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Energy Forum in Brixen

“PV alleine reicht heute nicht mehr aus!“

„Ohne gebäudeintegrierte Photovoltaik kann es heute keine Plus­energiegebäude geben“, so Stephen Wittkopf von der Hochschule Luzern. „Unser Ziel muss es sein, aus dem energiekonsumierendem Bauteil Fassade ein optimierendes, sprich energiesparendes und energieerzeugendendes, Bauteil zu machen.“

Gerade über die Energiegewinnung lasse sich (zumindest ein Teil) der Kosten einer Fassade refinanzieren. Hierbei seien jedoch nicht alleine die In­vestitionskosten zu betrachten. Bei einer realen Kostenberechnung müssten die Verbrauchskosten des Gebäudes mit herangezogen werden.

Dies gelte insbesondere beim Kostenvergleich mit herkömmlichen Fassaden. Bei der Sanierung von Verwaltungsbauten seien integrierte PV-Fassadenmodule eine interessante Alternative und rechneten sich schnell, gerade wenn eine Glasfassade ohnehin saniert werden müsse.

Neben dieser Notwendigkeit zeichne sich eine weitere Anforderung ab: Die Minimum-Energie-Performance eines Gebäudes werde in der Zukunft die Hauptaufgabe bei der Planung und Umsetzung sein. Standardfassaden mögen zwar die aktuellen Anforderungen und Normen erfüllen, lassen sich jedoch nicht an künftige Anforderungen anpassen.

Dazu ergänzte Referent Dieter Moor von der Firma Arconsol, Linz: „Wir sollten bei Fassaden mit BIPV mehr als die Energiegewinnung und die Pay-back-Zeit im Blick haben. Das reicht heute nicht mehr aus. Wir sollten die multifunktionalen Möglichkeiten von PV nutzen, insbesondere auch die Chance mittels PV-Anwendungen auch die Verschattungsfunktion sowie den Sichtschutz mit umzusetzen.“

Gerade bei Glasfassaden sei dies ein relevantes Thema, aufgrund der hohen Kosten für die Kühlung, die wesentlich teurer sei als anfallende Heizkosten.“

Interessant waren die Ergebnisse einer neue Forschungsstudie des Fraunhofer Instituts zu erneuerbaren Energien.

Diese stellte der Leiter der Gruppe Solarfassaden beim Fraunhofer Institut für Solarenergiesysteme in Freiburg, Tilmann Kuhn, vor: „Um Strom über erneuerbare Energie zu gewinnen, brauchen wir viel Platz. Deshalb werden wir in Deutschland nicht daran vorbeikommen, künftig auch die Fassadenflächen hierfür mit einzubinden.“ so Kuhn und erläuterte weiter: „Ab 2020 ist das Netto-Nullenergiegebäude in der EU Vorschrift. Bei kleinen Gebäuden ist das gut über die Dämmung sowie Photovoltaik oder Solarthermie auf dem Dach zu erreichen. Bei größeren Gebäuden ist jedoch die ausschließliche Nutzung des Dachs zu wenig.“ Hier werde die gesamte Gebäudehülle – inklusive Fassade – auch in wirtschaftlicher Hinsicht interessant.

Spannend war weiter die Vorstellung von neuen, organischen PV-Zellen und des OLED Windows (basierend auf Dünnschichttechnik) durch Peter Erk, dem Leiter der PV-Entwicklung der BASF. So wolle man mit der Kombination aus im Glas integrierten organischen Solarzellen und LEDs künftig die Scheibe nicht nur als Energiegewinner nutzen, sondern bei Dunkelheit auch als Lichtelement. Der Raum werde abends mittels LEDs im Glas erleuchtet. Dies erfolge über den Strom, der am Tag mit der Glasscheibe gewonnen wurde.

Die organischen Zellen sollen eine Stabilität von 20 Jahren gewährleisten. Die Effizienz liege derzeit bei etwa 10%. Das Potenzial sieht Peter Erk bei 15 %, was er in den kommenden zwei bis drei Jahren für erreichbar halte.

Technik ist nicht alles – neue Anforderungen an PV

Die allgemeine Tendenz gehe heute hin zu angepassten Solarzellen, etwa farbigen Zellen mit hohem Transparenzgrad etc. Dies trage dem Trend Rechnung, dass nicht mehr alleine die Energiegewinnung gefragt sei, sondern auch weitere Funktionen (z.B. Verschattung, Sicht- und Blendschutz). Gerade für fassadenintegrierte Module spiele deshalb die optische Erscheinung und die Flexibilität der Systeme eine relevante Rolle.

Der generelle Tenor vieler Vorträge lautete: Die technisch-funktionalen Aspekte von integrierten PV-Systemen müssen auch die ästhetisch-architektonischen Notwendigkeiten berücksichtigen.

Nur über eine ansprechende Optik der eingesetzten Systeme lasse sich künftig auf breiter Linie eine Akzeptanz der Bauherren und Gebäudenutzer erreichen. Hier sei die PV-Industrie gefragt: Sie müsse in Zukunft eine weit größere Auswahl an optisch ansprechenden Systemen bereitstellen, als heute erhältlich sind.

Zufriedene Besucher aus aller Welt

Dass es weltweit eine Reihe interessanter Ansätze für Photoltaik-Fassaden gibt, die teils heute schon Marktreife besitzen, haben die Vorträge anschaulich gezeigt. Auf die Frage, was die (Mehr-)Kosten solcher Systeme angeht, sollten statt der Investitionskosten immer die Lebenszykluskosten sowie die Energiekosten über die Lebensdauer des jeweiligen Gebäudes betrachtet ­werden.

Doch fast noch wichtiger als die Kosten sei es, bei der Entscheidung für eine Solarfassade den Nutzer und dessen Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen. Der Endkunde suche ansprechende Produkte, die ihm einen hohen Komfort bieten. Und gerade multifunktionale PV-Anwendungen seien dafür prädestiniert.

Die hochkarätig besetzte internationale Fachkonferenz begeisterte diesmal über 250 Besucher aus 31 Ländern. Zu den Teilnehmern zählten unter anderem Fachplaner, Vertreter aus der Bau- und Solarindustrie sowie Wissenschaftler. Selbst ein Fensterbauer aus Luxemburg war angereist: Werner P. Carl, Geschäftsführer des Fensterbauers Coplaning aus Junglinster: „Das Energy Forum in Brixen war für mich sehr interessant. Wir kommen hierher, um mehr über die Zukunft der Gebäudehülle zu erfahren. Und gerade als Fensterbauer müssen wir künftig die gesamte Gebäudehülle betrachten. Vielleicht auch bald inklusive Fenster mit transparenten PV-Zellen im Fensterglas. Am meisten haben mich die Gläser mit integrierten organischen Solarzellen in Kombination mit organischen LEDs begeistert.“

Weiter schätzen die Teilnehmer den intensiven Austausch mit Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft, für den die Veranstalter Raum neben dem Konferenzprogramm eingeräumt hatten.

Zufrieden mit der Veranstaltung zeigten sich auch Organisator Andreas Karweger und sein Team, der einen Besucherzuwachs von rund 15 Prozent verbuchen konnte: „Unser Fachkongress hat sich als internationaler Branchentreffpunkt für die Solar-, Bau- und Energiewirtschaft etabliert und dient heute für Fachleute aus allen Teilen der Welt als wichtiges Forum, um Kontakte über die eigene Disziplin hinaus zu knüpfen.

Bei der 8. Auflage der Fachtagung wird es eine Änderung im Ablaufmodus geben. Anstatt eines einzelnen, durchlaufenden Vortragsmodus werden die Präsentationen dann in zwei parallelen Sessions gehalten werden.

Das nächste Energy Forum findet am 5. und 6. November 2013 statt, der Veranstaltungsort ist wieder die „Solarstadt“ Brixen. —

Tipp der Redaktion: Interessierte können die Konferenzdokumentation mit den ­Vorträgen im Internetportal des Energy-Forums bestellen.

http://www.energy-forum.com

Matthias Rehberger

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