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Schalldämmung von Einbaufugen

Wie “lärmdicht“ ist die Fuge?

Schallübertragungen von Bauelementen werden mit dem Fugenschalldämmmaß bewertet, welches sich auf die Länge der Bauteilfuge bezieht. Bei Bauelementen besteht mittlerweile die Möglichkeit, die Schalldämmung eines betriebsfertigen Elementes aus der Schalldämmung der Bauteile (z.B. des Türblattes) und der Fugenschalldämmung der zugehörenden Dichtungen (Falz- und Bodendichtung) zu bestimmen. Dazu hat das ift Rosenheim ein Prüfverfahren entwickelt, mit dem inzwischen eine umfangreiche Prüferfahrung vorliegt. Gerade bei Füllstoffen, wie sie in Bauanschlussfugen verwendet werden, hat sich gezeigt, dass die Anwendung der Fugenschalldämmmaße eine Kenntnis der Zusammenhänge erfordert und bei unsachgemäßer Verwendung zu Schadensfällen führen kann.

Reicher Erfahrungsschatz

Die Labormessung erfolgt im Zweiraumverfahren mit der Besonderheit, dass die Bezugsfläche mit der Länge der Fuge verknüpft wird. Für die Ausbildung der zu untersuchenden Fuge ist eine Prüfvorrichtung erforderlich, die die geometrischen Verhältnisse der Fuge so genau wie möglich nachbildet.

Seit den 1990er Jahren führt das ift Prüfungen der Fugenschalldämmung durch. In dieser Zeit wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes und von firmenbezogenen Prüfungen die Fugenschalldämmung für zwei Bauteilgruppen untersucht: für Füllstoffe in Bauanschlussfugen und für öffenbare Fugen. Besonders für fugenfüllende Materialien hat es in der letzten Zeit eine Entwicklung hin zu Montagessystemen mit Dichtungsbändern gegeben, für die auch jeweils das Fugenschalldämmmaß bestimmt worden ist.

Diese Messdaten wurden katalogisiert und unter Berücksichtigung von Sicherheitsabschlägen veröffentlicht, z.B. im „Leitfaden zur Montage.

Grenzen des Verfahrens

Aufgrund der bei diesen Prüfungen nicht zu vermeidenden, sehr kleinen Übertragungsfläche der Schallenergie besteht bei der Laborprüfung oft das Problem, dass der Abstand zur Maximalschalldämmung der Prüfanordnung nicht eingehalten werden kann. In einigen Fällen liegt das Prüfergebnis sogar im Bereich der maximalen Schalldämmung der Prüfvorrichtung. Das bedeutet, dass in diesen Fällen der von den Umgebungsbedingungen unabhängige Wert („tatsächliche Wert“) gleich oder größer als der bei der Prüfung ermittelte Wert der Fugenschalldämmung ist. Aus Sicht des ift ist dies ein deutlicher Fortschritt zu dem vorherigen Zustand, dass kein Wert vorliegt. Wird mit dem so ermittelten Fugenschalldämm-Maß gerechnet, so ist man im Ergebnis auf der sicheren Seite. Die verschiedenen Fugenelemente sind untereinander vergleichbar hinsichtlich ihrer Schalldämmung. Das stellt insbesondere bei Dichtprofilen zur Beurteilung der Austauschbarkeit einen wesentlichen Vorteil dar.

Anwendung in der Praxis

Für den Planer einer Einbausituation stellt sich bei der Anwendung die Frage, wie mit dem neuen Kennwert der Fugenschalldämmung zu verfahren ist, um geeignete Systeme für eine konkrete Bausituation auszuwählen.

Für den Anwendungsfall eines Fensters mit umlaufender Einbaufuge ist neben den Schalldämmmaßen von Fenster und Fuge das Verhältnis von umlaufender Fugenlänge l zur Fläche S des Fensters zu beachten. Dieses Verhältnis variiert je nach Fensterfläche und Längenverhältnis. Dabei ist das Verhältnis von Fugenlänge zu Fensterfläche bei großen Fenstern kleiner als bei kleinen Fenstern, was sich günstig auf die resultierende Schalldämmung auswirkt. Für die weitere Auswertung wird in drei Kategorien unterschieden: kleines, mittleres und großes Fenster.

Nun kann das resultierende Schalldämmmaß eines Fensters einschließlich der Einbausituation bestimmt werden. Die Grafik auf der nächsten Seite stellt diesen Zusammenhang dar. Sie zeigt, dass der Einfluss der Fugenschalldämmung auf das resultierende Schalldämmmaß mit größer werdendem Verhältnis von Fugenlänge zu Fensterfläche zunimmt. Anders ausgedrückt: Im Hinblick auf die Ausbildung der Fensterfuge sind kleine Fenster etwas kritischer zu bewerten als große. Um eine möglichst einfache Aussage zu treffen, soll im Folgenden der mittlere Größenbereich der Fenster betrachtet werden.

Die zu treffende Aussage muss unter der Prämisse stehen, dass die Einbaufuge die Schalldämmung eines Fensters nicht verschlechtern darf. Dies veranschaulicht das Diagramm auf der nächsten Seite mit einem Ablesebeispiel: beträgt die Fugenschalldämmung z.B. Rs,w = 35 dB (rote Kurve), so reduziert sich die Schalldämmung eines Fensters mit Rw = 35 dB (im Beispiel magenta) bei mittleren Fenstergrößen um etwa 6 dB. Bei einer Fugenschalldämmung von Rs,w = 45 dB (blaue Kurve) beträgt der Verlust bei dem gleichen Fenster etwa 1 dB. Es gilt also der Zusammenhang: je höher die Fugenschalldämmung, desto geringer der Verlust an Schalldämmung. Im Bild ist mit der grauen Linie die Forderung an die Einbaufuge grafisch eingetragen, dass die resultierende Schalldämmung um nicht mehr als 1 dB durch die Einbaufuge reduziert werden darf. Wendet man das 1-dB-Kriterium an, so muss in Abhängigkeit der Anforderung an das bewertete Schalldämmmaß Rw des Fensters das Fugenschalldämmmaß RS,w so ausgelegt werden, dass die Gesamtschalldämmung nicht ­verringert wird.

Als Richtwert kann abgeleitet ­werden: RS,w ≥ Rw + 10 dB

Wenn das Verhältnis dieser Gleichung gewährleistet ist, kann davon ausgegangen werden, dass sich das Schalldämmmaß Rw des Fensters um nicht mehr als 1 dB durch die ausgeführte Fuge mit dem dazugehörenden Fugenschalldämmmaß RS,w verringert und damit keine wesentliche Verschlechterung eintritt. Diese Regel wurde bereits im „Leitfaden zur Montage“ veröffentlicht, um dem Anwender ein Planungswerkzeug an die Hand zu geben.

Um die rechnerische Betrachtung mit Messergebnissen zu vergleichen, wurden Fenster mit unterschiedlichen Anschlussfugenausbildungen im Fensterprüfstand nach DIN EN ISO 140-1 untersucht. Ein vollständig eingeschäumtes Fenster verliert danach beispielsweise 2 dB Schalldämmung gegenüber einem beidseitig mit Dichtstoff abgedichteten Fenstereinbau (Einbau nach Prüfnorm).

Es zeigt sich deutlich, dass bereits geringe Undichtigkeiten der Anschlussfuge zu erheblichen Abminderungen in der Schalldämmung führen können. Daraus leitet sich die Anforderung an die Bauanschlussfuge aus akustischer Sicht ab. Die Bauanschlussfuge muss vollständig luftdichtdicht und zusätzlich mit etwas Masse (z.B. mit elastischem Dichtstoff) abgedichtet sein.

Multifunktionsbänder – was ist davon zu halten?

An die Dichtigkeit der Anschlussfuge werden nicht nur Anforderungen seitens der Schalldämmung gestellt, sie muss auch anderen Gesichtspunkten genügen. Diese sind unter anderen z.B. die Schlagregendichtheit und die Luftdichtheit.

Ein Beispiel für die praktische Ausführung (innen dauerhaft luftdicht und außen schlagregendicht) kann eine geeignete innere dauerelastische Abdichtung, Ausfüllung der Fuge mit Dämmstoff und äußere Abdichtung mit vorkomprimiertem Dichtungsband sein. Die Füllung der Fuge mit Schaum oder Mineralwolle dient vorrangig zur Vermeidung von Wärmebrücken.

In neuerer Zeit werden für den Einbau auch sogenannte Multifunktionsbänder eingesetzt, die diese Aufgaben (innen luftdicht, Wärmedämmung, außen schlagregendicht) in einem Produkt erfüllen können. Nachdem für diese Ausführung in der Regel keine zusätzliche elastische Abdichtung vorgesehen ist, die für sich betrachtet schon eine hohe Fugenschalldämmung gewährleistet, ist umso größere Sorgfalt bei der Auswahl eines geeigneten Multifunktionsdichtungsbandes für die gestellte Anforderung an die Schalldämmung geboten.

Rückfragen aus der Praxis zeigen, dass in einzelnen Fällen die Fugenschalldämmung mit der Anforderung an die Schalldämmung des Fensters gleich gesetzt wird. Wie die Ausführungen in der Abbildung oben zeigen, reduziert sich das resultierende Schalldämmmaß in diesen Fällen beträchtlich, sodass hier von einer Fehlplanung gesprochen werden muss.

Fazit

Auch die Lage des Fensters im umgebenden Baukörper kann sich unterschiedlich auf die Schalldämmung des gesamten Außenbauteils auswirken.

Hier ist anzumerken, dass die Wandsysteme Einfluss auf die Schalldämmung nehmen; kritisch können sich Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) aus EPS (expandiertem Polystyrol-Hartschaum) oder PU (Polyurethan) auswirken, die in Verbindung mit dem Putz ein Resonanzsystem bilden.

Generell gilt, dass ein dauerhaft dichter und damit auch schalldichter Anschluss in aller Regel nur mit Abdichtungen auszuführen ist, z.B. mit elastischem Dichtstoff; eine Hinterfüllung mit Montageschaum allein ist nicht ausreichend. Besonders bei der Auswahl von komprimierten Dichtungsbändern und Multifunktionsbändern ist auf eine besondere Sorgfalt bei Planung und Ausführung zu achten. Eine zusätzliche raumseitige Abdichtung wird vom ift Rosenheim an dieser Stelle ausdrücklich empfohlen, sobald Anforderungen an die Schalldämmung des Außenbauteils gestellt werden. —

Der Schall-Experte vom ift Rosenheim

Der Autor Bernd Saß ist stellvertretender Leiter Labor Bauakustik am ift. https://www.ift-rosenheim.de

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