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Absturzsichernde Verglasungen

Transparente Sicherheit

Die Multifunktionalität moderner Isoliergläser und die vermehrte Anwendung von 3-fach-Isolierglas wirft immer wieder Fragen nach geeigneten und regelkonformen Glaskombinationen auf. Hierbei schließt das eine das andere nicht aus.

Die nachfolgenden Aspekte beim Einsatz absturzsichernder 3-fach-Verglasungen sollte jeder Glasverarbeiter und Isolierglas-Hersteller kennen: Nach den Landesbauordnungen der Bundesländer wird der Einsatz von absturzsichernden Verglasungen ab einer bestimmten Höhendifferenz – meistens über 1 m (in Bayern 0,5 m) – gefordert.

Für die Unterscheidung der Belastungsfälle durch Anprall von Personen mit dem Nachweis der Stoßsicherheit, werden Fenster- und Fassadenelemente in drei Kategorien unterschieden. Kategorie A umfasst linienförmig gelagerte Vertikalverglasungen ohne lastabtragenden Holm oder Riegel, Kategorie C1 beschreibt tragende Glasbrüstungen mit durchgehendem tragenden Handlauf und Kategorie C2 regelt absturzsichernde Verglasungen, die nicht zur Abtragung von Horizontallasten in Holmhöhe dienen.

Grundsätzlich ist es eine Planungsaufgabe, absturzsichernde Bauteile im Objekt zu erfassen und in einem Leistungsverzeichnis zu beschreiben. Erfahrungsgemäß wird jedoch der Fensterbauer vor der Angebotsabgabe ­seinen Glaslieferanten befragen, welche Verglasung nun im jeweiligen Fall die geeignete sei.

Dazu werden alle relevanten Anforderungen wie Schallschutz, Ug-Wert, Sonnenschutz, Sichtschutz usw. genannt, mit der Aufforderung, die Glaskombinationen hinsichtlich Absturzsicherung mit ESG und VSG in der entsprechenden Glasdicke zu benennen.

Der richtige Glasaufbau

Die Verglasungen sind zunächst „normale“ Verglasungen, für die ein Glasaufbau festgelegt werden muss, der den geforderten bauphysikalischen Anforderungen entspricht. Hinsichtlich des Nachweises der Stoßsicherheit, der bei absturzsichernden Verglasungen eine besondere Bedeutung zukommt, können Glasaufbauten gewählt werden, die in der TRAV in Tabelle 2, in AbPs (Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis), einer AbZ (Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung), einer ZiE (Zulassung im Einzelfall) oder den Ergänzungen der MLTB der Länder mit Größenbegrenzungen, Mindestglasdicken und Glasarten in vorgegebenen Reihenfolgen beschrieben sind.

Spätestens hier zeigt es sich jedoch, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Fenster-/Fassadenhersteller und dem Glaslieferanten notwendig ist.

Die Glashalterung muss stimmen

Auch weitere Randbedingungen, wie etwa die Glaslagerung (zwei- oder vierseitig), das Verglasungssystem, die Gesamtglasdicken und das Gewicht etc. müssen in Übereinstimmung mit der Rahmenkonstruktion gebracht werden und haben Auswirkungen auf den erforderlichen Glasaufbau.

Vereinfacht gesagt bedeutet dies: Verglasungen sind immer Lösungen innerhalb eines Fassadenkonzeptes und sollten demnach nicht als autarkes Einzelprodukt, sondern im Gesamtkontext mit den projektbezogenen Anwendungsbedingungen und Einwirkungen betrachtet werden. Zudem muss das Profilsystem den einschlägigen technischen Baubestimmungen entsprechen. Die konstruktiven Bedingungen der Glaslagerung mit der Ausbildung des Glasfalzes sind in den TRAV 6.3.2. beschrieben.

Der Pendelschlagversuch ist nicht alles

Weiterhin muss nachgewiesen werden, dass die zulässigen Beanspruchungen (z.B. unter Windlast) nicht überschritten werden. Ein Sonderfall liegt bei der Kategorie A vor, bei der zusätzlich die horizontale Verkehrslast in Brüstungshöhe bei der Glasdickenbestimmung berücksichtigt werden muss. Es ist nicht gesichert, dass jede im Stoßversuch geprüfte Verglasung unter Einhaltung der zulässigen Beanspruchungen beliebigen Wind- und Verkehrslastsituationen ausgesetzt werden kann.

Die in der Tabelle 2 der TRAV beschriebenen Glasaufbauten für Isolierglas beziehen sich ausschließlich auf 2-fach-Isolierglas in einer ESG/VSG-Kombination, meist mit der VSG-Scheibe als Außenscheibe, und entsprechen dem damaligen technischen Stand bei der Veröffentlichung.

Um den weiteren funktionellen Anforderungen an Isolierglas zu entsprechen, hat Glassolutions in den Folgejahren für die SGG-Produkte Climaplus und Climatop die nötigen Nachweise der Tragfähigkeit unter stoßartigen Einwirkungen mit einem Pendelschlagversuch nach DIN EN 12600 weiter untersucht mit dem Ziel, einfachere und effizientere Glasaufbauten zu entwickeln. Die Ergebnisse sind mit allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen dokumentiert und entsprechen den Anforderungen der TRAV-Kategorien A, C 2 und C 3. Für den Verarbeiter bedeutet dies eine Reduzierung der Kosten, da die Absturzsicherung durch ein AbP nachgewiesen ist und deshalb weder Pendelschlagtests durchgeführt noch Einzelnachweise eingeholt werden müssen.

Da seit der Einführung der EnEV 2009 der Anteil von 3-fach-Isolierglas beständig zunimmt, müssen gleichermaßen auch für das Produkt die Anforderungen erfüllt werden. Generell wurde dies in den Baubestimmungen der Länder durch eine Ausführung der mittleren Scheibe in ESG ermöglicht. Beispielsweise wurden speziell für das Glas SGG Climatop optimierte Glasaufbauten entwickelt und erfolgreich auf Stoßsicherheit geprüft, die auf die ESG-Scheibe verzichten können und eine große Planungsfreiheit bei der Realisierung von komplexen Funktionsanforderungen ermöglichen.

Der erforderliche Glasaufbau kann also nur aus einem komplexen Zusammenspiel mit funktionellen Anforderungen, den Nachweisen zur Stoßsicherheit und den konstruktiven Gegebenheiten der Glaslagerung durch die Zusammenarbeit der beteiligten Akteure ermittelt werden. Wenn auch die Verglasung im Mittelpunkt der Betrachtungen zur Absturzsicherheit steht, so kann der Glashersteller nicht die Verantwortung für die Eignung des gesamten Fensterelementes übernehmen.

Die Nachweise der Stoßsicherheit der Verglasung mit den beschriebenen Glasaufbauten können nur eine Konstruktions- und Kalkulationsgrundlage für den Elementhersteller darstellen, der die Leistungseigenschaften nach den Produktnormen der Elemente verbindlich beschreiben muss.

Seit Kurzem liegt als Entwurfsnorm die E DIN 18008-4 vor, die an Stelle der TRAV treten wird. Grundsätzliche Änderungen sind im Verfahrensablauf nicht zu erwarten. —

Der Autor

Wolfgang Böttcher ist der Leiter der Anwendungstechnik von Glassolutions – Saint-Gobain Deutsche Glas GmbH.

https://glassolutions.de/de

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