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Neue Verklebungstechnik für Fenster

Glasverbund sorgt für schmale Rahmen

Isolierglas besteht aus zwei oder drei durch einen Abstandhalter voneinander getrennten Glasscheiben, die mit einem elastischen Klebstoff verklebt sind. ­Diese Verklebung stellt die Dichtheit des zwischen den Glasscheiben bestehenden Luftraums ­sicher und verbindet diese auf sehr flexible Weise. Zudem stellt sie eine mechanische Kopplung zwischen den Glasscheiben her. Wenn das ­Isolierglas durch Windlasten beansprucht wird, ermöglicht diese Kopplung, die Beanspruchungen in den Glasscheiben in Abhängigkeit von ihrem jeweiligen Dicken zu verteilen (DIN 18008-1 und 2).

Isolierglas lässt sich mit einer Verbundplatte (Sandwichplatte) vergleichen, deren einzelne Lagen auf elastische Weise über die gesamte Kontur durch Abstandhalter und Klebstoff miteinander verbunden sind. Die Kopplung ermöglicht die Beanspruchung der beiden äußeren Lagen. Trotz des hohen Elastizitätsmoduls des Glases ­ (Eg = 70 000 N/mm2) ist diese Verbundplatte sehr flexibel, da ihre Struktur keine starre Übertragung der Scherkräfte ermöglicht. Wenn das Isolierglas auf Biegung belastet wird, werden die Glasscheiben unabhängig voneinander beansprucht. Bild 1 stellt den Querschnitt eines Isolierglases dar.

Das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Verklebungssystem ermöglicht die Sicherstellung einer starreren Übertragung der Scherkräfte, um die Steifigkeit der Struktur zu steigern. Die Verklebung und das U-Profil erzeugen ein zusätzliches Moment durch Mobilisierung der statischen Höhe des Isolierglases.

Die Größe des Moments hängt ab von der Steifigkeit des Klebstoffs und der Geometrie der Fuge. Die Montage des Profils durch Verklebung mit dem Glas ermöglicht die flächige Übertragung der Kräfte. Diese Verbindung bietet besondere Vorteile, da sie Probleme durch Spannungskonzentrationen vermeidet, wie sie bei Punktmontagen auftreten. Die Montage des U-Profils am Glas schafft im Prinzip eine Platte, die sich aus drei Elementen zusammensetzt:

  • dem Isolierglas
  • dem U-Profil
  • vier Verbindungen zwischen dem Glas und dem U-Profil

Zur Illustration dieser Konstruktion zeigt Bild 2 den Querschnitt eines durch ein verklebtes ­U-Profil verstärkten Isolierglases.

Die weiter vorne beschriebene Verbundstruktur ist sehr komplex. Im Rahmen neuer Entwicklungen von Fenstersystemen wird die Durchführung tiefergehender Forschungen zur Verklebung empfohlen. Tatsächlich muss ihr Funktionieren für die gesamte Lebensdauer (ca. 30 Jahre) des Fensters garantiert werden.

Anwendungsmöglichkeiten

1. Fensterkonstruktionen verstärken: Konstruktionen von PVC-Fenster werden ab einer Höhe von ca. 1,2 m mit einer Stahlarmierung versteift. In neuen PVC Fenster-Systemen wird die Armierung auch durch verschiedene Maßnahmen ersetzt (GFK-Profil, Metallkabel, Erhöhung der PVC-Dichte usw.). Das Verklebungsverfahren könnte in einer an diese Anwendung angepassten Version eine sehr interessante Alternative darstellen. Der Isolierglashersteller würde das Profil in einer industriellen Umgebung verkleben.

Anschließend könnte das Fenster auf herkömmliche Weise gefertigt werden. Diese Anwendung des Verklebungsverfahrens ist eine detaillierte Untersuchung wert, da es für die PVC-Fensterbranche sehr bedeutend sein könnte.

Auf dem aktuellen Markt für Schiebefenster findet man Systeme, bei denen das Glasrahmenprofil mit einem weichen Klebstoff auf das Glas geklebt wird. Dieses Profil dient zur Aufnahme eines zweiten Elements, das die Dichtheit des Fensters sicherstellt. Bild 3b (auf der nächsten Seite) verdeutlicht diese Konstruktion: Es handelt sich um ein Anschlussdetail des Fenstersystems Vitrocsa TH+. Bei diesem System gewährleisten die Profile die nötige Steifigkeit gegenüber den Biegekräften. Durch eine Anwendung des beschriebenen Verfahrens ließen sich die Abmessungen der Profile reduzieren. Wenn diese schmaler und schlanker werden, würden sie diese Art von Schiebefenster stark aufwerten. In der modernen Architektur werden die filigranen Fensterkonstruktionen sehr geschätzt.

2. Neue Fenstersysteme:

Das vorgestellte Verfahren macht aus dem Isolierglas ein tragendes Element. Durch diese Besonderheit lässt sich der Bau eines Fensters von Grund auf verändern. Der Rahmen des Öffnungselements hat nicht mehr die gleiche statische Funktion, da er nicht mehr dazu dient, die Windlasten aufzunehmen. Dadurch lassen sich die Abmessungen des Flügelquerschnitts mit folgender Zielsetzung reduzieren:

  • Verbesserung der thermischen Leistung
  • Maximale Vereinfachung der Herstellung
  • Filigranes Aussehen

Das Verklebungsverfahren für Isolierglas ermöglicht eine Nutzung der statischen Höhe des Isolierglases, um die statische Leistung des Fensters zu erhöhen. Somit können Elemente mit größeren Abmessungen realisiert werden.

Das Verfahren kann als Grundlage für die Entwicklung von innovativen Fenstersystemen und Fassadenelementen dienen. Bild 4 zeigt das Beispiel eines neuen Fenstersystems, das äußerst kleine Rahmenquerschnitte aufweist.

Vorteile der neuen Systeme: Im Gegensatz zu den aktuellen Profilen wirkt sich die Erhöhung der Glasdicke günstig auf das statische Verhalten des Fensters aus. Die Verringerung des Rahmenquerschnitts ermöglicht eine Erhöhung der thermischen Leistung des Fensters. Erste Berechnungen zeigen, dass der Wert um ca. 20 Prozent besser ist, als derjenige der aktuell verklebten ­Systeme.

Die Verringerung des Querschnitts verleiht dem Fenster ein filigranes Aussehen. Das Verfahren lässt sich auf Fenster aus Holz, Holz/Metall, PVC oder Aluminium anwenden. Auf der gleichen Basis könnte man theoretisch eine ganze Palette von Produkten abdecken. Diese Besonderheit ist völlig neu auf dem Gebiet der Fensterkon­struktion und eröffnet ungeahnte Perspektiven. So könnte ein Hersteller mit derselben Basis verschiedene Märkte bedienen (Holz, PVC und Alu).

Aber ein anderer positiver Aspekt kommt noch hinzu: Derzeit setzen sich die Fenster mit mehreren Flügeln aus unterschiedlichen Rahmen für links und rechts zusammen. Um die Breite des Mittelteils zu verringern, ist der linke Rahmen anders gestaltet als der rechte (Bild 5a). Durch eine Verringerung des Rahmenquerschnitts wird ein Mittelteil mit identischen Profilleisten ermöglicht (Bild 5b). Dadurch kann der Fertigungsprozess des Fensters vereinfacht werden. Das Bild zeigt den Mittelteil eines Holz-/Metall-Fensters sowie denjenigen eines Fensters mit verklebtem Isolierglas.

Das Verkleben des Profils auf dem Glas könnte seitens des Glasherstellers in einer industrialisierten Umgebung erfolgen und „der Rest“ der Produktion in kleinen und mittleren Unternehmen. Auf diese Weise kann das Verfahren einen Mehrwert für den Isolierglashersteller schaffen. Im Gegensatz zu den derzeitigen Systemen mit Verklebung erfordert die Herstellung dieser Art von Fenster keine kostspieligen Anlagen und wäre daher gut für KMUs geeignet.

Die Verringerung des Flügelrahmenquerschnitts ermöglicht Materialeinsparungen. Für Holzfenster sind stark vereinfachte Systeme (Bild 5b) denkbar mit folgender Zielsetzung:

  • Verringerung des Materialverlustes
  • Verringerung der Kosten für Werkzeug
  • Vereinfachung der Montage
  • Vereinfachung des Verfahrens zur Herstellung des Rahmens

Dieses Verklebungssystem wirft aber auch verschiedene Fragen auf: So sind beispielsweise weitere Versuche erforderlich, um die Leistung der Verklebung sicherzustellen. Dabei verdient das Verkleben des Profils auf das Glas besonderes Augenmerk, da es die Haltbarkeit der Verbindung genauso beeinflusst wie ihre mechanische Leistung und die Produktionskosten. Außerdem spielt das Profilmaterial eine entscheidende Rolle bei der Anwendung des Verfahrens.

Alles in allem haben sich die Arbeiten als äußerst interessant herausgestellt – sie enthalten innovative Ideen, die in zukünftigen Studien gemeinsam mit der Industrie weiterentwickelt werden. —

Der Autor

Marc Donzé ist an der Berner Fachhochschule (BFH) in Biel stv. Leiter der Abteilung Statik, Bauphysik, Fassaden.

marc.donze@bfh.ch

Die windays in Biel

Marc Donzé wird auch auf den windays über dieses Thema referieren. Die Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau bietet der Fenster- und Fassadenbranche am 14. und 15. März auf diesem Kongress einen Einblick in die neuesten Entwicklungen. Damit soll der wissenschaftliche Erfahrungsaustausch gefördert, ein umfassender Einblick in den Markt gegeben und eine Diskussions-Plattform geboten werden. Die Schwerpunkte: Konjunktur und Markt, Bauphysik und Technik, Trendforschung, nachhaltiges Ressourcenmanagement, intelligente Planungskonzepte.

Wann und wo: Kongresshaus Biel, 14. und 15.03.2013.

Mehr Informationen: Anicia Schneider, +41(32)3440330, anicia.schneider@bfh.ch

http://www.windays.ch

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