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Von der EnEV 2009 zur EnEV 2012

Was wird denn nun 2012?

Die gute Nachricht vorweg: Während bislang das Fenster in der EnEV 2009 als „Problembauteil“ aufgrund des hohen U-Wertes auftritt, wird in einer kommenden Verordnung dieses korrigiert. Es ist vorgesehen, dass sich auch die Nebenanforderung am Referenzgebäude orientieren wird, d. h. die Fenstergröße wird zum „durchlaufenden Posten“ und somit wird ein aktuelles Problem für das Bauteil Fenster künftig eliminiert. Eine konkrete Aussage hinsichtlich der Änderung der Referenz für Fenster, beispielsweise die Benennung eines dreifach verglasten Fensters für die Referenz, lässt sich aus dem derzeitigen Bearbeitungsstand der EnEV 2012 aber leider noch nicht ableiten.

Aber: Die Novellierung der Energieeinsparverordnung wird in jedem Fall vorgenommen. Auch wenn es zu keiner Anpassung des Anforderungsniveaus kommen sollte, wird es eine EnEV 2012 geben. Im Rahmen einer eher langfristigen Perspektive (Umsetzung des Niedrigstenergiegebäudes bis 2020) ist ein Anforderungsniveau für Gebäude zu erwarten, welches in etwa den heute geförderten Gebäuden der KFW-Effizienzhausstandards ­ EH 55 bis EH 40 entspricht. Damit verbunden ist spätestens zu diesem Zeitpunkt sicherlich das Fenster mit Dreifachglas und hochwärmedämmendem Rahmen als Standard zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass auch in der Zwischenphase, also der Zeit zwischen 2012 und 2020, ordnungsrechtliche Anpassungen im Sinne von „Übergangsverordnungen“ stattfinden – eine Terminschiene hierfür steht allerdings noch nicht fest.

Ausgangspunkt

Für Wohngebäude ging die Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV) in 2009 mit der Einführung des sogenannten „Referenzgebäude-Verfahrens“ einher, das einen verbesserten Wärmeschutzstandard in Verbindung mit einer effizienteren Heizungstechnik vorgibt. Im Wohngebäudebereich werden – vorbehaltlich der Prüfung der Wirtschaftlichkeitskriterien – in 2012 weitere Verbesserungen des baulichen Wärmeschutzes und anlagentechnische Maßnahmen umzusetzen sein. Auch bei den Nichtwohngebäuden ist eine weitere Verbesserung für die EnEV 2012 zu erwarten. Das gleiche gilt für den Gebäudebestand: Hier wurden 2009 Verschärfungen vorgesehen (Einzelanforderungen für Bauteile im Gebäudebestand, Anpassungen der Nachrüstverpflichtungen sowie die Außerbetriebnahme von Nachtspeichersystemen). Weitere Maßnahmen – besonders im Bereich der Heizungstechnik – sind auch in 2012 angedacht.

Im Weiteren soll auf die wesentlichen Neuerungen der EnEV 2009, auftretende Schwierigkeiten und Lösungsansätze, Perspektiven für Fortschreibungen der Verordnung sowie konkrete Umsetzungsforderungen aus der fortgeschriebenen Europäischen Richtlinie für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) eingegangen werden.

Das Referenzgebäudeverfahren

Mit der Energieeinsparverordnung 2009 wurde für Wohngebäude ein neues Anforderungsmodell eingeführt. Die Vorgabe einer Referenzbautechnik führt zu einem Referenzgebäude, aus dem der maximal zulässige Jahres-Primärenergiebedarf eines Gebäudes resultiert. Vorzüge und Schwachstellen dieses Verfahrens können wie folgt beschrieben werden.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch in einer künftigen EnEV zwei Nachweisverfahren für Wohngebäude vorgesehen sein werden, ist von einer Fortschreibung des Referenzgebäude-Verfahrens in 2012 auszugehen.

Aber: Bei dem Modell ist die Anforderungsstruktur hinsichtlich des Zusammenspiels von Haupt- und Nebenanforderung nicht schlüssig – die Hauptanforderung resultiert aus einer Referenzausführung, die Nebenanforderung pauschal gebäudebezogen. Zur Verbesserung diese Kritikpunktes kann künftig im Rahmen der EnEV-Fortschreibung auf die Regelungen der KfW-Förderung zurückgegriffen werden (s. nächster Abschnitt).

Zusätzlich zu den genannten Anforderungen an den Jahres-Primärenergiebedarf wird der spezifische Transmissionswärmeverlust HT‘ begrenzt. Diese Größe, die eine Mindestqualität des baulichen Wärmeschutzes sicherstellen soll, wird abhängig von Gebäudetyp und -größe vorgegeben.

Die Problematik der Anforderungsmethodik eines festen Grenzwertes wird anhand eines Einfamilienhauses (beheiztes Volumen Ve = 669,0 m³, Hüllfläche A = 455,0 m2, Bauteilflächen gem. Bild) aufgezeigt. Bei einer Fensterflächenverteilung von 35 Prozent im Süden, 25 Prozent im Osten und Westen und 15 Prozent im Norden resultiert für das Einfamilienhaus ein auf die Fassadenfläche bezogener Fensterflächenanteil von 23 Prozent. Damit einhergehend ergibt sich aus den dargestellten Flächen (siehe Bild) und den U-Werten der Referenzausführung ein spezifischer Transmissionswärmeverlust von HT‘ = 0,34 W/m2K. Der Maximalwert beträgt für diesen Gebäudetyp gemäß Tabelle 1 HT‘ = 0,4 W/m2K. Erhöht man den Fensterflächenanteil auf 40 Prozent so ist erkennbar, dass hiermit genau der Maximalwert von HT‘ erreicht wird (Bild). Ein Fensterflächenanteil von 50 Prozent wäre mit den zugrunde gelegten Flächen und Wärmedurchgangskoeffizienten für das Beispiel-Einfamilienhaus nicht umsetzbar. Ein größerer Fensterflächenanteil müsste unter Zugrundelegung verbesserter Wärmedurchgangskoeffizienten (z. B. 3-fach verglaste Fenster) erreicht werden. Bei anderen Gebäudegeometrien – insbesondere bei kompakten Gebäuden – führen die Anforderungen zur Begrenzung auf noch kleinere Fensterflächenanteile.

Aus den Schilderungen wird deutlich, dass bei Beibehaltung der Anforderungsmethodik nach EnEV 2009 und einer weiteren Verschärfung der Nebenanforderung in der EnEV 2012 Probleme hinsichtlich der Realisierung üblicher Fensterflächenanteile auftreten würden. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, in einer neuen EnEV auf das im Rahmen der KfW-Förderung vorgesehene Anforderungsmodell zurückzugreifen. Dabei folgt auch die Nebenanforderung der Ausführung des Referenzgebäudes und die Fensterfläche wird damit zum „durchlaufenden Posten“; eine Begrenzung der Fensterflächen (zumindest in energetisch sinnvollen Größenordnungen) findet somit nicht mehr statt.

Ausblick auf die EnEV 2012

Die künftige EnEV wird u. a. nachfolgende wesentliche Änderungen bzw. Anpassungen mit sich bringen:

  • Anforderungen an die energetische Mindestqualität der Anlagentechnik (Lüftungsanlagen, Klimaanlagen, Heizung, Warmwasserbereitung, Beleuchtung) bei Neubau und Ersatz
  • Bei Verkauf oder Vermietung ist in den Anzeigen kommerzieller Medien der in dem Energieausweis angegebene Indikator (Energiekennzahl) zu nennen.
  • Es ist vorgesehen für Wohngebäude ein vereinfachtes Nachweisverfahren einzuführen, bei dem mehrere Ausführungsvarianten vorgestellt werden, die – auf der sicheren Seite liegend – zur Einhaltung der EnEV-Anforderungen führen.

Ebenso finden Überarbeitungen der von der Energieeinsparverordnung in Bezug genommenen Normen statt. In DIN V 18599 werden die Korrekturen und Ergänzungen aus dem Normenteil 100 integriert. Auch das Anforderungs- und Nachweisverfahren für den sommerlichen Wärmeschutz wird im Oktober 2011 im Rahmen einer Entwurfsfassung der DIN 4108-2 überarbeitet vorliegen. —

Der Autor

Prof. Dr.-Ing. Anton Maas leitet das Fachgebiet Bauphysik an der Uni Kassel und ist Teilhaber eines Ingenieurbüros für Bau­physik. Seit 2008 ist er Vorstandsvorsitzender des Zentrums für Umwelt­bewusstes Bauen e.V., Kassel. Im Rahmen der Umsetzung der EnEV 2002, 2007 und 2009 war er als Gutachter des Bundesbauministeriums tätig.

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