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Fassadenprototypen

Neue Konzepte

Die jüngsten Arbeiten des „Bucky Lab“ 1 (dem 1. Semester des Masterkurses der TU Delft) untersuchten anlässlich des „Bold and Beautiful awards“ neue Fassadenansätze. Dieser Wettbewerb wurde von der Fassadenmesse in Rotterdam ausgelobt. Teilnehmer des Masterstudiengangs Fassade der Technischen Universität von Delft belegten die ersten drei Plätze.

Die Fassadenideen der Preisträger

1. Preis: Thermal Expansion Sun Screen

Das Fassaden-Konzept von Katerina Doulkari und Ka Shun Cheung ist als adaptiver Sonnenschutz ausgelegt. Die Verschattung der transparenten Fassadenbereiche erfolgt durch eine eingefärbte Flüssigkeit im Scheibenzwischenraum.

Das entsprechende Fassadenelement besteht aus drei Elementen und ist wie folgt aufgebaut: Im unteren Bereich befindet sich eine luftdichte Kammer, die mit zwei Glasebenen gebildet wird; im Zentrum des Fassadenzwischenraumes befindet sich ein Metallblech, das die solare Strahlung absorbiert und sich im Laufe der Zeit erwärmt. Im oberen Bereich dieses Elements ist ein Foliensack mit farbiger Flüssigkeit angebracht (Bild links unten). Steigt nun die Temperatur im Element, wird der Foliensack komprimiert und drückt die Flüssigkeit in das darüber liegende, transparente Fassadenelement. Dieses wiederum ist als mehrschalige Konstruktion ausgeführt: Im außen liegenden Bereich bilden zwei Glasscheiben einen Zwischenraum von nur 1 mm. In diesem kann das gefärbte Fluid aufsteigen. Durch die Variation des Zwischenraums und der Wahl des Flüssigkeitsmediums lässt sich die Einfärbung des transparenten Fassadenbereichs und somit die Sonnenschutzwirkung steuern.

Den Abschluss der Konstruktion bildet ein ähnliches aber kleineres Element wie das untere. Dort befindet sich ebenfalls ein Folienbeutel, um die überschüssige Flüssigkeit nach der vollständigen Einfärbung des Scheibenzwischenraums aufzunehmen.

Von der Funktion her ermöglicht das Konzept einen automatischen Sonnenschutz. Dieser wird aktiviert, sobald die Sonne die Fassadenfläche bescheint und sich die Temperatur im unteren Bereich durch die solare Strahlung entsprechend erhöht. Die eingefärbte Flüssigkeit steigt auf und tönt die Fassadengläser ab.

Bewertung: Die Jury lobte besonders den Einsatz des flüssigen Mediums im SZR, der darüber hinaus durch die farbliche Anpassung auch die Gestaltung der Fassade verändern kann.

2. Preis: Stretching Sunscreen

Das Konzept der zweiten Preisträger Jos Noordzij und Arash Khosnevis wurde als adaptiver Innen liegender Sonnen- oder Blendschutz entwickelt. Ausgehend von dem Phänomen, dass ein Luftballon, der aufgeblasen wird immer transparenter wird, haben die Studenten nach einen geeigneten Behang gesucht, der sich für diese Schutzfunktion eignet. Die Suche nach einem Material, das beim Stretchen (Strecken) transparenter und dadurch eine bessere Durchsicht von innen nach außen ermöglicht, wurde im „Try and Error Verfahren“ gefunden. Die gewünschte Breite für den Prototypen wurde durch aneinandernähen von schmalen Streifen erreicht. Der Prototyp verfügt über zwei Somfy Rohrmotoren, die über verosolSonnenschutzhalterungen vor einem Fenster­element montiert sind. Bedient man beide Motoren oben und unten parallel, lässt sich der Sonnenschutz einfach nach oben und unten verfahren. Bedient man nur einen der Motoren, lässt sich der Sonnenschutzbehang spannen und die Transparenz kann stufenlos eingestellt werden.

Bewertung: Die Jury kommentierte dieses ­Konzept als sehr überraschend, da sich die Frage stellte, warum es bis dato noch keine derartige Lösungen am Markt gibt. Ein ähnliches positives Feedback lässt sich auch aus den Anfragen ­ableiten, die derzeit von Firmen für eine mögliche Weiterentwicklung gestellt ­werden.

3. Preis: Particle Shading

Wie man mithilfe von Rauch die Transparenz einer Fassade einschränken kann, war der Grundgedanke des Konzepts von Marius Otte und Christopher Koster.

Bei dieser Arbeit wurde in den Zwischenraum der Fassade über eine integrierte Leitungsführung Rauch eingeblasen. In der unbefüllten Situation ist die Fassade vollständig transparent, nach der Befüllung mit Rauch ist die Fassade undurchsichtig. Nachts lässt sich eine in den Zwischenraum integrierte LED Leuchtenleiste zuschalten, wodurch die gesamte Fassade farbig ­illuminiert wird. Das Fassadenelement, das einen Ausschnitt einer geschwungenen Holzfassade darstellt, soll später mit ETFE Folienkissen ausgeführt werden. Im Modell wurden tiefgezogene Plexiglas-Scheiben verwendet.

Bewertung: Die Jury lobte besonders die Anpassungsfähigkeit des Konzepts an nahezu jegliche Fassadengeometrie und die werbewirksame Wahl einer gewünschten Farbe.

Ziele der Masterausbildung

Fassadenkonzepte, wie die hier vorgestellten Beispiele werden an der TU Delft im ersten Semester der Masterausbildung vom Entwurf bis zum 1:1 Prototypen umgesetzt. Ziel dieser baulichen Umsetzung ist die Visualisierung des Wirkungsprinzips, weniger die Darstellung des fertigen Produkts. Dabei sollte ein Prototyp immer auch Raum für Umsetzungen und Anpassungen an eine freie Gestaltung lassen.

Um die Konzeptentwicklung zielführend voranzutreiben, wird der Kurs durch mehrere Nebenkurse begleitet. Diese beinhalten Materialwissenschaften, CAD Zeichnen und Tragwerksplanung. Durch die Bearbeitung eines Konzeptes innerhalb dieser verschiedenen Fachrichtungen durchlaufen die Studenten eine Vielzahl von Schritten, die analog einer praxisorientierten Entwicklung stehen und so das Rüstzeug für die spätere Praxis liefern.

Das Bucky Lab dient als Vorbereitung für die spätere Vertiefung des Masterstudiengangs als Baukonstrukteur oder Fassadenexperte. In Zukunft sollen im Rahmen der Bucky Lab-Bauwochen weniger, dafür aber größere Projekte im Semester bearbeitet werden, die sich mit den Themenbereichen der Gebäudehülle, Konstruktion, Material und Nachhaltigkeit beschäftigen werden.

Eine mobile Werkstatt ermöglicht es, die Bauwochen am Ende des Semesters auf dem Campus oder bei Industriepartnern auszuweiten. Alle Konzepte werden im jährlichen Rhythmus in der „imagine“ Buchserie von 010 publisher veröffentlicht und bilden so eine Quelle der Inspirationen für Architekten und Planer. —

1 Benannt nach dem amerikanischen Architekten und ­Visionär Buckminster Fuller.

Dr. Marcel Bilow

Der Autor

Dr. Marcel Bilow ist Leiter des „Bucky Labs“ an der Technischen Universität in Delft.

Mehr informationen über die Arbeiten und aktuellen Projekte finden Interessierte unter

http://www.imagineblog.tumblr.com

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