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Glas: ein Markenprodukt?

Rehberger: Wer kennt eigentlich die Glasmarken? Wenn ich mich mit Bekannten unterhalte, stelle ich immer wieder fest, dass kaum jemand die Namen von Glasprodukten kennt. Russell J. Ebeid, der scheidende Chef des Glasherstellers Guardian, unterstrich bei den Glass Performance Days 2011 (siehe Beitrag Seite 48), dass sich die Ausrichtung des Marktes stärker auf den Endverbraucher konzentrieren müsse. Dabei müsse das Branding (engl. Markenbildung, Markenkennzeichnung) von Glas stärker forciert werden, denn der Konsument wolle auch beim Glas Markenprodukte. Zudem könne sich die Branche so von ­Billigimporten absetzen.

Mund: Dass der Konsument bewusst nach Glasmarken nachfragt, halte ich für unwahrscheinlich. Das ist doch eher Wunschdenken der Glasbranche. Schließlich ist das Glas ein Zulieferprodukt der Fensterhersteller. Ein direkter Marktzugang zum Endkunden bleibt dieser Branche – ausgenommen sind größere Fassadenobjekte und Interieurprodukte – weitestgehend verwehrt. Und bei der Endkundenansprache ist der Fensterbauer sich selbst der Nächste: Er wird immer sein Produkt und seine Wertschöpfungsleistung in den Vordergrund stellen. Das Glas kommt dann erst an zweiter oder dritter Stelle. Guardian und Co. müssten dann schon gigantische Werbemaßnahmen in Gang setzen, um sich trotzdem fest im Bewusstsein der Endkunden zu verankern.

Rehberger: Dass Guardian jetzt einen Markenfeldzug startet, ist nicht zu erwarten. Aber: Warum nicht die Fenster mit Markengläsern anbieten? Bei Küchen werden ja auch die zugehörigen Markengeräte angepriesen. Der (Marken-)Name „Thermopane“ – ein Glas, das es seit Jahren nicht mehr zu kaufen gibt – fällt bei Laien öfter einmal, wenn sie von Fenstern mit Isolierglas sprechen, oft auch als Synonym für diesen Glastyp. Wäre es nicht ein interessantes Modell, Fensterrahmen und Glas gleichermaßen anzupreisen? Die Fensterbauer können dann im Verkaufsgespräch neben ihrer Fenstermarke zusätzlich noch die Markengläser als gutes Argument mit einbringen.

Mund: Die Thermopane-Scheiben hatten einen herausragenden Vorteil: Sie waren ­schließlich das erste industriell hergestellte Isolierglas für Bauanwendungen überhaupt. Ein besseres Alleinstellungsmerkmal gibt es wohl kaum. Heute müssen Fensteranbieter profundere Überzeugungsarbeit leisten, wenn man sich am Markt behaupten oder gar durchsetzen möchte. Und ehrlich gesagt: Selbst mir fällt es schwer, das unüberschaubare Angebot der Markenglashersteller zu skalieren. Mein Eindruck ist: Jeder Anbieter deckt den allgemeinen Bedarf nach hochwertigen Wärmedämmgläsern ab und kann vielleicht noch in einer Nische ein herausragendes Produkt präsentieren (Beispiel: selbstreinigendes Glas). Dem Fensterbauer wird es dann wohl auch leichter fallen, sich mit Themen wie dem Design (Rahmen-Ansichtsbreiten, Werkstoffwahl, etc.) oder der Sicherheit am Fenster vom Wettbewerb zu unterscheiden.

Rehberger: Ja, die angebotene Glasvielfalt ist enorm. Vor diesem Hintergrund sollten Sie sich unbedingt unser GLASWELT Sonderheft „3-fach-ISO“ vormerken, das im Herbst erscheint. Dort geben wir einen Überblick über die vielen verschiedenen Marken und Typen von Mehrscheiben-Isolierglas. Weitere Themen sind die „Warme Kante“ sowie Handling und Montage schwerer 3-fach-Einheiten. Und jetzt wünschen wir Ihnen viel Spaß bei der Lektüre der neuen GLASWELT.