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Serie zur Bauproduktenverordnung (BauPV) Teil 2

Keine Angst vor CE-Kontrollen

Die neue EU-Verordnung formuliert hinsichtlich der Produktinformation inklusive der dazugehörigen technischen Dokumentation, der Archivierungspflichten sowie der Rückverfolgbarkeit von Produkten Anforderungen an die einzelnen Wirtschaftsakteure. Die Einhaltung dieser Anforderungen und deren Nachvollziehbarkeit wird erfahrungsgemäß auch der Schwerpunkt der Marktaufsichtsbehörden sein. Deshalb sollten Hersteller und Handel diese Aufgabe besonders sorgfältig handhaben, um bei Kontrollen Beanstandungen, Zeitverzögerungen oder sogar Bußgelder zu vermeiden.

Allerdings sind die Änderungen gegenüber dem alten Verfahren gering, sodass der Aufwand für Hersteller, die die CE-Kennzeichnung bisher sauber umgesetzt haben, überschaubar ist.

Vorgaben der BauPV

Hinsichtlich der erforderlichen Dokumentationen erfolgt in der BauPV in Kapitel III „Pflichten der Wirtschaftakteure“ eine ausführliche Beschreibung. Hersteller, Bevollmächtigte, Importeure und Händler erfahren dabei, wer welche Aufgaben übernehmen muss. Die „technische Dokumentation“ (TD) ist als Voraussetzung für die Erstellung der Leistungserklärung (LE) wichtig. Das heißt: Ohne eine ausreichende technische Dokumentation kann ein Bauprodukt nicht CE-gekennzeichnet werden. Beim Cascading ITT wird vom Hersteller („Zusammenbauer“) eine sogenannte „angemessene TD“ erstellt, für die er i.d.R. die vom Sys­temhaus bereitgestellten Unterlagen verwendet:

  • Systembeschreibungen
  • Prüf- bzw. Klassifizierungsberichte (oder ift-Produktpass)
  • Nutzungsvereinbarung zwischen Hersteller und Systemhaus
  • Erklärung zur WPK

In Artikel 38 der BauPV ist geregelt, wie eine LE für Bauprodukte abzugeben ist, für die nicht alle Nachweise vorliegen (z.B. fehlende Prüf- oder Klassifizierungsberichte einer notifizierten Prüfstelle). Dann wird eine „spezifische TD“ erforderlich, in der der Hersteller nachweist,

  • dass die Konformität des Produktes mit den geltenden Anforderungen besteht
  • die angewendeten Nachweisverfahren gegenüber den in der Norm festgelegten Verfahren gleichwertig sind.

Dies ist grundsätzlich nur möglich, wenn es sich um individuell gefertigte bzw. in Nicht-Serien-Produktion gefertigte Produkte handelt (Denkmalschutz). Die EU-Kommission hat hierzu noch Präzisierungen angekündigt. Insbesondere die Frage eines Nachweises der „Gleichwertigkeit der angewendeten Verfahren mit den in der Norm festgelegten Verfahren“ dürfte für die Hersteller bei Abweichungen nur schwierig zu führen sein.

Die für das jeweilige Produkt geltenden Anforderungen werden detailliert in den jeweiligen harmonisierten technischen Spezifikationen (Produktnormen (hEN) oder europ. Bewertungsdokumenten) formuliert. Für die Fenster- und Fassadenbranche sind das u. a. die EN 14351-1.

Eine normkonforme und damit rechtssichere Organisation des betrieblichen Dokumentenmanagements ergibt sich in Anlehnung an die EN ISO 9001. Durch den prozessorientierten Aufbau der QM-Systeme kann auch die notwendige Dokumentation der WPK aufgebaut, gelenkt und durch den Hersteller aufrechterhalten werden. Freiwillige Überwachungs- und Zertifizierungssysteme (RAL-Gütesicherung, ift-Q-Zert etc.) bieten Herstellern Musterdokumente, Vorlagen und Hinweise zum Dokumentenmanagement, in denen bereits die Anforderungen der neuen BauPV berücksichtigt sind. Die ausgestellten Zertifikate und Urkunden sind gegenüber der Marktaufsicht ein hilfreiches Dokument zum Nachweis einer norm- und rechtskonformen Dokumentation. Das ift kann für Hersteller individuelle und rechtssichere Lösungen erarbeiten.

Produktkennzeichnung

Die BauPV verlangt vom Hersteller seine Produkte zu identifizieren, um dem Nutzer die Möglichkeit zu geben mit diesem in Kontakt zu treten. „Die Hersteller stellen sicher, dass ihre Bauprodukte eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer oder ein anderes Kennzeichen zu ihrer Identifizierung tragen“ und „Die Hersteller geben ihren Namen, ihren eingetragenen Handelsnamen oder ihre eingetragene Marke und ihre Anschrift auf dem Bauprodukt selbst oder, falls dies nicht möglich ist, auf der Verpackung oder in den dem Bauprodukt beigefügten Unterlagen an.“

Daher muss der Hersteller ein Verfahren einführen, das sicherstellt, dass seine Produkte mit einer eindeutigen Kennzeichnung versehen sind. Als Kontaktmöglichkeit muss die Adresse angegeben werden; eine Homepage alleine reicht nicht aus. Die o.g. Kennzeichnungspflicht gilt mit einem am Produkt angebrachten vollständigen CE-Kennzeichen als erfüllt. Eine eindeutige Kennzeichnung am Produkt erleichtert aber auch die Rückverfolgbarkeit bei Reklamationen, Garantiefällen oder Rückrufaktionen und spart somit Zeit und Kosten. Weiterhin sind dem Produkt die Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen beizufügen – alles in Landessprache.

Nutzen der Technischen Dokumentation (TD)

Die TD erlaubt es dem Hersteller, die wesentlichen Merkmale seiner Produkte korrekt zu kennzeichnen und dies ggf. gegenüber der Marktüberwachungsbehörde nachzuweisen. Die Dokumentation schützt ihn auch präventiv, da fehlende Nachweise oder „nichtkonforme Produkte“ bereits vor in Verkehrbringung identifiziert werden können und somit nicht in den Markt gelangen. Zusammen mit den Unterlagen der WPK kann im Falle von Reklamationen nachvollzogen werden, welche Produkte betroffen sind, um damit den Herstellungszeitraum auf einen kurzen Zeitraum einzugrenzen – dies kann den finanziellen Aufwand von Korrekturmaßnahmen erheblich reduzieren. Weiterhin kann der Hersteller gegenüber den Marktaufsichtsbehörden nachvollziehbar darlegen, dass die Korrekturmaßnahmen zielgerichtet durchgeführt werden.

Archivierung der Dokumentation

Da die Hersteller-Dokumentation eine wesentliche Rolle spielt, kommt der Archivierung und der Auffindbarkeit von Prüf- und Klassifizierungsberichten sowie den weiteren Aufzeichnungen eine besondere Bedeutung zu. Da die LE mindestens 10 Jahre nach dem letzten „Inverkehrbringen“ eines Produkttyps aufbewahrt werden muss, ist die dazugehörige Dokumentation ebenfalls aufzubewahren und muss über diesen Zeitraum verfügbar sein. Dies kann in verschiedener Weise geschehen. Die reine Papierform wird bei den Unternehmen mehr und mehr durch elektronische Medien ersetzt, bei dessen Einsatz die Lesbarkeit der Daten und Dokumente gesichert sein und eine spätere Manipulation ausgeschlossen werden muss. Eine Archivierung und Sicherung durch spezialisierte Dienstleister in sogenannten „Clouds“ ist eine interessante Alternative, um Investitionen in Hard- und Software sowie Personal zu vermeiden. Wichtig bei diesen ausgelagerten Systemen ist die Datensicherheit und eine lange Verfügbarkeit, die mit dem Anbieter vertraglich zu vereinbaren ist.

Auskunftspflichten des Herstellers

Neben der CE-Kennzeichnung und der Übermittlung der LE an Kunden, muss der Hersteller die gesamte TD auf Anforderung der zuständigen Marktüberwachungsbehörde in der von diesem Land geforderten Sprache zur Verfügung stellen. Während die LE der Marktüberwachungsbehörde kurzfristig zur Verfügung gestellt werden muss, werden für die Bereitstellung der Technischen Dokumentation aller Voraussicht nach gewisse Fristen (Wochen) zulässig sein. In diesem Falle kann die Nutzung von elektronischen Systemen hilfreich sein und den Aufwand des Herstellers reduzieren. Gleiches gilt für die Versendung der LE an den Kunden, da dies auch auf elektronischen Weg geschehen kann. Es macht also Sinn, dass der Hersteller sich mit den Möglichkeiten von Dokumentenmanagement und Bereitstellung der Produktinformationen intensiv befasst.

Neu ist die behördliche Kontrolle

Nur die LE wird von der BauPV als neues Dokument gefordert. Wie bisher muss der Hersteller nachweisen können, dass seine Produkte konform mit den gesetzlichen Vorgaben und den Anforderungen des jeweiligen EU Mitgliedsstaates sind. Neu ist, dass die jeweiligen Marktüberwachungsbehörden aktiver kontrollieren und Nachweise einfordern können. Daher kommt der Hersteller-Dokumentation und deren Archivierung eine wichtigere Rolle zu als bisher. Eine korrekte TD ist die sicherste Möglichkeit für den Hersteller, die Konformität der Produkte nachzuweisen bzw. nichtkonforme Produkte zu identifizieren und bei Abweichungen angemessen zu reagieren. Für die Hersteller besteht deshalb vor allem die Aufgabe darin, die vorhandenen Abläufe und Papiere rechtssicher und normkonform zu organisieren. —

Die Autoren

Prof. Ulrich Sieberath ist Leiter des ift Rosenheim.

David Hepp ist stv. Leiter der ift Zertifizierungs- und Überwachungsstelle, Bereich Produkte.

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