konkret vorgesehene Verwendung nicht, ist eine Sache mangelhaft, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und ihr Eigenschaften fehlen, die der Vertragspartner (Kunde), d.h. der Fensterbauer sowie der Endkunde, erwarten kann.

Diese Systematik gilt für Kaufverträge und Bauverträge. In der VOB Teil B wurde diese gesetzliche Mangel-Definition übernommen.

Um Streitigkeiten aus dem Wege zu gehen, empfiehlt es sich, die thermische Belastbarkeit des Glases als Beschaffenheitsvereinbarung, ausdrücklich mit in den Vertrag aufzunehmen.

Wer haftet beim Scheibenbruch?

Wer verantwortlich ist und wer haftet, richtet sich danach, wer den Bruch verursacht hat. Darüber hinaus kann eine Haftung aufgrund unterlassener Aufklärungs- und Hinweispflicht entstehen. Aus der DIN 18361 – Verglasungsarbeiten – ergeben sich keine unmittelbaren Aufklärungs- und Hinweispflichten bzgl. der Gefahr von Spannungsbrüchen. Empfohlen sei ein Blick auf das VFF-Merkblatt V.02 (VFF Merkblatt V.02:2012-09) zur thermischen Beanspruchung von Gläsern in Fenstern und Fassaden.

Unbedingt beachten

Der Glashersteller/Händler kennt die konkreten Verhältnisse des Bauvorhabens, in dem sein Glas verbaut wird, meist nicht. Er muss dafür sorgen, dass die Grenzen der thermischen Belastung als Beschaffenheitsvereinbarung in den Vertrag mit dem Käufer aufgenommen werden. Das kann durch die Produktbeschreibung, auf deren Grundlage eine Bestellung erfolgt, geschehen. Auf jeden Fall sollte man die erforderlichen Angaben nochmals in der Auftragsbestätigung festhalten. Findet eine Beratung des Käufers statt, ist es sinnvoll, den Kunden nachweislich über die Problematik zu informieren (siehe dazu das genannte VFF Merkblatt).

Auch der Verarbeiter sollte auf eine Beschaffenheitsvereinbarung in seinem Vertrag hinwirken. Findet er auf der Baustelle Verhältnisse vor, die Probleme durch thermische Beanspruchung erwarten lassen oder erkennt er dies bereits auf Bauplänen, so muss er gegenüber seinem Auftraggeber ­Bedenken anmelden.

Wird der Verarbeiter bei Glasschäden durch thermische Spannungen in Anspruch genommen, die Ihren Ursprung in der vom Auftraggeber gestellten Planung haben, hat dies zwei Auswirkungen. Zum einen kann er dem Auftraggeber eine Mitverursachung bzw. ein Mitverschulden entgegenhalten. Zum anderen kann er ggf. Rückgriff auf den vom Auftraggeber eingeschalteten Planer oder Architekten nehmen.

Der Architekt oder Fassadenplaner muss bei seiner Planung ausschließen, dass es aufgrund der Planung zu thermischen Glasbrüchen kommen kann. Ist das nicht möglich, ist zu prüfen, ob bei der Verglasung nicht auf ESG zurückgegriffen werden kann. Darüber hinaus sollte der Planer auch seinen Auftraggeber (den Investor oder Endkunden) darauf hinweisen, dass ein falsches Nutzerverhalten zum Glasbruch führen kann.

Fazit

Der Nutzer eines Gebäudes ist darauf angewiesen, dass ihm Architekten, Fassadenplaner oder Verarbeiter entsprechende Hinweise zum Nutzungsverhalten geben, damit er seinen Teil dazu beitragen kann, dass es nicht zum Glasbruch durch thermische Belastung kommt. Deshalb muss allen beteiligten Planern, Produzenten und Monteuren daran gelegen sein, ihrer Hinweispflicht nachzukommen, auch um sich selbst abzusichern.—

Der Autor

Dr. Achim Mundt ist seit rund 10 Jahren als Rechtsanwalt im Bau- und Immobilienrecht tätig und Autor zahlreicher Veröffentlichungen u.a. in der GLASWELT. Schwerpunktmäßig vertritt er Firmen und Mandanten aus der Glas- und Stahlbaubranche.

info@dr-mundt.comhttp://www.dr-mundt.com

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