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Norm für maßhaltige Holzbauteile (Teil 1)

Licht in den 68800-Dschungel bringen

Bei entsprechender Ausrichtung ihrer Fertigung können Hersteller komplett auf den Einsatz von vorbeugendem chemischen Holzschutz verzichten. Wenn dieser aber nach wie vor chemische Holzschutzmittel anwenden möchte, gilt für ihn die Empfehlung von Teil 3 der DIN68800, die Holzschutzmittel-Imprägnierung am Einzelteil durchzuführen. Außerdem muss die Holzschutzmittelbehandlung deklariert werden. Ein weiteres Merkmal der DIN-Neufassung: Hersteller von Holzfassaden und -wintergärten werden zur Ausführung von Holz-Metall-Kombinationen gedrängt.

Die wichtigsten Bestimmungen der DIN68800

Die überarbeitete DIN ist in vier Teile unterteilt (die Angaben in Klammern geben den Hinweis auf den Zeitpunkt der Neufassung):

  • Teil 1 (2011-10): Allgemeines
  • Teil 2: (2012-02): Vorbeugende bauliche Maßnahmen im Hochbau
  • Teil 3: (2012-02): Vorbeugender Schutz von Holz mit Holzschutzmitteln
  • Teil 4: (2012-02): Bekämpfungs- und Sanierungsmaßnahmen gegen holzzerstörende Pilze und Insekten

Für Hersteller maßhaltiger Holzbauteile sind insbesondere die Teile 1 und 3 der neuen DIN68800 wichtig – mit Einschränkungen auch der Teil 2. Bekämpfungs- und Sanierungsmaßnahmen werden eher in seltenen Fällen ergriffen. Meist wird das komplette, befallene Bauteil (z.B. Fenster) ausgetauscht. Nachfolgend werden die wichtigsten Bestimmungen der einzelnen Teile der DIN68800 näher beleuchtet.

Tragend oder nicht tragend – das ist die Frage

DIN68800-1: Teil 1 bildet die Grundlage für die Anwendung der Norm; die anderen Teile dürfen nur in Verbindung mit diesem angewendet werden. Er teilt die Holzbauteile in „tragende“ und „nicht tragende“ Bauteile ein. „Nicht tragend“ ist demnach ein Holzbauteil, das „hinsichtlich der Standsicherheit der baulichen Anlage bzw. Teilen der baulichen Anlage und hinsichtlich der eigenen Standsicherheit nur von untergeordneter Bedeutung ist“. Vorhangfassaden und andere Fassadenelemente aus Holz sowie Wintergärten sind also als „tragende Bauteile“ anzusehen.

Die in DIN68800-1 definierten Gebrauchsklassen, d.h. die Zuordnung der Beanspruchung der Bauteile zu bestimmten Klassen, wurden im Prinzip aus der Europäischen Grundlagennorm EN 335 übernommen (siehe Tabelle 1). Allerdings definiert DIN68800-1 als „deutschen Sonderfall“ die Gebrauchsklasse 0 (GK 0). Diese betrifft Holzbauteile in der GK 1, bei denen das Risiko von Bauschäden durch holzzerstörende Insekten ausgeschlossen werden kann.

Für die Zuordnung von Holzbauteilen zu den Gebrauchsklassen gilt, dass das gesamte Bauteil der höchsten Klasse zuzuordnen ist, wenn sich einzelne Teile davon in verschiedenen Gebrauchsklassen befinden – es sei denn eine unterschiedliche Behandlung für einzelne Hölzer bzw. einzelne Holzbereiche ist möglich (z.B. durch Verwendung von Holzprodukten verschiedener Dauerhaftigkeit, Anwendung von Holzschutzmitteln usw.). Für maßhaltige Holzbauteile ergibt sich nach Tabelle 1 folgende Zuordnung zu den Gebrauchsklassen:

  • Klasse 0/1: Holz-Metall-Fassaden- und -Wintergartenkonstruktionen (vgl. DIN68800-2), Innenflächen von Holz- und Holz-Metall-Fenstern und -Außentüren
  • Klasse 2: Holz-Metall-Fenster und Außentüren (bewitterte Flächen)
  • Klasse 3.1: Bewitterte Flächen von Holzfenstern und -außentüren, Holzfassaden- und -wintergartenkonstruktionen (senkrechte und schräge Teile)
  • Klasse 3.2: Bewitterte Flächen von Holzfassaden- und -wintergartenkonstruktionen (waagerechte Teile).

Splint kann auch wie Kernholz behandelt werden

Die Mindestanforderungen bzw. -empfehlungen der DIN bezüglich der Dauerhaftigkeit der verwendeten Kernhölzer ohne zusätzlichen chemischen Holzschutz für nicht tragende (DIN68800-1, Tabelle E.1) und tragende Bauteile finden sich in den Tabellen 2 und 3 wieder. Wichtig ist, dass Kernholz mit einem anhaftenden Splintholzanteil bis zu 5 Prozent wie Kernholz behandelt werden darf, anderenfalls ist es wie Splintholz (Dauer­haftigkeitsklasse 5) zu behandeln.

Ziel der DIN68800 ist es, die Anwendung von Holzschutzmitteln auf ein notwendiges Minimum zu beschränken. Daher sind grundsätzliche bauliche Schutzmaßnahmen immer zu berücksichtigen, z.B. Vermeidung von Quellen und Schwinden durch Feuchtebelastung, Vermeidung von Tauwasserbildung und schnelle Ableitung von Niederschlagswasser, sowie die „besonderen baulichen Maßnahmen“ gemäß DIN68800-2 und der Einsatz von Kernhölzern mit ausreichender Dauerhaftigkeit.

Reichen diese Maßnahmen nicht aus, um einen Bauschaden durch holzzerstörende Organismen über einen angemessenen Zeitraum zu vermeiden, sind Holzschutzmittel nach DIN68800-3 anzuwenden. Allerdings führt DIN68800-1 aus, dass „in Räumen, die als Aufenthaltsräume genutzt werden, auf die Verwendung von vorbeugend wirkenden Holzschutzmitteln oder von mit vorbeugenden Holzschutzmitteln behandelten Bauteilen grundsätzlich zu verzichten ist.“

Wie viel Chemie darf/muss es sein?

DIN68800-3: Im Teil 3 der DIN68800 werden die Anforderungen an die Holzschutzmittel, die Behandlungsverfahren, die Eindringtiefen, die Anforderungen an die Ausführenden und an die Kennzeichnung der Holzschutzmittelbehandlung festgelegt. Neben den Druckverfahren werden auch Nichtdruckverfahren (z.B. Fluten, Tauchen) für bestimmte Anwendungen zugelassen.

Bei tragender Verwendung wird allerdings ab Gebrauchsklasse 3.1 die Anwendung von Kesseldruckverfahren erwartet, bei nicht tragender Verwendung ist sie in Gebrauchsklasse 3.2 vorgeschrieben. Holzschutzmittel für tragende Anwendungen bedürfen einer bauaufsichtlichen Zulassung.

Bezüglich der Eindringtiefe stellt DIN68800-3 folgende Anforderungen („NP“= new penetration class) an tragende Bauteile:

  • Gebrauchsklasse 3.1: NP 3 (6 mm seitlich), außer Kiefer (gut tränkbar): NP 5 (gesamtes Splintholz)
  • Gebrauchsklasse 3.2: NP 3 (6 mm seitlich), außer Kiefer (gut tränkbar): NP 5 (gesamtes Splintholz)

Anforderungen für nicht tragende Holzbauteile:

  • Gebrauchsklasse 3.1: NP 1 (keine Anforderung), außer Kiefer (gut tränkbar): NP 2 (3 mm seitlich)
  • Gebrauchsklasse 3.2: NP 2 (3 mm seitlich), außer Kiefer (gut tränkbar): NP 5 (gesamtes Splintholz)

Bei Fichte ist eine Anforderung an die Eindringtiefe ab NP 2 nur mit zusätzlicher Perforation zu erreichen; dies führt zu einem optischen ­Mangel und eventuell auch zu einem Festigkeitsverlust. Die Holzschutzmittelbehandlung ist auf den ­Begleitpapieren zu deklarieren. Ein Beispiel zeigt Tabelle 2.

Der Anhang C zu DIN68800-3 gibt ­Hinweise zur Anwendung von Holzschutzmitteln bei zu beschichtenden, nicht tragenden Bauteilen. Danach gilt:

  • Eine Holzschutzmittelbehandlung gegen holzzerstörende Insekten ist i.d.R. nicht erforderlich.
  • Bei Kernhölzern der Dauerhaftigkeitsklassen 1-3 ist ein Schutz gegen holzzerstörende und/oder holzverfärbende Pilze i.d.R. nicht erforderlich.
  • Bei Kernhölzern der Dauerhaftigkeitsklasse 4 und 5 und Splintholzanteil> 5 Prozent wird ein Schutz gegen holzzerstörende Pilze empfohlen, darauf kann jedoch unter Voraussetzung einer einwandfreien Konstruktion und Holzqualität auch verzichtet werden.
  • Bläueschutz ist nur in der Gebrauchsklasse 3.1 bei einem Splintholzanteil von 5 Prozent generell empfohlen
  • Wird eine Holzschutzmittelbehandlung durchgeführt, gilt die Eindringtiefeklasse NP.
  • Zum besseren Schutz der Eckverbindungen wird die Imprägnierung der Einzelteile vor dem Zusammenbau empfohlen.
  • Die Verklebung der Eckverbindungen darf durch die Imprägnierung nicht beeinträchtigt werden. —

Im zweiten Teil des Beitrags, der im Augustheft erscheint, geht es um die Anwendung bei maßhaltigen Holzbau­teilen – die überarbeitete DIN68800 bietet dem ­Hersteller eine ganze Reihe von Variationsmöglichkeiten.

Der Autor

Diplom-Holzwirt Eike Gehrts ist selbstständiger Berater für Fenster, Türen und Holzwerkstoffe und hat 2010/2011 im Auftrag der Holzfenster- und -fassadenbranche die Einspruchsberatungen zur DIN 68800 begleitet.

Kontakt: gehrts@window.de

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