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Qualitätskontrolle bei der Glasbearbeitung

Der Scanner sieht einfach mehr

Glaswelt – Wo sehen Sie steigende Qualitätsanforderungen in der Glasverarbeitung?

Sven Degen, Vertriebsleiter Lisec Automation Deutschland – Die Qualität steht an erster Stelle, noch vor kurzen Lieferzeiten und dem Preis. Viele Fensterhersteller fordern von ihren Lieferanten bereits eine Vorkontrolle mittels Scanner bzw. man kommt ohne Qualitätsnachweis gar nicht zum Zug. Im Rahmen von innerbetrieblicher Kostenoptimierung wird es immer wichtiger die Anzahl von Reklamationen zu reduzieren.

Rainer Feuster, Vertriebsleiter ­Viprotron – Das gestiegene Qualitätsbewusstsein der Endkunden bei allen Glasprodukten trifft auf eine Glasbranche, bei der eine permanente Produktendkontrolle kein Standard ist. Reklamationen werden bislang aufgrund von Kulanzlösungen getroffen oder fallweise betrachtet und gelöst. Mit der am 01. Juli 2013 in Kraft getretenen EU Bauproduktenverordnung und den in Kürze harmonisierten Produktnormen (z.B. EN 1279 für ISO), werden auch für die Beurteilung der visuellen Qualität von Gläsern allgemein gültige Standards gesetzt, an denen sich der Verarbeiter orientieren muss.

Peter Pfannenstill, Verkaufsdirektor Softsolution – Steigende Qualitätsanforderungen sind eine globale Entwicklung und nicht auf die Glasverarbeitungs-Industrie beschränkt. Grund hierfür ist neben den hohen Ansprüchen der Endkunden, der umspannende Konkurrenzdruck mit Just-in-time-Lieferungen. In diesem Umfeld ist es wirtschaftlich vor allem aber aus Sicht der Geschäfts-Reputation nicht akzeptierbar, mangelnde Qualität zu liefern.

Glaswelt – Was können Verarbeiter tun?

Degen – Sie müssen ihre Qualitätskontrollen intensivieren und automatisieren. Das beginnt bei den Prüfungen der Rohmaterialien. Deren Ergebnisse müssen archiviert und die Chargennummern den produzierten Waren leicht zuzuordnen sein. Was oft manuell auf Papier geschieht, sollte Bestandteil der Produktionsplanungssoftware (PPS) sein. Zudem müssen die Prüfanweisungen (wann, was und wie zu prüfen ist) im System hinterlegt sein. Hierzu wird ein integriertes Qualitätsmanagementsystem benötigt. Der Scanner muss in die bestehende PPS Software integriert sein. Beim Glas wird in laufender Produktion mittels Scanner kontrolliert. ISO-Linien, ESG- und VSG-Anlagen lassen sich nachrüsten. Eine Fehlererkennung reicht alleine aber nicht: Das Qualitätsmanagement muss die Prüfungen, die Nachverfolgbarkeit der Rohmaterialien und die Scannertechnik verbinden, inklusive Archivierungsfunktion.

Feuster – Die Verarbeiter sind gehalten ihre internen Prozesse zu optimieren, um diese Standards verlässlich und dauerhaft zu erreichen und zu halten. Es wird damit auch bezüglich der Reklamationsbearbeitung Rechtssicherheit geschaffen. Ist der Standard erreicht oder übertroffen, ist der Verarbeiter auf der Siegerstraße, bei Nichterreichen der Standards sein reklamierender Kunde. Eine Dokumentation der jeweiligen Mess­ergebnisse hilft hier schnell weiter.

Pfannenstill – Es geht nicht immer, die Produktionsprozesse aufgrund der vorhandenen Anlagen zu optimieren. Deshalb muss der Scanner multiple Prüf-Funktionen erfüllen und die Qualitätssicherung in mehrere Bereiche eingreifen. Die Anlage muss in der Lage sein, unter anderem die Randentschichtung zu prüfen, die Symmetrie der Sprossen, die ISO-Oberfläche, die Butylschnurfehler und natürlich die Maßhaltigkeit des Glases.

Glaswelt – Warum lohnt es sich generell in der Glasveredlung Scannertechnik einzusetzen?

Degen – Mit der neuen Scannergeneration können vorab definierte Qualitätskriterien als Rezept hinterlegt und so je nach Kunde eine unterschiedliche Toleranz gewählt werden. Werden Mängel am Glas früh erkannt, kann diese Scheibe vor der Bearbeitung ausgeschleust bzw. der Mangel behoben werden. Das hält die Kosten niedrig und minimiert teure Reklamationen.

Feuster – Kein Mensch kann acht Stunden am Tag alle Fehler im Glas erkennen und im Produktionszyklus bewerten, ob sich die Fehler auf der Scheibe in Anzahl und Größe im Rahmen der Norm bewegen und dieses auch noch dokumentieren. Will der Verarbeiter eine funktionsfähige Qualitätskontrolle haben, muss diese automatisiert werden. Die Scannertechnologie ist die einzige verlässliche Hilfe, um das Problem zu lösen.

Pfannenstill – Scanner sind in der Lage, äußerst genaue Dimensionskontrollen durchzuführen. Es lassen sich bis zu 100 mm starke Glasprodukte (z. B. 3-fach-ISO) bewerten. Für solche Anforderun­gen eignet sich Scanner-Technologie am besten.

Glaswelt – Wo können die Scanner ihre Stärken besonders ausspielen?

Degen – Lisec Scanner können in fast jede Linie integriert werden. Handelt es sich um eine Lisec ISO-Linie, ist eine homogene Vernetzung mit der Anlage möglich. Dem Scanner werden auch auftrags- und kundenrelevante Infos pro Scheibe/Element mitgeteilt. So können mit der neuen Scannergeneration unterschiedliche Qualitätsrezepte vorgewählt werden und eine Archivierung der Resultate kann ohne Zusatzaufwand erfolgen.

Feuster – Mit konstanter Objektivität der Mess­ergebnisse bewertet ein Scanner immer gemäß der definierten Qualitätsparameter und -normen und kann dies gleichzeitig dokumentieren. Auch die Taktzeiten lassen sich mittels Scanner verbessern. Bei schlechtem Glas wird direkt angezeigt, wo sich der Fehler befindet, sodass nur dieser Teil der Scheibe angesehen werden muss.

Pfannenstill – Jeder Bereich der Scheibe wird im 90° Winkel betrachtet; d.h. es werden keine Bereiche „übersehen“. Neben der Oberflächenkontrolle ist zudem eine genaue Vermessung der Scheibe möglich (geprüfte Maßhaltigkeit).

Glaswelt – Bitte erläutern Sie weitere Details.

Degen – Wird unsere Software im Büro eingesetzt, so können die Scanner-Daten direkt mit dem Auftrag und dem Lisec QMS System verlinkt werden. Somit zeigt der Qualitätsbericht auch die Scanergebnisse. Die eindeutige Zuordnung zu Kunden, Aufträgen und Produkten und die automatische Archivierung vereinfachen das Reklamationswesen.

Feuster – Mit seiner Objektivität gibt der Scanner dem Mitarbeiter die Möglichkeit, schnell und innerhalb der Taktzeit relevante Fehler zu finden und die Scheibe nachzubearbeiten. Er bekommt weiter die objektive Entscheidungshilfe, eine unrettbare Scheibe zu verschrotten und trägt so die Verantwortung nicht allein. Wird dagegen ein Fehler vom Scanner erkannt, entfernt der Mitarbeiter entweder das Glas oder reinigt die Fehlstelle und lässt die Linie weiter produzieren.

Pfannenstill – Bei der Dimensionskontrolle kann eine Detektion des Glases ohne ein exaktes Parallellicht (d.h. ohne Scanner-Technik) rein mathematisch nicht exakt funktionieren.

Glaswelt – Wo sehen Sie Schwachpunkte?

Degen – Scanner und Qualitätssysteme verursachen Kosten, die natürlich niemand gerne trägt. Die Investition rechnet sich aber schon nach wenigen vermiedenen Reklamationsfällen. Die Vorteile einer Qualitätskontrolle und vor allem des Nachweises überwiegen eindeutig. Qualität ist übrigens auch ein sehr wichtiges Argument für das Marketing.

Feuster – Weniger in der Scannertechnik als in der organisatorischen Einbindung. Ein Scanner ist ein Werkzeug und damit nur so gut wie sein Nutzer. Von alleine kann ein Scanner nicht verhindern, dass Schadscheiben zum Kunden gehen oder die Reklamationsquote senken. Die Einbindung eines Scanners in die Ablauforganisation ist zwingend notwendig und wird idealerweise um die Anbindung an die Datenlinie oder an das ERP / PPS System des Kunden ergänzt.

Pfannenstill – Qualitätssicherungssysteme auf Scanner-Basis erlauben bei modularem Aufbau sämtliche Überprüfungen von Glasprodukten. Jedoch ist diese Technik mit ihren Grundelementen teurer als z. B. Kamera-basierende Kontroll-Systeme.

Glaswelt – Was kommt neben den Investitionskosten noch auf den Verarbeiter zu?

Degen – Sollte der Kunde eine Anbindung an sein ERP System wünschen, so ist eine Integration in sein EDV System erforderlich. Unsere Scanner lassen sich einfach in bestehende Linien integrieren. Dazu ist nur ein 7 cm breiter Slot nötig, der aus einer Staustrecke ausgeschnitten wird.

Feuster – Der Platzbedarf ist gering. So verlangt der Einbau unserer vertikalen Systeme nur einen Schlitz in der Transportwand von 3 bis 4 cm, je nachdem, wie viele Inspektionskanäle man verwenden will. Der Platzbedarf ist also marginal. Neben der maschinentechnischen Einbindung sollte der Verarbeiter die Anbindung an „„eine EDV“ oder Datenlinie berücksichtigen.

Pfannenstill – Die Anforderungen an Installation und Platzbedarf sind zu vernachlässigen. Bei einer benötigten Grundfläche von weniger als 1 m² ist die Platzierung ohne Verschiebung einer Produktionslinie einfach. Werden neben der reinen Oberflächenkontrolle auch die Gesamtkontrolle und Maßhaltigkeit verlangt, benötigt man Schnittstellendaten - d.h. Zeichnungen des Endprodukts.

Glaswelt – Wo lässt sich der Scanner am besten positionieren?

Degen – Bei Einzelscheiben, die zu einem ISO-Element verbaut werden sollen, reicht ein Einscheibenscanner nach der Waschmaschine. Fehlerhafte Scheiben können dann rechtzeitig vor der Presse ausgeschleust bzw. Fehler korrigiert werden (z.B. Reinigung). Ein Mehrscheibenscanner ist vor der Versiegelung ideal und dort für die finale Kontrolle der ISO-Einheit zuständig. So kann im Fehlerfall die Einheit unversiegelt austransportiert werden. Beim Weg durch die ISO-Linie kann der Mehrscheibenscanner folgendes anzeigen: Verunreinigungen im SZR, genaue Deckung der Abstandhalter (bei 3-fach-ISO), die richtige Lage der Beschichtung und die Dicke der Gläser und Abstandhalter

Feuster – Bisher immer hinter einer Waschmaschine, unabhängig davon, wie das Glas verarbeitet wird. Grundsätzlich lassen sich nur dort die Möglichkeiten eines Mehrkanalscanners voll ausnutzen. Ausnahmen bildet die Positionierung nach einem ESG Ofen, bei dem das Glas ‚fast‘ sauber ist und wo einkanalige Scanner zum Einsatz kommen. Zudem ist es möglich, bestimmte Fehler ohne vorheriges Waschen nach einer Grundreinigung durch Abblasen/Bürsten zu entdecken.

Pfannenstill – Scanner können nach dem Erfassen der exakten Scheibengröße nachfolgende Maschinen ansteuern, wie z. B. Spacer Applikatoren, Randentschichtungsanlagen, Bearbeitungszentren. Weiter lassen sich Einzelscheiben nach Waschmaschinen aufstellen sowie zur Endkontrolle von fertigen ISO-Elementen, um Randeinstand, Sprossenplatzierung und Winkeligkeit zu prüfen sowie zur Lagebestimmung von Gläsern auf einem Transportfeld.

Glaswelt – Wie schnell können sich die Investitionskosten amortisieren?

Degen – Sehr schnell. Ein Beispiel sind komplexe Fassadengläser, die mittels Kran montiert werden müssen. Wird ein Fehler bei der Abnahme, oder noch schlimmer nach dem Einbau, vom Endkunden festgestellt. Die Kosten dieses Einzelfalles allein können schon die Kosten der Gesamtinvestition einer scannerbasierten Qualitätskontrolle übertreffen. Verbesserte Qualität und dadurch weniger Reklamationen erhöhen zudem die Kundenbindung.

Feuster – Nach unseren Erfahrungen hat sich ein Scanner zwischen einem und drei Jahren amortisiert. Es kann auch schneller gehen, da alles stark von der individuellen Situation des Betriebs abhängt.

Pfannenstill – Da die Einsatzmöglichkeiten umfangreich sind, folgende Erläuterung: Unser Scanner-System ist in vielen Einsatzgebieten bereits produktionsrelevant. D.h. es stellt sich nicht die Frage der Amortisation, da ohne jenes System ein bestimmter Automatisierungsgrad grundsätzlich nicht erreicht werden kann, etwa die automatische Entladung und Steuerung von Folgemaschinen etc. Weiter muss man zwischen direkten Kosten und indirekten Kosten unterscheiden, die weiterführend einer Amortisationsrechnung zugrunde liegen. Da der Bediener nur Scheiben kontrolliert, die vom Scanner als „nicht in Ordnung“ identifiziert wurden, bedeutet dies eine enorme Steigerung der Produktivität und Entlastung des Mitarbeiters .

Glaswelt –Ab wann und wo lohnt der Einsatz von mehr als einem Scanner?

Degen – Mit dem Einsatz von Einscheiben- und Mehrscheiben-Scannern kann man sich in der Isolierglasproduktion sehr gut absichern. Bei einer Bearbeitungslinie macht ein Einscheiben-Scanner direkt nach dem ersten Bearbeitungsschritt (inklusive Waschen/Trocknen) Sinn, da so die WIP-Kosten (Work in Progress) niedrig gehalten werden. Aber auch zur finalen Kontrolle, zwischen Waschmaschine und letztem Bearbeitungsschritt, bietet sich ein zusätzlicher Scanner an.

Feuster – Wir bieten unterschiedliche Scannertypen an, von 1- bis 3-Kanalgeräten. Jeder Scannertyp hat eine ganz bestimmte Aufgabe: Der Jumbo Controller (1- oder 2-Kanalscanner) ist im Zuschnitt zwischen Kipp- und Schneidtisch positioniert und soll am Anfang der Wertschöpfungskette dafür sorgen, dass Scheiben mit Rohglas- oder Schichtfehlern nicht den Weg durch die Weiterverarbeitung antreten.

Zwischenkontrollen erfolgen mit 1- bis 3-Kanalscannern, wie Quality Scanner oder Quality Inspector bei der ISO-Linie zwischen Waschmaschine und Visitation, bei VSG zwischen Waschmaschine und Reinraum, in der Bearbeitung hinter der Waschmaschine vom Schleif-/Bohrzentrum und vor der weiteren Bearbeitung am Siebdruck, ESG-Ofen etc. Diese Anlagen sollen helfen, noch rechtzeitig Nachläufer anzustoßen und interne Fehlerquellen aufzudecken.

Die Endkontrolle erfolgt mittels Einkanalscanner bei der ISO-Linie zwischen Presse und Versiegler oder nach einem ESG Ofen oder in einer Prüflinie zwischen Waschmaschine und Visitation für ESG/VSG. Dies soll den normgerechten Produktzustand vor dem Versand ermitteln und bildet die Basis für eine fundierte Reklamationsbearbeitung. Wann der Einsatz von Scannern in mehreren Produktionsstufen lohnt, hängt wiederum vom individuellen Kunden- und Produktmix ab. Klar ersichtlich ist allerdings schon heute, dass die Novelle der EN 1279 und anderer Produktnormen eine automatisierte Endkontrolle von Baugläsern mit sich bringt und damit auch eine Zwischenkontrolle im Betrieb bedingt, wenn man die reklamationsrelevanten Fehler nicht erst im Endprodukt finden will.

Pfannenstill – Bei der Oberflächenkontrolle ist auf die jeweilige Produktionsumgebung des Kunden einzugehen und woraus er seinen Hauptnutzen erzielt. Ist bei dem einen Kunden die Endkontrolle vor Auslieferung absolut erforderlich, ist es beim Nächsten die Sicherstellung der Qualität vor Beginn der internen Produktionskette. ­—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chefredakteur der GLASWELT.

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