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Werden Sonnenschutzgläser zum Standard?

Dem Klimawandel trotzen

Der Bedarf an energieeffizienten Gläsern ist während der letzen Dekade dramatisch gestiegen. In Regionen mit gemäßigtem oder kaltem Klima sind Gläser mit verbessertem Wärmeschutz spätestens seit den gestiegenen Kosten für Heizenergie und politischen Entscheidungen zur Reduzierung von CO2 obligatorisch. Energieeinsparverordnungen in vielen europäischen Ländern (Deutschland gilt hier als Vorreiter) verlangen per Gesetz nach Gläsern mit bestmöglichem Wärmedämmvermögen, sowohl in Wohn-, als auch in öffentlichen Gebäuden.

Die Folge ist eine steigende Nachfrage nach ­effizienten Sonnenschutzgläsern mit integrierter Wärmeschutzfunktion. Allerdings treten vor ­allem im Nichtwohnbau Situationen auf, in ­denen hohe solare Gewinne zunehmend ­unerwünscht sind.

Ziel eines effizienten Sonnenschutzes muss es daher sein, möglichst viel Licht – also nur den sichtbaren Teil der Sonneneinstrahlung – in den Raum zu lassen und möglichst wenig Wärmeenergie. Das sichtbare Licht liefert nicht nur mehr als die Hälfte des gesamten Strahlungsangebotes der Sonne, sondern enthält auch eine große Menge Energie. Wer also eine helle Wohnung oder ein helles Büro wünscht, der holt sich auch automatisch Wärme ins Haus.

Zum Vergleich: Künstliche Beleuchtung weist weitaus schlechtere Werte auf. Glühbirnen etwa wandeln nur etwa ein Zwanzigstel der aufgenommenen elektrischen Leistung in Licht um, der weitaus größte Teil des verbrauchten Stroms ist nur eine ungewollte „Zusatzheizung“.

Erhöhte Temperaturen in Gebäuden haben gravierende Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Nutzer. Es ist davon auszugehen, dass bei einer Innenraumtemperatur von 28°C eben jene Leistungsfähigkeit auf rund 70 % sinkt, bei einer Temperatur von 30°C sind es nur noch 60 %. Dies betrifft nicht nur den gewerblichen Bereich, sondern auch das private Wohnen.

Einzelmaßnahmen reichen nicht

Maßgeblichen Einfluss auf das Innenraumklima haben neben der Bauart (schwer oder leicht), der Lüftung (Luftwechselrate) und den inneren Lasten (z.B. die Anzahl der Personen und elektrischen Geräte im Raum) natürlich auch der Sonnenschutz und die Fensterfläche. Nach einer Studie von Dr. Armin Schwab, Sachverständiger für Metall- und Glaskonstruktionen, ist jedoch der Einfluss der ersten drei Faktoren maßgeblich. Das heißt: Ohne ausreichende Speichermassen und ohne eine ausreichende Lüftung und definierte innere Lasten sind die anderen Maßnahmen – so effizient sie im Einzelfall für sich betrachtet sein mögen – keinesfalls ausreichend.

So wird ein Flachbau mit einfacher Dämmung, Gipskartontrennwänden und ohne ausreichende Nachtlüftung auch durch den Einsatz kleiner Fensterflächen und außenliegender Jalousien nicht zum Wohlfühlort im Sommer.

Umgekehrt heißt dies aber auch: Bei positiven Rahmenbedingungen hinsichtlich dieser Parameter lässt sich die Temperatur in Innenräumen auch bei Verwendung größerer Fensterflächenanteile von ca. 65 % deutlich reduzieren.

Um den Energieeintrag durch eine Verglasung zu verringern, können auf der Außenscheibe eines Isolierglases oder auch auf einer Einfachscheibe Sonnenschutzbeschichtungen aufgetragen werden. Sie verhindern durch Reflexion und/oder Absorption die Transmission von direkter Sonnenstrahlung.

Trend zu farbneutralen Schichten

Beschichtungen sind in Aufbau und Eigenschaften unterschiedlich konzipiert, je nachdem, ob sie als Einfachglas eingesetzt sind, geschützt im Scheibenzwischenraum liegen, biegefähig oder als beschichtete Scheibe vorspannfähig zu Einscheiben-Sicherheitsglas verarbeitet sind.

Mit wachsender Nachfrage nach ESG-Produkten kommt der Vorspannfähigkeit der Beschichtung eine besondere Bedeutung zu, da sie nicht nur die Fertigungsabläufe vereinfacht, sondern auch durch eine vereinfachte Logistik höhere Lieferzuverlässigkeit und Termintreue ermöglicht.

Während früher farbige und hochreflektierende Sonnenschutzgläser ausgewählt wurden, stehen heute weitgehend farbneutrale Beschichtungen im Vordergrund, die in ihrer optischen Wirkung von üblichen Wärmeschutzgläsern kaum noch zu unterscheiden sind.

Die Eigenschaften werden durch die Angabe des Lichttransmissionsgrades und des g-Wertes beschrieben. Typische Wertepaare sind zum Beispiel 70/40, 60/30 und 50/25. Im Vergleich dazu liegen Wärmeschutz-Isolier-Glasscheiben bei ∼80/60, also einem Lichttransmissionsgrad von 80 % und einem g-Wert von 60 %. Der Wärmedurchgangskoeffizient (Ug-Wert nach EN 673) beträgt mit einer üblichen Argongasfüllung 1,1 W/m2K.

Mit SGG Cool-Lite Xtreme 60/28 steht erstmals ein Sonnenschutzglas zur Verfügung, dessen extrem niedrige Energietransmission von 28 % einhergeht mit einer Lichtdurchlässigkeit von 60 %.

Das Glas hat eine Selektivität von 2,14, und sorgt durch den U-Wert von 1,0 W/m2K bei 2-fach-Isoliergläsern im Standardaufbau für eine hohe Energieeffizienz. Gleichzeitig schafft es eine helle Atmosphäre und lässt zu jeder Jahreszeit ausreichend Licht in Räume. Trotzdem bleibt die Wärme der Sonne weitgehend draußen, was nicht nur die Betriebskosten des Gebäudes reduziert, auch die Aufheizung der Räume wird gemindert – im Vergleich zu Wärmeschutzglas um bis zu 5C (je nach Bauart, Lüftung, inneren Lasten etc.). Konkret bedeutet dies: Mit einer ausgeprägten Sonnenschutzverglasung können Innenraumtemperaturen dauerhaft gesenkt und Überschreitungen der thermischen Behaglichkeitsgrenze von 26 Grad im Raum um 60 % reduziert werden.

Oftmals wird übersehen, dass die EnEV auch ganz klare Forderungen an den sommerlichen Wärmschutz stellt. Die EnEV verweist hier auf die DIN 4108-2, in der Anforderungen an maximale, dauerhafte Innenraumtemperaturen gestellt werden.

Konkret bedeutet dies für die meisten Regionen in Deutschland: Die Dauerhafte Höchsttemperatur im Gebäude beträgt 26°C. Diese darf nur an höchstens 10 % der Aufenthaltszeit überschritten werden. Hier wird eine effektives Sonnenschutzglas zwingend notwendig.

Sonnenschutzbeschichtungen kann man mit anderen Glasfunktionen kombinieren. Die Maße von Sonnenschutz-Isolierglas orientieren sich an den maximalen Bandmaßen (6000 x 3210 mm), und diese Gläser lassen sich wie jedes andere Glas einbauen.

Sonnenschutzsysteme im Vergleich

In den letzten Jahren gab es verschiedene Projektstudien zum Thema Wirksamkeit von Sonnenschutz und Sonnenschutzverglasungen. Eine dieser Untersuchungen – vom bereits erwähnten Dr. Armin Schwab – betrachtet verschiedene Gebäude mit hohem Anteil an Glasfassaden.

Schwab stellt fest, dass solare Gewinne durch unangemessene Bedienung von Sonnenschutzanlagen nicht nachgewiesen werden konnten und dass die Lebensdauer von Sonnenschutzanlagen noch weithin überschätzt werde. Eine andere Studie des Bundesbauministeriums beschreibt Sonnenschutzglas als die einfachste und preiswerteste aller Sonnenschutzmöglichkeiten, die zudem am besten unangepasstem Nutzerverhalten entgegenwirken kann. In einer vergleichenden Betrachtung kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die effizienteste aller Sonnenschutzmöglichkeiten eine Kombination aus leichtem Sonnenschutzglas und außenliegendem Sonnenschutz ist. Das leichte Sonnenschutzglas wirkt der Überhitzung in den Übergangszeiten entgegen, der zusätzliche außenliegende Sonnenschutz (z.B. Lamellen) reduziert die Einstrahlung bzw. Erwärmung – besonders an den heißen Sommertagen.

Nicht zuletzt können Bauherren durch den Einsatz von Sonnenschutzglas aktiv etwas für den Umweltschutz tun. Das ist der Tenor einer aktuellen Studie, die das niederländische Institut TNO im Auftrag der Organisation „Glass for Europe“ durchgeführt hat. Denn Sonneschutzgläser tragen dazu bei, dass der Einsatz von Klimaanlagen reduziert wird bzw. je nach Land und Anwendung ganz entfallen kann. Das TNO beziffert den Beitrag zum EU-Ziel zur CO2-Reduzierung in Gebäuden bei Szenario 3 mit 5 %. —

Der Autor

Ralf Vornholt ist bei Saint-Gobain Glass Deutschland, im technischen Marketing tätig.

https://www.saint-gobain-glass.de/de

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