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Aus Forschung und Entwicklung Geklebte GlasTräger

Transparente Träger im Härtetest

Bei konstruktiv eingesetzten Gläsern spielt die Resttragfähigkeit im Versagensfall eine entscheidende Rolle. Dies ist auch im hier vorgestellten Projekt einer der entscheidenden Aspekte der Untersuchungen. Eine Überbeanspruchung von Glasbauteilen führt wegen der spröden Werkstoffeigenschaften zu einem schlagartigen und vollständigem Versagen ohne Resttragfähigkeitskapazität.

Durch Verbundsicherheitsglas (VSG) kann dem Problem der Resttragfähigkeit begegnet und die geforderte Bauteilsicherheit erbracht werden. Transparent geklebte Glas-Kunststoff-Hybridelemente ergänzen unter diesem Aspekt auch lastabtragende Glasbauteile. Sie erhöhen die Resttragfähigkeit der eingesetzen Gläser, indem die positiven Materialeigenschaften von Glas und Kunststoff (Polycarbonat) mittels einer Klebstoffschicht kombiniert werden. Als Glas-Träger aus VSG wurden diese Bauteile im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts am Institut für Baukonstruktion der Uni Dresden untersucht.

Grundlagen der Untersuchungen

Maßgebend für die Belastbarkeit eines hybriden Glasträgers um die starke Achse (Lasteintrag über die Glaskante) ist die Zugfestigkeit der Glaskante. In Vierpunkt-Biegeversuchen (DIN EN 1288-3) wurden an der Uni Dresden Floatgläser verschiedener Hersteller mit unterschiedlichen Kantenbearbeitungen (gebrochen-gesäumt, geschliffen, poliert, geschliffen-vorgeschädigt) untersucht und die Festigkeitswerte ermittelt.

Zudem wurde die Herstellung großflächiger Klebungen zwischen Glas- und Kunststoffscheiben erprobt. Wegen ihrer Transparenz und schnellen Aushärtung eignen sich besonders UV- und lichthärtende Acrylate.

Der Klebstoff wurde flächig mit Überschuss oder als Raupe aufgetragen und durch Auflegen der zweiten Scheibe verteilt, was bei niedrigviskosen Klebstoffen sehr gut durchführbar war. Die Aushärtung der großen Klebflächen erforderte zur Vermeidung starker Schrumpferscheinungen deutlich geringere Strahlungsintensitäten und dafür längere Aushärtezeiten. Eine händische Befüllung mit Kanüle und Dosiergerät stellte sich als unpraktikabel heraus.

Weiter wurde die unterschiedliche Ausdehnung von Glas und Kunststoff infolge Temperatur untersucht. Hierbei wurden Glas–Polycarbonat–Glas-Verbunde einem Wärme-Kälte-Feuchte-Zyklus (DIN EN ISO 9142) unterworfen. Variiert wurden Klebstoff, Schichtdicke sowie Oberflächenvorbehandlung. Weitere Untersuchungen zur Dauerhaftigkeit des Klebverbunds wurden im Klimawechseltest nach DIN EN 1279-3 bis maximal +53°C durchgeführt.

In Vierpunkt-Biegeversuchen unter Kurzzeitlast wurden dann VSG-Träger aus 3-fach-Floatglas mit geklebten Glas-Polycarbonat-Glas-Verbunden auf Trag- und Resttragfähigkeit verglichen und durch Versuche an Hybridträgern und thermisch vorgespannten Gläsern (ESG, TVG) mit variierender Polycarbonatdicke und verändertem Querschnitt ergänzt. Neben den Bruchspannungen war das Resttragverhalten des Komposits interessant. Die Prüfung reiner Polycarbonatscheiben diente einem Vergleich mit der Durchbiegung der Hybridträger im Resttragfähigkeitsfall, wenn beide Glasscheiben zerstört sind.

In Langzeitversuchen wurde die statische Last in Form von Vierpunkt-Biegung für mindestens 1000 Stunden auf die Träger aufgebracht, um den Einfluss des Polycarbonats auf das Tragverhalten des Trägers zu untersuchen. Unter anhaltender Belastung wurden beide Scheiben im Abstand von 24 Stunden planmäßig angeschlagen.

Die Ergebnisse der Tests

Die Kantenfestigkeitsprüfungen an Floatglas zeigten eine geringere Kantenfestigkeit gegenüber der Oberflächenfestigkeit. Mit zunehmender Bearbeitungsqualität nimmt die Zugfestigkeit der Scheibenkante nicht oder nur bedingt zu. Die Werte streuen stärker mit höherwertiger Kantenbearbeitung, sodass geringfügig bessere charakteristische Festigkeiten erreicht werden. Es zeigt sich deutlich, dass die Kantenbearbeitung hersteller- und produktionsbedingt zu großen Unterschieden führt. Deshalb ist es sinnvoll, für die Kantenfestigkeit einen unteren Grenzwert einzuführen.

Der Klimawechselbeanspruchung konnten drei von sechs Klebstoffen zum Teil standhalten. Es handelte sich um sehr feste Klebstoffe ohne Haftungsverlust zur Glas- und Kunststoffoberfläche oder um sehr weiche, verformungsausgleichende Klebstoffe. Alle übrigen zeigten größere Delaminationserscheinungen.

Auch eine größere Klebschichtdicke oder eine Oberflächenvorbehandlung mit Pyrosil konnten das Ergebnis nicht verbessern. Die Klimawechseluntersuchungen nach DIN EN 1279-3 zeigten zum Teil bei dem für die mechanischen Versuche verwendeten Klebstoff, abhängig von der Luftfeuchtigkeit, positive Ergebnisse.

Bei Versuchen im Temperaturbereich von -18°C bis +53°C und einer maximalen Luftfeuchte von 50 % traten keine relevanten Delaminationserscheinungen auf. Eine Luftfeuchtigkeit von 95 % oder zunehmende Polycarbonat-Dicke führten zu Schädigungen der Klebschicht.

Vierpunkt-Biegeversuche unter Kurzzeitlast zeigten, dass VSG-Träger und Hybridträger mit Floatglas hinsichtlich ihrer Tragfähigkeit unter Kurzzeitbelastung vergleichbar sind. Das Glas ist auch im Hybridquerschnitt die entscheidende Komponente. Bei Glasbruch versagten die VSG-Träger vollständig ohne Resttragfähigkeit. Die Hybridträger konnten jedoch erneut über die Bruchlast hinaus belastet werden. Der Kunststoff nimmt hohe Dehnungen auf und überträgt die Zugspannungen im gebrochenen Träger. Das Glas überträgt, ermöglicht durch das Bruchbild, weiterhin Druckkräfte zwischen den Rissen. Bereits eine Zwischenschicht von 2 mm Polycarbonat führt zu einer guten Resttragfähigkeit.

Vergleichsversuche mit reinen Polycarbonatscheiben zeigten, dass ohne die stabilisierende Wirkung des Glases bereits bei geringen Kräften mit einem Stabilitätsversagen zu rechnen ist.

Langzeitversuche mit variierender Polycarbonatdicke und Trägerhöhe über mindestens 1000 Stunden statischer Belastung ergaben, dass ein Kriechen des Trägers, also eine Zunahme der Verformungen unter gleichbleibender Last, infolge des eingebetteten Polycarbonats bei intaktem Glas nicht auftritt.

Das Glas gibt aufgrund seiner höheren Steifigkeit die Dehnungen des Trägers vor, sodass das Polycarbonat nur einen vernachlässigbaren Anteil der Last aufnimmt. Nach planmäßiger Zerstörung einer Glasscheibe unter anhaltender Last nahmen die Verformungen zu. Ein deutliches Kriechverhalten trat erst nach der Zerstörung der zweiten Glasscheibe über die folgenden 24 Stunden auf. Die Resttragfähigkeit war auch beim Bruch aller Scheiben immer gegeben. Komplettes Trägerversagen tritt ein, wenn der Verbund zwischen Polycarbonat und Glas versagt. Mit Zerstörung der Glasscheiben beginnt die Delamination infolge der zunehmenden Verformungen des Trägers. Je dünner die Zwischenschicht aus Polycarbonat ist, desto stärker sind die Verformungen und desto schneller schreitet die Delamination voran. —

Autoren und Projektpartner

Prof. Dr.-Ing. Bernhard Weller leitet das Institut für Baukonstruktion an der TU Dresden. Dipl.-Ing. Kristina Härth war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut.

http://www.bauko.bau.tu-dresden.de

Partner des Forschungprojekts

Bauhaus-Universität Weimar, Institut für ­Konstruktiven Ingenieurbau (IKI);

TU Dresden, Institut für Oberflächentechnik und Fertigungsmesstechnik (IOF);

Thüringisches Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung e.V. (TITK)

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