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Glaswelt Gespräch

Keine Angst vor dem Bauherrn

Glaswelt – Herr Niemöller, wo kann es aus juristischer Sicht für den Handwerker Probleme nach Fertigstellung oder Montage geben?

Prof. Christian Niemöller – Der ordentliche Handwerker neigt im Hinblick auf eine gute Kundenbeziehung oft dazu, vorschnell einen Mangel an seiner Leistung einzuräumen und/oder seinem Auftraggeber eine Mangelbeseitigungsmaßnahme zu versprechen. Rechtlich kann das Nachteile bringen, denn das Einräumen bzw. Zugestehen eines Mangels kann eine neue selbstständige Verpflichtung des Auftragnehmers begründen. Man spricht dann von einem Anerkenntnis im Rechtssinn.

Durch den möglicherweise voreilig zugestandenen Mangel, kann also ein Nachteil bei der weiteren Abwicklung mit dem Auftraggeber entstehen. Im Übrigen kann das Anerkenntnis eines Mangels dazu führen, dass gemäß §§ 781, 212 BGB die Frist zur Verjährung von Mängel­ansprüchen des Auftraggebers erneut zu laufen beginnt.

Glaswelt – Und was raten Sie?

Niemöller – Sind die Ursachen für eine Beanstandung des Bauherrn nicht geklärt, sollte der Handwerker stets von Beanstandung und nicht von einem Mangel sprechen und sein weiteres Vorgehen sorgfältig bedenken.

GLASWELT – Gerade Subunternehmer haben es oft schwer an ihr Geld zu kommen. Wie lässt sich die Bauabnahme reibungslos gestalten?

Niemöller – Wichtig ist zunächst, dass der Sub- oder Nachunternehmer seine Vertragsunterlagen – bitte vor Vertragsunterzeichnung – sorgfältig durcharbeitet und auswertet. Zahlungs- oder Abnahmeklauseln, die den Zahlungsfluss oder die Abnahme von Ereignissen abhängig machen, auf die der Subunternehmer keinen Einfluss hat, sollte er nicht akzeptieren. Beispiele hierfür sind: Abnahme erst mit der Gesamtfertigstellung des ­Objekts oder Zahlung erst, wenn die Bauherrschaft an den Generalunternehmer bezahlt (vgl. LG Saarbrücken, IBR 2012, 132).

Nach Vertragsabschluss muss er dann eine qualitativ ordentliche/vertragsgerechte Leistung erbringen. Parallel zu seinen Arbeiten muss der Subunternehmer darauf achten, dass er einen Schriftverkehr führt, der seine Rechte hinreichend wahrt.

Glaswelt – Was bedeutet das im Detail?

Niemöller – Zum ordnungsgemäßen Schriftverkehr zählt bei einem VOB-Vertrag die Pflicht, etwaige Bedenken (§ 4 Abs. 3 VOB/B) anzumelden oder auf Behinderungen seiner Arbeit hinzuweisen (§ 6 Abs. 1 VOB/B). Kommt er seiner Auftragnehmerpflicht zur Bedenkenanzeige ordnungsgemäß nach, ergibt sich eine Haftungsbeschränkung zu seinen Gunsten: Hat er vor Beginn seiner Arbeiten z.B. Bedenken gegenüber der Vorleistung eines anderen Handwerkers mitgeteilt, kann er vom Auftraggeber zu einem späteren Zeitpunkt insofern nicht mehr in die Haftung genommen werden. Auch wenn es entsprechend seiner Bedenken zu Beanstandungen kommt (§§ 4 Abs. 3, 13 Abs. 3 VOB/B).

Glaswelt – Ist das so einfach?

Niemöller –Nein, hier ist Vorsicht geboten: Erkennt der Auftragnehmer nach der Übermittlung seiner Bedenkenmitteilung, dass der Auftraggeber ungeeignete Abhilfemaßnahmen ergreift, kann er zur erneuten Mitteilung seiner Bedenken verpflichtet sein, um eine Haftungsbefreiung zu seinen Gunsten herbeizuführen (vgl. grund­legend: KG IBR 2002, 247). Entgegen einer weit verbreiteten Annahme entfällt die Prüfungs- und Hinweispflicht des § 4 Abs. 3 VOB/B im Übrigen nicht, wenn der Auftraggeber selbst fachkundig ist oder fachkundig beraten wird (vgl. BGH IBR 2001, 177).

Glaswelt – Was müssen Handwerker beachten, wenn sie Nachträge stellen?

Niemöller – Nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Dresden muss der Handwerker als Auftragnehmer bei Nachtragsangeboten darauf achten, dass er diese bis spätestens zur Abnahme beim Bauherren (Auftraggeber) eingereicht hat. Wird ein Nachtrag nicht bis zur Abnahme gestellt, soll er laut OLG Dresden IBR 2012, 70 grundsätzlich keinen Anspruch auf Zusatzvergütung begründen können.

Glaswelt – Welche Falle sehen Sie bei der Bauabnahme bzw. beim Abnahmeprotokoll?

Niemöller – Es macht wenig Sinn, auf einem mangelfreien Abnahmeprotokoll zu bestehen und lieber den Abnahmetermin um Wochen zu vertagen, als unmittelbar ein Abnahmeprotokoll mit einem Mangelvorbehalt des Auftraggebers zu akzeptieren.

Wegen der erheblichen Rechtswirkungen der Abnahme nach § 12 VOB/B (z.B. Ende der Leistungsschutzverpflichtung des Auftragnehmers) sollte man vielmehr darauf bedacht sein, den Zeitpunkt der Abnahme seiner Lieferungen/Leistungen möglichst früh herbeizuführen. ­—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chef­redakteur der GLASWELT.

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