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Bauelemente für jeden Einsatzzweck

Fenster und Fassaden modular konstruieren

Modularität ist nichts anderes als die Aufteilung eines Ganzen in Teile, die als Module, Bauelemente oder Bausteine bezeichnet werden und über definierte Schnittstellen interagieren. Aus den verschiedenen Bausteinen wird dann genau das Ganze, das der Kunde wünscht.

Dies wird in der heutigen Zeit immer wichtiger, da die Anforderungen an die Produkte ­ immer vielfältiger und individueller werden: Fenster, Türen und Fassaden sollen z. B.

  • sicher,
  • komfortabel / behaglich,
  • barrierefrei / altersgerecht,
  • energiesparend / energiegewinnend,
  • nachhaltig,
  • dauerhaft und wartungsarm,
  • intelligent und selbstregulierend sein,
  • über eine ansprechende Optik und Haptik verfügen.

Das alles soll zusammen auch noch zu einem Preis möglich sein, der nicht sehr viel höher ist als der eines heute üblichen Standardfensters und mit einer Qualität, die einen langen Nutzungszeitraum ermöglicht. Hierzu gehört natürlich auch eine wartungs-/reparaturfreundliche Kon­struktion, die den Austausch schadhafter Module zulässt. Am besten wäre es auch noch, wenn das Produkt zukunftsfähig ist. Dies bedeutet, dass das Produkt durch Nachrüstung und mit Rücksicht auf den Geldbeutel des Bauherren auf dem aktuellen Stand der Technik gehalten, dem Zeitgeist und Geschmack jederzeit angepasst oder durch zusätzliche Features erweitert werden kann.

Prinzipien

Um alle diese Dinge erfüllen zu können, muss man gewisse Randbedingungen und Standards schaffen. Das zentrale Thema sind Schnittstellen. Nur wenn die Schnittstellen klar definiert sind, können Module problemlos ausgetauscht und hinzugefügt werden. Die Mittel, die hierzu eingesetzt werden, sind hinlänglich bekannt:

  • Normung → nationale, europa- oder weltweite Kompatibilität
  • Industriestandards → Austausch von Modulen unter­schiedlicher Hersteller
  • Hersteller/Systemstandards → Kompatibilität im System

Ein weiterer Punkt, der beachtet werden muss: Die Veränderungen der Module dürfen sich nicht auf andere Module auswirken. Man spricht hier auch von lokaler Stetigkeit des Moduls bei Änderungen.

Wenn man diese Prinzipien beherzigt, kann man seinem Kunden eine große Produktvielfalt bei geringen Entwicklungskosten für das einzelne Produkt zu vertretbaren Kosten durch die Standardisierung von Modulen bieten. Dies geschieht selbstverständlich bei kurzen Lieferzeiten und einer hohen Variantenzahl.

Vorteile des modularen Konstruierens

Hat man es erreicht, so zu konstruieren und zu produzieren, kann man folgenden Nutzen und Vorteile daraus gewinnen:

  • Variantenvielfalt
  • Kostenersparnis durch -Serienfertigung -Zeitersparnis/Bauzeit -Vorfertigung in der Fabrik
  • geringerer Konstruktionsaufwand
  • Recycling: Modulares Konstruieren ist die Voraussetzung für nachhaltiges Bauen, da nur so aufgebaute Produkte hinterher wieder sortenrein getrennt und wiederverwertet oder entsorgt werden können.
  • Qualität: kontrollierte Qualität aus dem Betrieb (keine Baustellenfertigung); erprobte Module (keine Prototypen)

Im Fensterbau bekannte Module und Schnittstellen

Es ist allerdings nicht so, dass man im Fenster- und Fassadenbau bei Null anfangen muss, wenn man über modulares Konstruieren nachdenkt. Auch heute nutzen wir bereits eine Vielzahl von Modulen, die in irgendeiner Weise standardisiert sind. Als Beispiele sind hierfür bei Fenstern die folgenden Module zu nennen:

  • Isolierglas
  • Beschläge (DK, PSK, Schwing, HS, …)
  • Dichtungen
  • Fensterlüfter
  • Antriebe
  • Abschlüsse (Rollladen, Klappladen, …)
  • Fensterbänke

Bei der Türenherstellung kann auf folgende Module zurückgegriffen werden:

  • Isolierglas
  • Beschläge (Schlösser, Bänder)
  • Dichtungen
  • Schwellen
  • Türschließmittel (Obentürschließer, Federbänder, …)
  • Antriebe, etc.

Und für die Vorhangfassaden können folgende Module verwendet werden.

  • Fenster
  • Türen
  • Isolierglas
  • Dichtungen
  • Abschlüsse (Raffstores, Sonnenschutz­lamellen, …)
  • Lüftungseinrichtungen
  • Haustechnikmodule, etc.

Generell für einen Baukörper existieren folgende standardisierte Module:

  • Mauersteine (Maßordnung im Hochbau)
  • Fensteröffnungen in Nordamerika (Standardmaße).

Bei all diesen Modulen/Baugruppen haben sich Standards entwickelt. Hierbei handelt es sich überwiegend um Industriestandards, die von der Zulieferindustrie entwickelt und gesetzt wurden. So gibt es keine Probleme, Fenster oder Türgriffe nach Design, Material und Qualität auszuwählen und gegen andere zu tauschen. Auch Beschläge einer Öffnungsart lassen sich relativ unproblematisch gegeneinander austauschen.

Niemand fragt, ob das Isolierglas eines Herstellers gegen das eines anderen ausgetauscht werden kann, um den Einbruchsschutz oder die Schall- bzw. Wärmedämmung zu verbessern.

Selbstverständlich gibt es aber auch Grenzen der Kompatibilität und nicht jedes Modul ist in jeder Kombination verwendbar. Ein weiteres Problem der heute üblichen Module ist die lokale Stetigkeit. Häufig kommt es zu Auswirkungen auf andere Eigenschaften, die nicht gewünscht sind. Beispielsweise können die hohen Glasgewichte von 3-fach-ISO nicht von jedem Beschlag getragen werden.

Wo ist Entwicklungsbedarf?

Moderne Fenster, Türen und Fassaden werden vermehrt als Teil der gesamten Gebäudehülle gesehen oder ersetzen diese teilweise sogar. Teilweise werden Fenster und Fassaden als aktive Bauelemente zur Steuerung des Raumklimas eingesetzt und müssen sich in die Gebäudeleittechnik integrieren.

Hier fehlt es häufig an Steuerungsparametern oder definierten Schnittstellen. Kompakte Technikmodule, die in Fenstern, Türen und Fassaden einfach integriert werden können, sind noch kaum verfügbar und Plätze sind hierfür nicht vorgesehen. Meist ist eine Nachrüstung von Technikmodulen ohne erheblichen baulichen Aufwand nicht möglich. Hier müssen Standards geschaffen werden, die eine Ergänzung von dezentraler Lüftungs- und Heiztechnik oder Telefon-, TV- und Netzwerkanschlüssen ermöglicht. Auch die Sensorik könnte integriert werden, sodass jeder Raum entsprechend Belegung und Raumklima gesteuert werden kann.

Dazu kommt, dass der Baukörper eine unzureichend definierte Schnittstelle ist. Man geht von einer Lebensdauer des Gebäudes von ca. 90 Jahren aus. Die Fenster und Türen werden aber ungefähr alle 30 Jahre erneuert. Es ist somit ein zweimaliger Austausch des Moduls Fenster/Tür erforderlich. Hier wird nach wie vor im Einzelfall geplant und konstruiert. Dies führt dann zwar meistens zum gewünschten Ergebnis, allerdings mit erheblichem Schmutz und Aufwand – was bei entsprechender Standardisierung einfacher und schneller gelöst werden könnte.

Die freie Kombination von Modulen zur Gestaltung des Wunschfensters ist noch Utopie. Die Trennung von Funktionen, z. B. Tragstruktur sowie Wärmeschutz und Gestaltung ist noch nicht konsequent vollzogen. Zwar kann in Teilbereichen relativ frei gewählt werden, wie bei der Farbe. Aber bereits bei der Auswahl verschiedener Materialien auf der Raumseite oder auswechsel- und skalierbarer Wärme- und Wetterschutzschichten auf der Außenseite straucheln die meisten Fenstersysteme. Die Nachrüstung gemäß den finanziellen Möglichkeiten des Bauherren sollte möglich sein.

Eines ist klar: Die Bauherren wünschen sich individuelle Produkte. Um auf die unterschiedlichen Wünsche schnell und kostengünstig bei bewährter Produktqualität reagieren zu können, bedarf es modular aufgebauter Bauelemente, die sich auch mit den finanziellen Möglichkeiten des Bauherren weiterentwickeln können.

Bei der Entwicklung der Module ist darauf zu ­achten, dass diese sich gegenseitig möglichst wenig beeinflussen, um einen freien Austausch zu ermöglichen. Zur Integration der Module in die Bauteile gehört ein Platz für die Gebäudetechnik in oder an Fenstern, Türen und Fassaden. Auch die Schnittstelle Baukörperanschluss sollte in die Überlegungen einbezogen werden.—

Wissenswertes in Kürze

Der Kunde wünscht sich ein individuelles Produkt zu einem attraktiven Preis bei bewährter Produktqualität. Natürlich wartungsarm und reparaturfreundlich. Idealerweise zukunftsfähig und nachrüstbar.

Durch das modulare Konstruieren lassen sich diese Ziele erreichen:

  • Modular, entsprechend den Kundenwünschen und finanziellen Möglichkeiten zusammenstellbare Produkte.
  • Einfache Montage und einfacher Austausch am Ende der Nutzungszeit.
  • Einfache Nachrüstung, Wartung und Pflege während der Nutzung.

Der Autor

Jörn P. Lass (47) ist seit 2000 Mitarbeiter am ift ­Rosenheim in der Funktion als Geschäftsbereichsleiter Bauteile und Prüfstellenleiter für Fenster, Haustüren und Fassaden. Seit 2009 ist er Lehrbeauftragter an der FH Rosenheim im Masterstudiengang Fenster und Fassaden und Mitarbeiter in verschiedenen ­Normenausschüssen.

https://www.ift-rosenheim.de

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