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Studie zur Energiebilanz von Fenstern

Es geht auch per Faustformel

Da die Reduzierung des Energieverbrauchs von Gebäuden in den Bauordnungen der EU immer stärker in den Brennpunkt rückt, ist die energietechnische Leistungsfähigkeit von Fenstern die wohl am häufigsten diskutierte Eigenschaft in der Fensterbranche. Bei Diskussionen über die Renovierung der Altbaumasse ist der Ausgangspunkt in der Regel der Wärmeverlustkoeffizient UW der Fenster. Dies hat die Aufmerksamkeit verstärkt auf effiziente niedrigemissive Beschichtungen, Dreifachverglasung und hochdämmende Rahmenkonstruktionen gelenkt.

Aus den Verfahren zur Bestimmung des Energieverbrauchs von Neubauten ist jedoch bekannt, dass Fenster einen nicht unerheblichen Sonnenwärmebeitrag zur Energieversorgung des Hauses leisten. Dies sollte man auch bei der Renovierung als Anforderung an die Fenster berücksichtigen.

Um hier Klarheit zu schaffen, hat das Kasseler Ingenieurbüro Hauser (IBH), durch Dipl.-Ing. Stephan Schlitzberger und Prof. Dr. A. Maas in Zusammenarbeit mit der Velux A/S in Dänemark, eine Studie durchgeführt, die die Energieleistung von Fenstern im Bestand u.a. unter Berücksichtigung des passiven Sonneneintrags analysiert. Die Studie zeigt, dass die gegenwärtige Praxis mit einseitigem Schwerpunkt auf Wärmeverluste zu unrentablen und energiemäßig schlechteren Produkten führt, wenn nicht auch die solaren Zugewinne berücksichtigt werden.

Die Studie demonstriert weiter, dass es möglich ist, eine simple Formel für die Energiebilanz eines Fensters zu entwickeln, die die passiven solaren Zugewinne und den Wärmeverlust berücksichtigt und ein ausgewogenes Anforderungsprofil in Bauordnungen für den Austausch von Fenster-Komponenten ergeben würde. Diese Formel würde sich zudem für eine künftige, europäische Energiekennzeichnung für Fenster eignen.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie wurden vom IBH auf der letzten IBPSA-Konferenz in Wien Mitte September von Stephan Schlitzberger und Velux präsentiert.

Die Studie basiert auf der Vornorm DS-ISO 18 292 „Energy Performance of Fenestration Systems“. Diese Norm ermöglicht es, die Energieleistungsfähigkeit eines Fensters zu bewerten, wobei der Ausgangspunkt eine Ganzjahressimulation an einem Referenzhaus in einem Referenzklima ist.

Die Studie wurde in zwei Projektphasen erstellt. Teil 1 ist eine Parameterstudie der möglichen Energieleistung bestehender Gebäude beim Austausch der Fenster (in Deutschland).

Das wesentlichste Ergebnis ist der Nachweis, dass der passive solare ­Energieeintrag hohe Bedeutung für ­ die Energieleistung der Fenster hat: ­Doppelverglasungen mit höherem solaren Energieeintrag sind beim Austausch oft die energie­technisch bessere und rentablere Lösung, als Fenster mit Dreifachverglasung. Mit anderen Worten: Man muss die Wärmeverluste und den ­Sonnenenergieeintrag der Fenster bzw. ­der geplanten Isoliergläser gegeneinander abwägen, um zu prüfen, welches Produkt energietechnisch die beste Gesamtleistung aufweist. Dieser Begriff wird hierbei als „Energiebilanz“ bezeichnet.

In der genannten Studie wurde dieser Gedankengang weiter verfolgt und zur Energiebilanzierung von Fassaden- bzw. Dachflächenfenstern wurden entsprechende Formeln definiert und durch Parameterstudien verifiziert. Hierbei variieren die Parameter für das verwendete Referenzhaus und das Referenzklima. Die Hauptschlussfolgerung der Studie: Es ist möglich, einen vereinfachten Formelausdruck für Fassaden- bzw. Dachflächenfenster zu definieren, der für ganz Deutschland gilt.

„Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass für die untersuchen Fälle des Beispielgebäudes die Rangfolge der Fenster in der Heizperiode immer dieselbe ist, unabhängig davon, ob man die Parameter (Neubau, Altbau oder Gebäudeorientierung) verändert. Das am besten getestete Fenster erzielte immer die besten Ergebnisse, die zweit-, dritt und viertplatzierten behielten bei Parameterwechsel ihre Rangfolge bei.

Die Formel für die Energiebilanz lautet

bei Fassadenfenstern1:

E = I gW – D ∙ UW = 253 ∙ gW –78 ∙ UW

bei Dachflächenfenstern:

E = I ∙ gW – D ∙ UW(45°) = 320 ∙gW –78 ∙ UW(45°)

er Grund für die Aufteilung in zwei Kategorien ist der große Unterschied beim Eintrag der Sonneneinstrahlung. Um eine faire Evaluation der Energiebilanz eines Produkts vornehmen zu können, sollte bei der Berechnung der Energiebilanz von Oberlichtfenstern ein auf 45° umgerechneter UW-Wert für das Fenster benutzt werden.

Für alle Akteure in der Baubranche – von Gesetzgebern über Projektierer und Handwerker bis hin zu Nutzern – gilt, dass sie bei der Diskussion um verschärfte Anforderungen den wirklichen Energieverbrauch bzw. dessen Reduzierung vor Augen haben sollten. ­Rentable Entscheidungen beim Austausch von Fenstern können nur getroffen werden, wenn die solaren Gewinne gebührend berücksichtigt werden. Dies sollte künftig beim Anforderungsprofil auch für die Renovierung von Bestandsgebäuden mit in die Bau- und Energiegesetzgebung einfließen. —

1 Die Bedeutung der einzelnen Bezeichnungen:

E: Energiebilanz des Produkts [kWh/m²Jahr]

I: Nutzbare Sonneneinstrahlung auf das Fenster während der Heizsaison (253 [kWh/m²] steht für Fassadenfenster, und 320 [kWh/m²] steht für Dachflächenfenster)

D: Gradstundenzahl 78 [kKh] während der Heizsaison

gW: Gesamtenergiedurchlass des Fensters, d.h. Gesamtenergiedurchlass der Verglasung mal relative Scheibenfläche des Fensters

UW: Wärmeleitkoeffizient des Fensters

Die Autoren

Bruno H. Philipson, m.Sc. Eng., und Jens Kristiansen, m.Sc. Eng., beide Mitarbeiter der Velux A/S.

https://www.velux.de/

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