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Sicherheit in öffentlichen Gebäuden

Wirksamer Schutz für die Kleinsten

Als öffentliche Einrichtungen unterliegen sie umfangreichen Anforderungen der „Gesetzlichen Unfallversicherung“ (GUV). Ähnliche Vorgaben gibt es von dieser Seite auch für Schulen und Bäder. Da die dortigen Besucher/Nutzer und auch die Beschäftigten gegen Unfälle versichert sind, bestehen besondere Vorgaben für „Bau und Betrieb“. Durch staatliche Vorgaben, z.B. bis 2013 für jedes dritte Kind unter drei Jahren einen Krippenplatz zu schaffen, und durch Förderungen im Rahmen des Konjunkturprogramms wird in diesem Bereich stark investiert. Deshalb ist es besonders wichtig, die aktuellen Anforderungen zu kennen und umzusetzen. Nachfolgend werden speziell diejenigen für Kindertageseinrichtungen betrachtet.

Folgende Regelwerke sind beim Bau einer solchen Einrichtung zu beachten:

  • GUV-V S2 Muster-UVV „Unfallverhütungsvorschrift Kindertageseinrichtungen“; Mai 2007
  • BG-GUV-SR S2 „Regel Kindertageseinrichtungen“; April 2009
  • GUV-SI 8027 GUV-Information – Sicherheit bei Bau und Einrichtung – „Mehr Sicherheit bei Glasbruch“, März 2005

Für Kindergärten und Kinderkrippen bestehen mit geringen Änderungen seit 1981 „Sicherheitsregeln: Kindergärten – Bau und Ausrüstung“ der gesetzlichen Unfallversicherungsträger. Diese wurden fortgeschrieben durch die Muster-UVV „Unfallverhütungsvorschrift Kindertages­einrichtungen“ vom Mai 2007, welche mit der „Regel: Kindertageseinrichtungen“ vom April 2009 eine detaillierte Konkretisierung ­erfahren hat.

Die GUV-V S2 aus ursprünglich 2002 enthielt eher sehr allgemein formulierte ­Anforderungen:

  • Wände und Stützen müssen so beschaffen sein, dass Verletzungsgefahren durch scharfe Kanten und spitzig-raue Oberflächen vermieden werden,
  • In Aufenthaltsbereichen müssen zugängliche Verglasungen so beschaffen sein, dass Verletzungsgefahren bei Glasbruch vermieden werden,
  • Aufenthaltsbereiche für Kinder, bei denen Absturzgefahren bestehen, müssen altersgerecht gesichert sein,
  • Treppen und Rampen müssen so beschaffen sein, dass sie von Kindern sicher benutzt werden können,
  • Fenster müssen so gestaltet sein, dass sie beim Öffnen und Schließen sowie im geöffneten Zustand Kinder nicht gefährden.

Aber die mit einigen Jahren Abstand veröffentlichte „Regel: Kindertageseinrichtungen“ brachte wieder sehr konkrete und greifbare Vorgaben, welche als „Maßnahmen zur Verhütung von Gefahren für Leben und Gesundheit beim Aufenthalt in Kindertageseinrichtungen“ von Betreibern seit dem 1. April 2009 z.B. verlangt werden:

  • Bei Wänden und Stützen werden Verletzungsgefahren bis 2,0 m Höhe vermieden z.B. durch Abrundungsradien ≥ 2 mm oder entsprechende gebrochene oder gefaste Kanten und durch ebene Holzverschalungen mit gerundeten oder gefasten Kanten
  • Zur Vermeidung von Verletzungsgefahren sind für Verglasungen oder sonstige lichtdurchlässige Flächen bis zu einer Höhe von 2,0 m bruchsichere Werkstoffe zu verwenden oder die Verglasungen sind ausreichend abzuschirmen. Bruchsicherheit bei Stoß und Biegebeanspruchung bieten Einscheibensicherheitsglas (ESG), auch heißgelagertes ESG (ESG-H) und Verbund­sicherheitsglas (VSG). Gestaltungsmerkmale für wirksame Abschirmungen sind beispielsweise mind. 80 cm hohe Fensterbrüstungen mit mind. 20 cm tiefe Fensterbänke im Innen- und/oder im Außenbereich; die beiden äußeren Sicherheitsglas-Scheiben von 3-fach-Isolierglas verhindern eine Gefährdung durch die mittlere Floatglas-Scheibe.
  • Vorkehrungen für die Sicherung bei Absturzgefahren bis 1,0 m Höhe können beispielsweise sein: Als Barrieren aufgestellte Pflanztröge oder bepflanzte Schutzstreifen; Geländer oder Brüstungen als Umwehrungen (auch mit Füllungen aus Sicherheitsglas).
  • Umwehrungen sind kindersicher gestaltet, wenn sie beispielsweise eine Begrenzung der Öffnungsweite für mindestens eine Richtung von max. 11 cm (bei Krippenkindern von max. 8,9 cm) aufweisen, einen Abstand von max. 4 cm zwischen Umwehrung und zu sichernder Fläche haben und bei Treppen ­die Abstände zwischen den Umwehrungen am Treppenauge sowie den Umwehrungen zu den Treppenhauswänden nicht mehr als ­ 20 cm betragen.
  • An Treppen und Rampen sind an beiden ­Seiten Handläufe anzubringen, die den Kindern im gesamten Verlauf sicheren Halt bieten und so beschaffen sind, dass ein Hängenbleiben verhindert wird, z.B. durch Handläufe, welche durch den jeweiligen Benutzerkreis gut erreichbar sind und für Kinder eine Höhe von 80 cm haben; für Krippenkinder ist in mind. 60 cm Höhe ein zusätzlicher Handlauf anzubringen.
  • Türen zu Räumen, insbesondere in Fluren, Eingangshallen und Räumen zur Bewegungserziehung, müssen so angeordnet sein, dass Kinder durch aufschlagende Türen nicht gefährdet werden. Das Schutzziel wird erreicht, wenn Türen in die Räume aufschlagen oder zurückversetzt in Nischen angeordnet sind.
  • Türen müssen leicht zu öffnen und zu ­schließen sein. Rauch- und Brandschutztüren in Verkehrswegen und Treppenräumen können diese Anforderung erfüllen, wenn sie beispielsweise mit Magnethalterung offen gehalten und mit einer Selbstschließfunktion ausgestattet sind.
  • Fenster müssen so gestaltet sein, dass sie beim Öffnen und Schließen sowie im geöffneten Zustand Kinder nicht gefährden. Geeignete Sicherungen können sein: Kipp- oder Schwingflügel mit Sicherungen gegen Herabfallen, Schwingflügel mit Öffnungsbegrenzern, Dreh-/Kippflügel mit Verschlusseinrichtungen für Drehen; die Funktion „Kippen vor Drehen“ kann dazu eingerichtet werden. Unabhängig davon muss jederzeit eine ausreichende Lüftung sichergestellt sein.
  • Beschlagteile wie Griffe, Hebel und Schlösser müssen so beschaffen und angeordnet sein, dass durch bestimmungsgemäßen Gebrauch Gefährdungen verhindert werden. Dies ist möglich durch gerundete Griffe und Hebel, die mit einem Mindestabstand von 25 mm zur Gegenschließkante angeordnet sind. Auch wichtig: Griffe und Hebel müssen so gestaltet sein, dass ein Hängenbleiben ver­mieden wird. Hebel für Panikbeschläge sollen seitlich drehbar oder als Wippe ausgebildet ­und Hebel für Oberlichtflügel sollen zurückversetzt in Fensternischen angeordnet sein.

Geeignete Glaserzeugnisse

In dem genannten Regelwerk werden regelmäßig „Sicherheitsglas“ oder „lichtdurchlässige Kunststoffplatten mit mindestens gleichwertigen Sicherheitseigenschaften“ verlangt. Nach der ebenfalls von der Gesetzlichen Unfallversicherung kommenden Schrift: „Mehr Sicherheit bei Glasbruch“ (GUV-SI 8027), in welcher die einzelnen Produkte sehr gut erklärt werden, sind Einscheibensicherheitsglas (ESG, ESG-H) und Verbundsicherheitsglas (VSG) Sicherheitsgläser. Glas mit Drahtnetzeinlage, umgangssprachlich als Drahtglas bezeichnet, erfüllt die Sicherheitsanforderungen nicht.

Lichtdurchlässige Kunststoffplatten sind thermoplastische Werkstoffe (Marken: Plexiglas, Makrolon und Lexan), die verhältnismäßig unempfindlich gegen Schlag und Stoß sind und durch die hohe Bruchfestigkeit zu den bruchsicheren Werkstoffen zählen. Die Kratzempfindlichkeit ihrer Oberfläche ist weit höher als dies bei Glas der Fall ist. Speziell im Außeneinsatz muss ggf. ihr hoher Längenausdehnungskoeffizient beachtet werden.

In der genannten GUV-Informationsschrift sind auch Splitterschutzfolien als nachträglich aufzubringender Splitterschutz erwähnt. Zusammen mit der Glasscheibe erfüllen sie die geforderte Verkehrssicherheit, „wenn die Kriterien des Pendelschlagversuchs erfüllt sind.“ Auch hier wäre eine erhöhte Kratzempfindlichkeit und zusätzlich eine eingeschränkte Haltbarkeit bei Außeneinsatz zu beachten.

ESG oder TVG?

Die Schriften der Gesetzlichen Unfallversicherung (GUV; zu finden unter http://www.dguv.de > Prävention> Vorschriften, Regelwerke und Informationen> Regelwerk der Unfallkassen) stellen eine jedenfalls einzuhaltende Vorgabe und eine unerlässliche Hilfestellung dar.

Bei Verglasungen ermöglichen sie aus Verkehrssicherheitsgründen den Einsatz von ESG, ESG-H und VSG. Da in Kindertageseinrichtungen sehr häufig Scheiben bemalt, beklebt oder hinterlegt werden, besteht bei VSG aus Floatglas eine relativ hohe Gefahr von thermischen Glasbrüchen. Dies ist bei dem mit einer signifikant höheren Temperaturwechselbeständigkeit versehenen ESG und ESG-H nicht gegeben. Da bei den letztgenannten Glaserzeugnissen ein Restrisiko auf Versagen infolge von Nickelsulfid-Einschlüssen besteht, wäre das optimale – wenn auch vergleichsweise teure – Produkt VSG aus teilvorgespanntem Glas (TVG). Dieses hätte kein Problem mit bemalten Scheiben etc. und kennt spontanes Brechen nicht. Drahtglas reicht zur Erfüllung der Schutzziele nicht aus.

Eine (Mindest-)Glasdicke gibt es in dem gesamten GUV-Regelwerk übrigens nicht. Diese ergibt sich aus den Windlasten und der Holmlast als statische Last für „Menschengedränge“. Bei weiteren Fragen zum Thema können unter http://www.dguv.de die regional zuständigen Stellen mit kompetenten Ansprechpartnern entnommen werden. —

Der Autor

Reiner Oberacker ist Leiter der Technischen Beratung im Fachverband Glas Fenster Fassade Baden-Württemberg, ­Karlsruhe.

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