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Glaswelt Gespräch

„Achten Sie auf den richtigen Vertrag“

GLASWELT – Frau Quest, häufig müssen Montagebetriebe nach dem Einbau von Fenstern oder Verglasungen auf ihr Geld warten. Wie lässt sich das beschleunigen?

Katrin Quest – Das hängt zuerst von der Art des Vertrags ab. Stellt der Handwerker das Bauteil aus einzelnen Materialien auf der Baustelle her und montiert es anschließend, liegt ein Werkvertrag vor. In diesem Fall ist nach § 641 BGB der vereinbarte Werklohn mit der Abnahme der Leistung fällig.

Daneben sieht der § 632a BGB die Möglichkeit vor, Abschlagszahlungen nach Leistungsstand zu fordern. Nach Einbau beispielsweise eines oder mehrerer Fenster, kann der Auftragnehmer also eine Abschlagsrechnung stellen. Diese muss für den Auftraggeber erkennen lassen, welcher Leistungsstand abgerechnet wird. Bezahlt der Auftraggeber diese Rechnung nicht, kann der Handwerker (als Auftragnehmer) weitere Leistungen bis zur Bezahlung verweigern.

Anders ist es jedoch, wenn ein Werklieferungsvertrag vorliegt. Werden fertige Bauteile lediglich noch zur Montage auf die Baustelle gebracht, so ist der Vertrag im Wesentlichen nach Kaufrecht zu beurteilen. Der Kunde, also der Käufer, ist grundsätzlich Zug um Zug gegen Lieferung und Einbau zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet. Eine Vorleistungspflicht des Verkäufers (in diesem Fall des Handwerkers) gibt es nicht. Daher sieht das Gesetz auch keinen Anspruch auf Abschlagszahlungen vor.

GLASWELT – Welche Möglichkeiten hat der Handwerker sich vertraglich besser zu stellen?

Quest – Er kann und sollte die Zahlungsmodalitäten bereits im Vertrag regeln. Möglich ist dabei z.B. eine Vereinbarung von Teilzahlungen nach Leistungsstand.

Auch eine Vorauszahlungspflicht kann im Vertrag (Achtung: nicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) vereinbart werden. Zahlt der Käufer dann nicht entsprechend der vertraglichen Vereinbarung, steht dem Handwerker ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Leistung nach § 273 BGB zu.

GLASWELT – Wo gibt es in der Rechtsprechung aktuell Änderungen, die für den Handwerker ­relevant sind, und die sich positiv für ihn ­auswirken können?

Quest – Am brisantesten dürfte die dem Europarecht geschuldete Entwicklung sein, dass Bauverträge immer häufiger als sogenannte Werklieferverträge dem Kaufrecht unterfallen.

Neben den vergütungsrechtlichen Auswirkungen möchte ich noch folgende, relevante Punkte ansprechen: Unter Kaufleuten gibt es die sogenannte kaufmännische Rügepflicht. Danach muss der Kaufgegenstand, beispielsweise ein Fenster, unmittelbar bei Anlieferung auf Mängel überprüft werden.

Werden erkennbare Mängel nicht unverzüglich gerügt, ist der Käufer mit seinen Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen. Das gilt auch dann, wenn die Gewährleistung noch lange nicht abgelaufen ist. Die Rechtsprechung hat hier kürzlich erst sehr weitreichende Untersuchungspflichten im Rahmen einer Stahllieferung bestätigt. Dies ist sowohl Chance als auch Risiko für den Montagebetrieb, je nachdem auf welcher Vertragsseite er sich befindet.

Auch die Vorgehensweise bei Mängeln unterscheidet sich im Kauf- und im Werkvertrag. So kann der Käufer wählen, ob er Nachbesserung oder Neulieferung wünscht. Andererseits steht ihm kein Vorschussanspruch für eine Mangelbeseitigung zu. Die Geltung der VOB/B kann im Kaufvertrag nicht vereinbart werden.

Die Kriterien, anhand derer die Einordnung dieses Vertragstyps vorgenommen werden, sind noch stark umstritten. Klar ist nur, dass es auf die Bezeichnung des Vertrags nicht ankommt. Wenn im Streitfall die konkrete Einordnung des Vertrags entscheidend ist, kann ich daher nur dazu raten, fachmännischen rechtlichen Rat einzuholen – und zwar am Besten bereits bei der professionellen Vorbereitung der zu verwendenden Vertragsmuster.

GLASWELT – Was raten Sie, wenn auf der Baustelle mit dem Bauherrn oder dem Architekten Absprachen getroffen werden, diese vor Ort aber nicht schriftlich festgehalten werden?

Quest – Der Handwerker sollte unmittelbar nach solch einer Absprache – spätestens aber am selben Abend – die besprochenen Punkte schriftlich zusammenfassen und dieses Protokoll per Fax oder E-Mail an alle Beteiligten schicken. Dabei sollte neben den konkreten Absprachen auch aufgenommen werden, wann und wo die Absprache getroffen wurde und wer daran beteiligt war. Bei Absprachen mit dem Architekten muss auch der Auftraggeber direkt ein Exemplar des Protokolls erhalten.

In seinem Urteil vom 27.11.2011 – VII ZR 186/09 – hat der BGH entschieden, dass derjenige, der einem ihm zugegangenen Baustellenprotokoll, in dem die vor Ort besprochenen Änderungen niedergelegt sind, nicht unverzüglich widerspricht, den Protokollinhalt gegen sich gelten lassen muss.

Man muss jedoch beachten, dass in diesem Urteil die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens angewendet wurden. Dieses gilt nicht, wenn der Empfänger ein rein privater Bauherr ist. Ihm gegenüber haben solche Protokolle Indizwirkung. ­—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chefredakteur der GLASWELT.

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