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Aus der Gutachterpraxis

Ein Wintergarten mit nassen Füßen

Im vorliegenden Gutachterfall geht es um einen Aluminiumwintergarten (ca. 6 x 17 m), der als Eingangsbereich eines Hotelneubaus dient. Schon bald nach Fertigstellung traten Feuchteschäden auf. Betroffen war die Anbindung zwischen Wintergartendach und der vorgesetzten Flachdachkonstruktion (Stahlunterkonstruktion). Ebenso kam es zu deutlichen Durchfeuchtungen am Oberputz verschiedener, hinter dem Wintergarten liegender Innenwände. Dabei handelte es sich um aufsteigende Feuchtigkeit, die den Weg unterhalb des ­Estrichs ins Gebäude gefunden hatte. Für die Feuchteschäden wurde der Metallbauer verantwortlich gemacht, da er den Wintergarten nicht ausreichend abgedichtet hätte.

Bauverlauf: Nach der Errichtung des Wintergartens, kam der Estrichleger auf der Baustelle zum Zug. Er legte seine dünne Folie auf dem Beton aus und erstellte die Wärmedämmung. Dann wurde die Fußbodenheizung verlegt und der Estrich gegossen. Und ganz am Schluss folgte der Landschaftsbauer: dieser stellte außen eine Dichtbahn vor die unteren Elementrahmen des Wintergartens und kürzte vorher noch die „störende“, herumflatternde Dichtbahn des Metallbauers und pflasterte fleißig bis an die Oberkante der Elemente heran. Und so kam, was kommen musste: Oberflächenwasser lief in Mengen hinter die Folie des Landschaftsbauers, unterwanderte ungestört die Ebene der Aluminiumelemente und breitete sich unterhalb der Folie des Estrichlegers aus. Durch deren Überlappungen gelangte das Wasser in die Dämmebene und weiter bis zu den Innenwänden und zum Oberputz und durchnässte diese.

Die Baufolie des Wintergartenbauers zu kürzen war zwar falsch, aber in der Bedeutung nur noch marginal. Eine ordentliche Abdichtung hätte viel früher erstellt werden müssen.

Wer haftet für die Schäden?

Mit Auftreten der Schäden wurde 2002 ein Sachverständiger zur Ursachenfindung beauftragt. Er stellte fest, dass der Metallbauer die Fußpunktabdichtung der Wintergartenelemente falsch ausgeführt hatte. Der Handwerker meldete den Sachverhalt seiner Haftpflichtversicherung.

Daraufhin kam ein weiterer Sachverständiger ins Spiel. Dieser stellte fest, dass die Arbeiten des Metallbauers wohl mit den Feuchteschäden zu tun haben könnten, vielleicht auch nicht.

Nach vielem Hin und Her wurde im Jahr 2005 ein Gerichtsverfahren eingeleitet. In der Zwischenzeit hatte der Hotelbesitzer den Estrich zusammen mit der Fußbodenheizung entfernen lassen. Eine funktionierende Abdichtung wurde erstellt, der Oberputz erneuert, der Maler kam, usw. Während dieser umfangreichen Umbaumaßnahme ruhte der Hotelbetrieb. Der durch die Betriebsunterbrechung entstandene Schaden und die erheblichen Kosten der Mangelbeseitigung – eine größere, sechsstellige Summe – wurden nun dem Metallbauer auf dem Klageweg abgefordert.

Dieser verteidigte sich, er hätte weder eine Abdichtung ausgeführt noch eine solche geschuldet. Zum Beweis führte er den Text seiner Auftragsbestätigung an, dort hieße es zwar „Wintergarten mit Bodenanschluss“, aber als Einschränkung: „Unser Angebot erfolgt ab OKFF”.

Nun ist bei dem Rechtsstreit vor dem Landgericht vorrangig die Frage zu klären, was denn unter dieser Formulierung zu verstehen sei.

Und hier wird ein Hauptproblem des Metallbauers sichtbar. Wenn er in seiner Leistungsbeschreibung die zu erbringende Leistung so „nebulös” beschreibt, dass ein Sachverständiger benötigt wird, um den Umfang des Bau-Solls zu erklären, so ist das eine schlechte Leistungsbeschreibung.

Laut Angebot des Metallbauers war die VOB vereinbart, somit auch Teil C. Damit schuldet er als Hauptleistung dichte Fugen zwischen seinem Gewerk und dem Baukörper. Für eine fachgerechte Ausführung des Fußpunktes ist eine Abdichtung nach DIN 18195-5 auszuführen.

Im vorliegenden Fall gab es keine Gesamtbauleitung, der man ein Organisationsverschulden aufgrund mangelnder Aufsicht anlasten könnte. Der Metallbauer hatte also die Fachbauleitung und sein Gegenüber war eine GmbH, die sich mit dem Betrieb eines Hotels befassen wollte, also ein bautechnischer Laie.

Alle diese Punkte sprechen deutlich gegen den Metallbauer. Eine fachgerechte Abdichtung wurde von ihm nicht ausgeführt. Es gab auch keinen Hinweis darauf, dass er diese Abdichtung nicht ausführen konnte oder wollte.

Daraus folgt: Ohne eine verständliche Beschreibung des beabsichtigten Leistungsumfangs wurde eine Hauptleistung der VOB, nämlich dichte Fugen, nicht erbracht. Dies sind für den Metallbauer keine guten Aussichten auf den Ausgang des Rechtsstreits.

Das rät der Sachverständige

Wie kann nun eine fachgerechte Abdichtung gegen zeitweise auftretende, nicht drückende Feuchtigkeit unterhalb eines Wintergartens aussehen? In der Praxis bewährt hat sich die Verlagerung der Abdichtungsebene auf die Raumseite des Wintergartens. Die Sohlplatte ist vollflächig abzuschweißen und diese Abdichtung ist innen bis auf die Höhe der Elementrahmen heraufzuführen und dort sicher zu verkleben. So lassen sich die Forderungen der DIN 18195 erfüllen; gleichzeitig wird nachhaltig verhindert, dass die Dämmung des Estrichs nass werden kann oder das Oberflächenwasser über die Betonplatte den Weg ins Gebäudeinnere findet. Der Wintergartenbauer sollte diese Abdichtung ausführen oder aber den Auftraggeber darauf schriftlich hinweisen, dass es anders nicht geht.

Ein Wintergarten ist ein komplexes Bauwerk und der Wintergartenbauer nimmt bei der Beauftragung durch bautechnische Laien einen hohen Anteil von Verantwortung auf sich. Dies kann bei unsachgemäßer Ausführung den Handwerker sehr teuer zu stehen kommen. —

https://peter-struhlik.de/

Tipp der Redaktion: Auf der Website des Autors (­ http://www.­peter-struhlik.de ) findet man als Download ­eine Winter­gartenrichtlinie, die bautechnische Tipps zu ­Wintergärten gibt und praktische Lösungen aufzeigt.

Risiken minimieren!

Der Verarbeiter sollte sich als Auftragnehmer immer folgende Fragen stellen:

Ist meine Leistungsbeschreibung klar und verständlich,

besitzt der Wintergarten nach Fertigstellung alle beschriebenen Leistungseigenschaften,

„funktioniert” der Wintergarten ohne Zutaten, von denen der Auftraggeber gar nicht weiß, dass sie benötigt werden.

Kann man als Verarbeiter all diese Fragen positiv beantworten, ist man im Falle eines Rechtsstreits vor Gericht gut gerüstet.

Der Autor

Peter Struhlik ist von der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld ö. b. u. v. Sachverständiger für Fenster, Türen, Fassaden und Wintergärten.

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