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Glas-Beschichtungen Teil 04

Wer kennt die Grundlagen?

Die lichttechnischen und strahlungsphysikalischen Kenngrößen für Verglasungen, Absorption, Transmission und Reflexion, werden auf Grundlage der EN 410 bestimmt. Dabei bedeutet die Lichttransmission τv den direkt durchgelassenen Strahlungsanteil im Bereich der Wellenlänge von λ = 380 nm bis 780 nm bezogen auf die Hellempfindlichkeit des menschlichen Auges. Sie wird in Prozent [ %] ausgedrückt. Die Hellempfindlichkeit unseres Auges nimmt Grün am deutlichsten wahr, Rot und Blau dagegen weniger intensiv. Dieser Zusammenhang ist bei der Entwicklung von Beschichtungen in Bezug auf die Schichtfarbe wichtig.

Eine weitere relevante Kenngröße ist der Gesamt­energie­durchlassgrad g (g-Wert). Er beschreibt die durch Verglasungen hindurchgehende Energie der Sonnenstrahlen im Wellenlängenbereich von λ = 300 nm bis 2500 nm. Der g-Wert setzt sich zusammen aus direkter Sonnenenergietransmission τe und sekundärer Wärmeabgabe nach innen (qi) infolge langwelliger Strahlung und Konvektion. Der g-Wert wird in Prozent [ %] ausgedrückt. Der Zusammenhang von Lichttransmission und g-Wert wird durch die Selektivitätskennzahl S ausgedrückt. Es gilt die Formel:


Angestrebt wird eine hohe Selektivität, also ­eine hohe Lichttransmission bei möglichst geringem g-Wert. Ist S> 1 bedeutet dies, dass die Verglasung vorwiegend Sonnenstrahlen im sichtbaren Bereich durchlässt und im nahen Infrarotbereich Strahlung absorbiert oder reflektiert: Die Verglasung wirkt selektiv.

Grundsätzlich werden Funktionsschichten auf Glas in Wärmedämm- und Sonnenschutzschichten eingeteilt. Steht bei Wärmedämmschichten die Maximierung der Lichttransmission und der Energietransmission und somit ein hoher τv- und g-Wert im Vordergrund, so wird bei Sonnenschutzschichten maximle Lichttransmission bei möglichst geringer Energietransmission und somit ein hoher τv- und niedriger g-Wert angestrebt. D.h. bei Sonnenschutzschichten soll der Wärmestrahlungsbereich von λ = 780 nm bis 2500 nm (nahes Infrarot) weitgehend durch Absorption und Reflexion ausgeblendet werden. Im Idealfall entstehen so „kastenförmige“ Transmissionsbanden, sowohl für Wärmedämm- als auch Sonnenschutzschichten.

Selektive Wärmedämmschichten besitzen eine Filterwirkung – man nennt sie deshalb auch „selektiv“, d.h. für kurzwellige Strahlung (Sonnenstrahlen gerade im sichtbaren Bereich) sind Wärmedämmschichten hochtransparent, für langwellige Strahlung (gerade im Wellenlängenbereich der Infrarotstrahlung λ = 3000 bis 50000 nm) hochreflektierend. Das heißt für die Praxis, dass Sonnenenergie (bis etwa 2500 nm) relativ ungehindert in den Innenraum gelangt (Sonnenkollektoreffekt). Hier wird sie von den raumbegrenzenden Flächen absorbiert und zum großen Teil als langwellige Wärmestrahlung wieder abgegeben. Wärmedämmschichten verhindern, dass diese langwellige Wärmestrahlung (Wärme) nach außen verloren geht – sie bleibt im Raum.

Selektivität von Sonnenschutzschichten bedeutet, dass sie die von außen eindringende Sonnenstrahlung selektiv, hinsichtlich ihrer Wellenlänge in das Gebäude hineinlassen. Dabei werden Strahlungsanteile außerhalb des sichtbaren Spektrums weitgehend durch Reflexion und Absorption ausgeblendet; zugleich wird aber die Transmission im sichtbaren Bereich so hoch wie möglich eingestellt. Sonnenschutzgläser mit einer günstigen Selektivität schützen vor Überhitzung, sparen Energie bei raumklimatischen Anlagen und künstlichem Licht. Zudem schützen niedrige Ug-Werte vor Energieverlusten.

Ziel ist es, eine bestmögliche Selektivität, also eine höchstmögliche Lichttransmission bei akzeptablem g-Wert zu erreichen. Könnte man, theoretisch betrachtet, bei einer Sonnenschutzschicht eine Lichttransmission von 100 % erreichen, hätte das einen g-Wert von 55 % zur Folge. Eine solche Schicht würde auch maximal farbneutral sein, da das gesamte Transmissionsband des sichtbaren Spektrums durch die Verglasung hindurchtritt (Bild 01).

Die beiden übrigen Spektralbereiche, UV und nahes Infrarot, werden vollständig reflektiert und reduzieren so den g-Wert. So ergibt sich bei den genannten Bedingungen als Minimum ein g-Wert von 55 %, der nicht unterschritten werden kann. Die so erreichbare Selektivität beträgt dann S = 1,81 (100 %/55 %).

Heute verfügbare Son­nenschutzschichten kommen der absoluten Farbneutralität und höchstmöglichen Selektivität sehr nahe. Ein g-Wert von 0 % lässt sich nur durch eine vollständige Reflexion der gesamten Sonnenenergie erreichen – dann läge aber auch die Lichttransmission bei 0 %.

In Bild 02 ist das Reflexions-Transmission-Absorptionsspektrum (RTA) für iplus E auf einer 4 mm Floatglasscheibe dargestellt. Erkennbar ist, dass das Maximum der Transmission im sichtbaren Bereich, also im Wellenlängenspektrum von λ = 380 nm bis 780 nm liegt. Dem entgegen steht die Reflexion, die in diesem Bereich sehr gering ist, aber ab λ = 780 nm aufwärts deutlich zunimmt. So wird eine möglichst hohe Lichttransmission bei gleichzeitig hohem Sonnenenergieeintrag erreicht. Als Vergleich wird in Bild 03 das RTA-Diagramm für ein Glas mit Sonnenschutzschicht mit einer sehr hohen Reflexion im sichtbaren wie auch nahen Infrarotbereich dargestellt.

Die Transmission im sichtbaren Wellenlängenbereich ist sehr niedrig. Dem entgegen stehen hohe Reflexion und wenig Energieeintrag. Somit wird ein geringer g-Wert von 15 % erreicht. Mit der Verringerung des g-Wertes verringert sich aber auch die Lichttransmission.

Bisher wurden Schichten beschrieben, die hinsichtlich des Lichttransmissionsgrades und des g-Wertes selektiv wirken. Es gibt auch Schichten, die diese Eigenschaft nicht aufweisen und trotzdem als Sonnenschutzschichten fungieren. Die Sonnenschutzwirkung beruht hier überwiegend auf Reflexion und Absorption. Bild 04 zeigt das RTA-Diagramm für ipasol bright neutral, Bild 05 für ipasol bright grey (eine Beschichtung auf Grauglas).

Die Spektren zeigen eine relative konstante Transmission im Wellenlängenbereich von λ = 300 nm bis 2500 nm. Bei ipasol bright grey (Bild 05) sind im sichtbaren Bereich die für Grauglas typischen Absorptionsbereiche erkennbar. Die Reflexion ist aufgrund des Schichtaufbaus im sichtbaren Bereich höher als im Infrarotbereich. Nicht-selektive Schichten lassen sich aufgrund ihres einfachen Schichtaufbaus und des Fehlens von Silber, also wegen ihrer Korrosionsbeständigkeit, sehr gut zu monolithischen Bauteilen (z.B. VSG) verarbeiten. Die nächste Folge behandelt die für Glasbeschichtungen relevante Normenreihe die EN 1096. —

Physikalische Grundlagen

Betrachten wir zunächst das Verhalten von Strahlung auf Materie allgemein: Trifft trifft Sonnenstrahlung mit der Strahlungsintensität I0 (senkrechter Strahlungseinfall) auf Glas bzw. allgemein auf Materie, so teilt sich diese auf in Transmission I0 x τ, Reflexion I0 x ρ und Absorption I0 x α

Der absorbierte Anteil wird als sekundäre Wärmeabgabe q nach außen (qa) und innen (qi) wieder abgegeben. Formal gilt der Zusammenhang (als Formel):


Diese Formel wird auch Strahlungsaufteilungsgleichung genannt und gilt für das Auftreffen von elektromagnetischer Strahlung auf Materie im Allgemeinen. Es wird hier die auftreffende Strahlung gleich 100 % gesetzt, um von der Größe der auftreffenden Strahlung unabhängig zu sein. Diese Formel oben ist universell, da sie sowohl für eine Wellenlänge λ als auch für die berechneten Werte eines Wellenlängenbereichs, z.B. den sichtbaren, den UV- oder den gesamten Sonnenstrahlungsbereich gültig ist. Nach EN 410 wurden die Wellenlängenbereiche wie unten aufgeführt festgelegt. Die international anerkannte Verteilung der Globalstrahlung nach C.I.E., Publikation Nr. 20, gibt die Intensität der Gesamtsonnenstrahlung im jeweiligen Wellenlängenbereich an.

  • Innerhalb des elektromagnetischen Strahlungsspektrums befindet sich das Sonnenspektrum im Wellenlängenbereich von λ = 300 nm (Sonnenstrahlung allgemein 280 nm) bis 2500 nm.
  • Innerhalb des Sonnenspektrums befindet sich der ultraviolette Bereich von λ = 280 nm bis 380 nm (UVA λ = 315 nm bis 380 nm und UVB λ = 280 nm bis 315 nm).
  • An diesen UV-Bereich schließt sich der sogenannte sichtbare Bereich an, also das Spektrum, das vom menschlichen Auge als Licht wahrgenommen wird, von λ = 380 nm bis 780 nm.
  • Danach folgt der nahe Infrarot-Bereich (NIR) von λ = 780 nm bis 2500 nm. Die Energie des Sonnenspektrums verteilt sich mit circa 4 % auf den UV-Bereich, mit circa 55 % auf den sichtbaren Bereich und mit etwa 41 % auf das nahe Infrarot.

Die spektralen Verläufe der Transmission τ(λ), d.h. die Transmission in Abhängigkeit der entsprechenden Wellenlänge und des Reflexionsgrades ρ(λ), werden mit sogenannten Spektralfotometern gemessen. Der spektrale Anteil des Absorptionsgrades α(λ) ergibt sich daraus gemäß der oben im Kasten gezeigten Formel.

Tipp der Redaktion: Die Literaturangaben zum Text finden Sie unter https://www.glaswelt.de/. Dort einfach im Suchfeld rechts oben den Webcode 1150 eingeben.

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