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Neue normen

18055: Passendes Gegenstück zur Produktnorm

Für die Gebrauchstauglichkeit von Fenstern galt seit 1981 die allseits bekannte DIN 18055 „Fenster – Fugendurchlässigkeit, Schlagregendichtheit und mechanische Beanspruchung.“ Für die in dieser Norm beschriebenen Bereiche wurden bereits in 2000 die europäischen Klassifizierungsnormen

  • DIN EN 12207 „Fenster und Türen – Luftdurchlässigkeit – Klassifizierung“
  • DIN EN 12208 „Fenster und Türen – Schlagregendichtheit – Klassifizierung“
  • DIN EN 12210 „Fenster und Türen – Widerstandsfähigkeit bei Windlast – Klassifizierung“

veröffentlicht.

Diese Papiere stellen wichtige Teilbereiche für Leistungsmerkmale von Fenstern und Außentüren dar. Die seit Februar 2010 harmonisierte Produktnorm DIN EN 14351-1 „Fenster und Außentüren – Produktnorm“ beschreibt mit insgesamt 23 aber wesentlich mehr Merkmale bzw. Leistungseigenschaften dieser Bauteile. Daraus ergibt sich die große Frage der Praktiker, ob Merkmale in einer bestimmten baulichen Situation überhaupt erforderlich oder gewünscht sind und welche Klasse oder Ausprägung dann objektspezifisch auszuschreiben oder anzubieten ist.

Dazu gab es bisher in Deutschland seit 2002 die „Einsatzempfehlungen für Fenster und Außentüren zur Ermittlung der Mindestklassifizierung in Abhängigkeit von der Beanspruchung“ in den Bereichen Windwiderstandsfähigkeit, Schlagregendichtheit und Luftdichtheit. Eine Fortschreibung dieses Papiers in 2005 berücksichtigte immerhin die neuen „Einwirkungen auf Tragwerke“ gemäß DIN 1055-5:2005-03. Diese ift-Einsatzempfehlungen unterlagen auch der Zustimmung der Fachverbände und waren lange Zeit allgemein anerkannte Regel der Technik. Um die Produktnorm Fenster und Außentüren zu verstehen und anwenden zu können, wurde die DIN 18055 komplett neu bearbeitet und ist als passendes Gegenstück zur Produktnorm zu sehen. Dabei ist die Norm nicht „0815“. Sie umfasst 14 der 23 in der Produktnorm genannten Merkmale und auch nicht in der europäischen Produktnorm enthaltene wichtige Anforderungen. Aber: Sie stellt kein eigenständiges, neue Sachverhalte beschreibendes Regelwerk dar, sondern ist eine Auswahlhilfe von geeigneten Fenster- und Türeigenschaften für Planer, Bauherren und Ausführungsfirmen auf der Basis der bestehenden Regeln.

Verknüpfung mit der baulichen Situation

Der Anwender soll durch Aufarbeitung, Kommentierung und Beispiele zu den in der Produktnorm genannten Merkmalen in die Lage versetzt werden, diese in Anlehnung an bisher bekannte und praktizierte Vorgehensweisen richtig anzuwenden. Damit findet eine Verknüpfung der im CE-Zeichen erklärten Leistungseigenschaften mit der konkreten baulichen Situation statt. Das lag den Handwerksverbänden, die diese Norm federführend mit den führenden Vertretern von Instituten und aus Industrie sowie der Fachwelt begleitet haben, besonders am Herzen.

Wichtig auch: Ein pauschaler Hinweis auf die Norm kann keinesfalls als qualifizierte Ausschreibung angesehen werden, so der Normenentwurf ausdrücklich. Anforderungen ergeben sich in der Einbausituation, die z. B. durch die regionale Lage, die Geländekategorie, die Gebäudegeometrie, die Einbauhöhe und auch durch staatliche Vorgaben (z.B. EnEV) oder durch Kundenwünsche. Und diese Anforderungen müssen planerisch berücksichtigt werden – eine Aufgabe, die immer mehr dem Handwerksbetrieb zufällt.

Regelwerke im Beziehungsgeflecht

Die Beziehung zu der Produktnorm wird durch einen Verweis auf die dort enthaltenen Tabellen mit Leistungsmerkmalen hergestellt, in deren Reihenfolge auch die neue DIN 18055 gegliedert ist. Da die genannte europäische Produktnorm nicht auf die Situation in den einzelnen Mitgliedsstaaten eingehen kann und deshalb so gut wie keine wirklichen Anforderungen stellt, wird diese Umsetzung auf die deutschen Verhältnisse und Bedürfnisse mit der DIN 18055 geleistet.

Gerade hier setzt die Absicht und Aufgabe der unter der Federführung des Handwerks erarbeiteten Norm ein, die dieses Feststellen von Anforderung und in Deckung mit den Leistungsmerkmalen bringen, überhaupt ermöglichen oder erleichtern soll.

In den Europa-Normen werden keine Vorgaben für den Einsatz von bestimmten Merkmalen oder Klassen gemacht; im Prinzip werden verschiedene Eigenschaften wertneutral aufgeführt. Der Planer kann und muss nun die für sein bestimmtes Bauwerk geltenden und erforderlichen oder auch gewünschten Anforderungen ermitteln und der Fensterbauer muss sein Bauteil mit den Merkmalen/Eigenschaften ausstatten, die diesen Anforderungen entsprechen. Zu diesem Zweck werden zu jeweils einem bestimmten Leistungsmerkmal regelmäßig zuerst die Eigenschaften beschrieben bzw. definiert, dann wird eine Hilfestellung zum nationalen Umgang gegeben und schließlich wird eine klare Aussage dazu getroffen, ob es sich um eine bauaufsichtliche, also verbindliche Anforderung handelt oder z. B. um ein Komfortmerkmal, das als Empfehlung freiwillig vereinbart werden kann.

Welche Kriterien sind berücksichtigt ?

Die Norm regelt Anforderungen für (Rahmen-)Durchbiegung, Wärmedämmung, Luftdurchlässigkeit, Schallschutz, gefährliche Substanzen, Tragfähigkeit von Sicherheitsvorrichtungen, Strahlungseigenschaften, Brandverhalten, Stoßfestigkeit und Absturzsicherung.

Sie beschreibt weiter Empfehlungen für Widerstandsfähigkeit gegen Windlast, Schlagregendichtheit, Bedienkräfte, Dauerfunktion, Differenzklimaverhalten und die Einbruchhemmung.

Dabei ist sie materialunabhängig und gilt für alle Fenster und Außentüren, welche in beheizte Bereiche eingebaut werden.

Welche Merkmale muss ein Fenster bzw. eine Außentür erfüllen?

1. Widerstandsfähigkeit bei Windlast: Die Windbeanspruchung ergibt sich aus der Einwirkung von Wind auf das Bauwerk, welche aus Winddruck, Windsog und Zuschlagswerten besteht. Die Windlasten sind auch abhängig von Gebäudehöhe, Gebäudelage (Windzone, Geländekategorie) und Gebäudeform. Die Höhe des bei der Dimensionierung von Pfosten und Riegeln oder nicht direkt am Bauwerk zu befestigenden Rahmenteilen anzusetzenden Staudrucks, kann für den Regelfall einer Tabelle der Norm entnommen werden. Seine Werte liegen zwischen 0,5 und 1,55 kN/m2 und gelten nicht für Rand- bzw. Eckbereiche von Gebäuden und nur bis zu einer Geländehöhe des Bauwerkstandortes bis 800 m über NN. Im Eck- und Randbereich müssen die Windlasten erhöht werden. Für die in der Norm dargestellten Beispiele wurde der entsprechende cpe,10-Wert von 1,4 angesetzt. Damit sind praktisch alle vorkommenden Verhältnisse von Breite zu Höhe des Gebäudes erfasst. Der Randbereich ist definiert als 1/5 der Breite des Gebäudes. Bei bekannten Bauwerksdaten darf natürlich trotzdem „gerechnet“ werden, d.h. sich nach den genannten Normen ergebenden günstigere Verhältnisse (kleinere cpe,10-Werte) dürfen angesetzt werden. Für Fragen der Dimensionierung von Pfosten und Riegeln oder auch von freien Blendrahmenteilen wird in den Einsatztabellen eine „Windlast zur statischen Bemessung“ angegeben. Zum Umgang mit dieser Anforderung wurden folgende Klarstellungen bzw. Angaben in die Norm selbst mit aufgenommen:

  • Einbauhöhe des Fensters: Höhenunterschied zwischen der Geländehöhe und OK Fenster.
  • Windzone: Dieses „neue“ Kriterium steht in DIN 1055-4 und zwischenzeitlich auch in den Eurocode DIN EN 1991-1-4 und berücksichtigt regional unterschiedliche Windgeschwindigkeiten und damit Windlasten.
  • Geländekategorie: In Abhängigkeit von den Windprofilen und damit der Windgeschwindigkeit sind gemä&szlig; DIN 1055-4 bzw. DIN EN 1991-1-4/NA (nationaler Anhang des Eurocodes EN 1991) vier Geländekategorien (vereinfacht und bis zu einer Einbauhöhe von 25 m) wie folgt gebildet: <br>1 Inseln der Nordsee <br>2 Küste der Nordsee <br>3 Küsten und Inseln der Ostsee <br>4 Binnenland<br>
    Charakteristische Werte der mittleren ­Windgeschwindigkeit.
    Charakteristische Werte der mittleren ­Windgeschwindigkeit.
    <br>

2. Schlagregendichtheit: Mit diesem Begriff wird die Widerstandsfähigkeit eines geschlossenen und verriegelten Elements bei gegebener Windstärke, Regenmenge und Beanspruchungsdauer gegen das Eindringen von Wasser durch das Bauteil bezeichnet. Dabei darf kein dauerndes oder wiederholtes Benetzen der raumseitigen Oberfläche oder an Teilen erfolgen, die nicht für eine Befeuchtung vorgesehen sind; d.h. Wasser darf nur in Bereiche eindringen, welche die Möglichkeit zur schadlosen Abführung nach außen bieten. Der hier einer bestimmen Klasse entsprechende Prüfdruck ist, wie bei den Vorhangfassaden auch, mit dem Faktor 0,25 direkt aus dem zugehörigen Winddruck abgeleitet und entspricht als gefühlter Wert durchaus den Realitäten.

3. Luftdurchlässigkeit: Der durch ein geschlossenes und verriegeltes Bauelement stattfindende Luftaustausch ist als Luftdurchlässigkeit (der früher hier verwendete Begriff war „Fugendurchlässigkeit“) bei einer bestimmten Luftdruckdifferenz definiert. Für die Klassifizierung ist die Referenzdurchlässigkeit bei 100 Pa maßgebend, wobei diese auf die Fläche (m3/hm2) oder auf die Fugenlänge (m3/hm) bezogen werden kann. In Deutschland ist bisher die auf die Fugenlänge bezogene Angabe üblich. Für Fenster besteht eine explizite Anforderung in der EnEV.

Tabellen: Beanspruchungsklassen für Fenster und Außentüren

Die zentrale Aussage der Norm sind Tabellen, welche jeweils für eine bestimmte Geländekategorie angelegt sind und für die Anforderungen „Wind, Wasser, Luft“, respektive Windwiderstand, Schlagregendichtheit, Luftdurchlässigkeit in den verschiedenen Einbauhöhen-Bereichen die erforderlichen bzw. empfohlenen Klassen oder Werte für die genannten Merkmale/Anforderungen enthalten. Auch sind Erläuterungen dazu gegeben, wie die einzelnen Werte zustande kommen.

Die Vorgehensweise bei der Anwendung dieser Einsatztabellen ist wie folgt:

  • Bestimmung der Geländekategorie.
  • Bestimmung der Einbauhöhe.
  • Bestimmung der Windzone anhand der ­Gebäudelage und der Windzonenkarte.
  • Bestimmung der Klassifizierung mittels ­angegebener Tabelle getrennt nach ­Gebäudemitte bzw. Gebäuderand.
  • Zusammenstellung der Leistungsstufen.

In Situationen mit besonders hoher Belastung, z.B. Geländehöhe> 800 m über NN und in jedem Fall bei Einbauhöhen größer 25 m ist eine gesonderte Ermittlung und Vorgabe der Anforderungen durch den Planer erforderlich.

In der nachstehenden Tabelle 1 wird ein Beispiel aus dem Norm-Entwurf wiedergegeben.

4. Weitere Anforderungen: Anders als in dem Vorläuferpapier, den ift-Einsatzempfehlungen, beschreibt die Norm zahlreiche weitere Anforderungen, die an Fenster und Haustüren gestellt werden können. Allerdings kann eine solche Norm etwa bei der Wärmedämmung keine absoluten Werte bzw. Anforderungen enthalten, da diese vom jeweiligen Stand der Verordnungsgebung (EnEV) und z. B. speziellen Kundenwünschen abhängig sind. Gleiches gilt für die ebenfalls regelmäßig zu beachtenden (und im CE-Zeichen) zu dokumentierenden Strahlungseigenschaften des eingesetzten Isolierglases.

Für weitere Merkmale, z.B. Bedienungskräfte, Dauerfunktion, Einbruchhemmung, welche allesamt in Deutschland nicht bauaufsichtlich eingeführt sind, werden erläuternde Hinweise auf entsprechende dabei geltende Normen und Empfehlungen für dann anzuschreibende Klassen gegeben. Es wurde seitens der Normer bewusst vermieden, auf diese Art und Weise Mindestklassen als in jedem Fall zu erbringende Merkmale einzuführen. Denn dies hätte eine unwillkürliche Verteuerung für diese Produkte bedeutet.

Konsequenzen aus der neuen Norm

Wegen der Vielzahl der in der Produktnorm Fenster und Außentüren beschriebenen möglichen Leistungseigenschaften dieser Bauelemente und wegen der Notwendigkeit, diese Norm national umsetzbar zu machen, wurde der Entwurf zur DIN 18055 in grundlegend überarbeiteter Form herausgebracht. In dieser Unterlage, die sich praktisch an die ausschreibenden Stellen, die Planer und natürlich an die Ausführenden, die speziell im Altbau Planungsaufgaben wahrzunehmen haben wendet, wird die Umsetzungsarbeit der europäischen Produktnorm DIN EN 14351-1 „Fenster und Außentüren“ hin zu den nationalen Anforderungen geleistet. Es soll zukünftig noch weniger möglich sein, einfach die höchsten Anforderungsklassen auszuschreiben, weil hohe Klassen konstruktiven Aufwand bedeuten und damit Geld kosten. Man wird deshalb dazu kommen müssen, anforderungsgerechte Bauteile auszuschreiben bzw. anzubieten. Dies zu tun, dazu ist die Neuausgabe der DIN 18055 vorgesehen, die – nach ihrem Erscheinen im Weißdruck – in keinem Betrieb des Fenster- und Haustürenbaus und natürlich in keinem Architekturbüro fehlen darf. —

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