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Flachglas Wernberg GmbH

Hightech aus der Oberpfalz

Im Jahr 1999 von Pilkington vor die Wahl gestellt, entlassen zu werden oder das Heft selbst in die Hand zu nehmen, entschlossen sich die Angestellten, Unternehmer zu werden. Fast alle damaligen Mitarbeiter beteiligten sich am Kauf, der über ein Darlehen ­finanziert wurde und erwarben die Mehrheit der Firmenanteile. Heute sind 51 Prozent der Anteile der Flachglas Wernberg GmbH in der Mitarbeiter-Beteiligungs-GmbH zusammengefasst, die restlichen 49 Prozent sind nach wie vor in der Hand von Pilkington.

Und das Modell hat sich bewährt. Im letzten Jahr erwirtschaftete man einen konsolidierten Umsatz von 140 Mio. Euro. Heute umfasst die Gruppe über 1000 Mitarbeiter an den sechs Standorten in Deutschland und der Schweiz. Als Vollsortimenter fertigen die Veredlungsprofis neben allen gängigen Glasanwendungen auch eine Vielzahl an Spezialgläsern für den Baubereich, für Schienenfahrzeuge und für Schiffe. Dazu kommen eine eigene Beschichtungsanlage sowie Digital- und Siebdruckanlagen. Wernberg-Köblitz ist mit 630 Mitarbeitern und einer hochkomplexen Fertigung der größte Standort.

Interview mit Dr. Harald Frank

GLASWELT: Sehr geehrter Herr Dr. Frank, wie entwickelt sich der Glasmarkt?

Dr. Harald Frank: Der Konzentrationsprozess, in der Branche wird anhalten. Die fragmentierte Wettbewerbssituation ist gerade für viele kleinere Firmen schwierig. Wer keine Nische für sich finden kann, wird es in Zukunft sehr schwer haben. Wobei die Premiumsegmente mittelfristig wachsen werden, und meiner Ansicht nach auch in Zukunft überwiegend aus Europa bedient werden. In vielen Bereichen werden zudem die Produkt­anforderungen steigen.

GLASWELT: Und wie schätzen Sie mittelfristig die Preisentwicklung am Glasmarkt ein?

Dr. Frank: Ich denke, dass die Preise mittelfristig ­ stark unter Druck bleiben werden. Wir haben in Deutschland Überkapazitäten, sodass sich der Markt in vielen Segmenten nicht zu kostende­ckenden Preisen hin regulieren kann. Kürzlich habe ich ein Angebot für 3-fach-ISO gesehen, das mit dem Slogan „Nimm drei, zahl zwei“ beworben wurde, also zum Preis von 2-fach-Isolierglas verkauft wurde. Damit konkurrieren sich alle Gewinne weg.

GLASWELT: Worauf konzentrieren Sie sich aktuell in der Unternehmensstrategie?

Dr. Frank: Wir fertigen fast alle gängigen Glas­produkte (ISO, ESG, VSG) sowie Spezialitäten und fungieren dabei auch als Zulieferer für Händler und Weiterverarbeiter. Die Musik spielt aber verstärkt in der Zukunft im Bereich der Spezialitäten. Wer profitabel wirtschaften will, kommt mittel- und langfristig daran nicht vorbei. Gerade hinsichtlich der nachhaltig angespannten Preissituation ist es wichtig, Differenzierungspotenziale aufzubauen. Schauen Sie, die erfolgreichen deutschen Mittelständler – und das gilt nicht nur für die Glasbranche – produzieren keine Massenartikel. Die Kür sind die Spezialitäten, unterschiedlichste Panzerglasaufbauten, Bedruckungen mit verschiedenen Verfahren, thermisch bedampfte Gläser u.v.m. Auch hier sind wir gut aufgestellt.

GLASWELT: Sie haben 2010 umfassend investiert. Welche Ziele verfolgen Sie damit?

Dr. Frank: Unsere Strategie ist auf Wachstum ausgerichtet. Ziel ist sowohl internes als auch externes Wachstum. Im zweiten Fall wollen wir regional und im eigenen „Kulturkreis“ expandieren. Hier haben wir Unternehmen gesucht, die genau zu uns passen und die operativ eigenständig handeln können. Gleichzeitig sind wir recht konservativ. Wenn wir überlegen eine Firma zuzukaufen, müssen wir vorab ganz genau verstehen, was sich dort operativ abspielt. In der Führung der Flachglas Wernberg Gruppe zentralisieren wir lediglich Teilbereiche der Administration sowie strategische Themen. Die Umsetzung erfolgt dann in den einzelnen Betrieben nach verschieden gewichteten Schwerpunkten. Unser Unternehmen gehört zu 51 Prozent unseren Mitarbeitern. Berechtigterweise sind diese sehr kritisch, wenn wir Geld ausgeben. Gute Gründe für Investitionen sind darum alle Maßnahmen, die den Standort Wernberg stärken. ­Daran ­orientiert sich unsere Wachstumsstrategie.

GLASWELT: Im Jahr 2009 hat Ihre Gruppe die Pilkington Schweiz mit rund 250 Mitarbeiter übernommen. Was waren die Gründe?

Dr. Frank: Die Schweizer Betriebe passen sehr gut in unser Portfolio. Hier stimmen die Produkte, Strukturen und Synergien. Gerade bei 3-fach Isolierglas sind unsere Schweizer Betriebe sehr gut aufgestellt und verzeichnen gute Zuwächse. Als Stichwort seien hier die weitreichenden gesetzlichen Regelungen im Bereich der Energiestandards bei den Eidgenossen genannt (Minergiestandard, Passivhaus). Neben den passenden Produkten ist bei unseren Schweizer Unternehmen die Herangehensweise ähnlich wie bei uns, das erleichtert die Zusammenarbeit. Wir sind aber noch im Prozess, als gemeinsame Gruppe zusammenzuwachsen. Das wird noch etwas dauern, denn wir wollen den neuen Gruppenmitgliedern nicht einfach eine „Wernberg-Glocke“ überstülpen, sondern die Standorte stärken.

GLASWELT: Und welche Überlegungen standen dahinter, jetzt auch bei der Glasid AG in Essen mit 20 Prozent einzusteigen?

Dr. Frank: Wir expandieren wie gesagt auch regional. Und mit Glasid ist der Schritt ins Ruhrgebiet und nach Benelux eingeleitet. Zudem sehen wir bei unseren Kollegen aus Essen ein ausbaufähiges Glasbiegesegment. Die entsprechenden Anlagen und das Know-how sind vorhanden. Das ergänzt unser Leistungsspektrum sehr gut. Dies ist für uns nicht nur für den Baubereich, sondern auch für die Sparte Fahrzeugglas und Sanitärglas sehr interessant. Glasid ist ebenfalls eine gute Ergänzung für unsere Gruppe im Segment Interieurglas.

GLASWELT: Welche Schwerpunkte sehen Sie für Ihr Unternehmen mittel- und langfristig?

Dr. Frank: Unsere Aufträge im Fahrzeugbereich sowie im Tagesgeschäft sorgen für die Auslastung und Stabilität des Unternehmens. In diesen Bereichen sowie bei den kleinen und mittleren Projekten, planen wir mittelfristig zu wachsen. Selbstverständlich gehören auch Aufträge aus dem Großobjektbereich zu unserem Geschäft. Mit den Kapazitäten, unserem Know-how und der Flexibilität unserer Mitarbeiter sind wir auch hier gut aufgestellt und können den Kunden eine maßgeschneiderte Abwicklung anbieten.

GLASWELT: Welche Ziele hat sich Ihr Unternehmen für 2011 gesteckt?

Dr. Frank: Wir werden unser Profil weiter schärfen und nachhaltig am Thema Kundenorientierung arbeiten. Innerhalb der Gruppe werden wir definieren, welche Schwerpunkte die einzelnen Standorte setzen. Neben der Präsenz in regionalen Märkten spielt auch hier wieder die optimierte Produktion und Logistik eine wichtige Rolle. So wurde hier in Wernberg-Köblitz vor Kurzem ein zweistelliger Millionenbetrag in ein neues Schneidhaus investiert. Zudem steht die weitere Anhebung unserer Qualitätsstandards – und das gilt für die gesamte Gruppe – ganz oben bei uns auf der Agenda. —

Matthias Rehberger

Weitere Infos zum Unternehmen unter https://www.flachglas.de/

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