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Neue Serie Glasbau: Prüfen, Überwachen, Zertifizieren (Teil 1)

Außerhalb der Norm, was tun?

Zahlreiche im Bauwesen verwendete Verglasungen sind nicht den geregelten Bauprodukten und Bauarten zuzuordnen. In diese Kategorie fallen vor allem Verglasungen, bei denen neuartige Materialien und innovative Konstruktionen zum Einsatz kommen oder deren Aufbau wesentlich von den Technischen Baubestimmungen abweicht. Beginnend mit diesem Beitrag erläutern fünf Folgen den baurechtlichen Umgang mit nicht geregelten Bauprodukten und Bauarten im Glasbau.

Die neue Norm DIN 18008 Glas im Bauwesen – Bemessungs- und Konstruktionsregeln liegt jetzt in den wichtigen Teilen 1 bis 5 vor:

  • Teil 1: Begriffe und Grundlagen 2010-12;
  • Teil 2: Linienförmig gelagerte Verglasungen 2010-12;
  • Teil 3: Punktförmig gelagerte Verglasungen 2013-07;
  • Teil 4: Zusatzanforderungen an absturzsichernde Verglasungen 2013-07;
  • Teil 5: Zusatzanforderungen an begehbare Verglasungen 2013-07).

Nun ist die bauaufsichtliche Einführung der neuen Norm DIN 18008 in absehbarer Zeit durch die einzelnen Bundesländer zu erwarten. Grundsätzlich wird sich dann der Regelungsstand im Konstruktiven Glasbau erhöhen.

Dennoch wird es weiterhin Verglasungen geben, die von der Norm abweichen und damit in den ungeregelten Bereich fallen. Für diesen Zweck halten die Bauordnungen der Länder, die sich im Wesentlichen an der Musterbauordnung (MBO) orientieren, verschiedene Genehmigungsinstrumente vor, um die Verwendbarkeit von Bauprodukten bzw. die Anwendbarkeit von Bauarten nachzuweisen.

Der Umfang der Nachweisführung richtet sich vor allem nach dem Stand des Wissens und dem Niveau der zu erreichenden Schutzziele.

Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ)

Eine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung nach § 18 MBO eignet sich besonders zur Genehmigung von Bauprodukten und Bauarten mit wiederkehrender Gestalt und hohem Verbreitungsgrad, wie etwa teilvorgespanntem Glas.

Dabei bietet die abZ die Möglichkeit, individuell auf den Antragsgegenstand einzugehen. Der allgemeingültige Charakter des Dokuments verlangt nach entsprechend sorgfältigen Eignungsnachweisen.

Der Antragsteller hat die erforderlichen Unterlagen und Nachweise dem Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) zu erbringen. Dabei kann das DIBt für die Durchführung von Prüfungen und die Erstellung von Gutachten sachverständige Personen und Stellen bestimmen. Zudem werden rechnerische Standsicherheitsnachweise durch einen mit dem DIBt abgestimmten Prüfingenieur geprüft.

ETA – Zulassung auf EU-Ebene

Ein zusätzliches Instrument auf europäischer Ebene stellt die European Technical Approval (ETA), die Europäisch Technische Zulassung, dar. Sie beschränkt sich allerdings auf Zusammensetzung und Eigenschaften des Produkts. Bestimmungen zu Verwendung und Bemessung sind nicht enthalten und liegen in der Verantwortung des Mitgliedstaates, in dem das Bauvorhaben realisiert werden soll.

Das allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnis (abP) nach § 19 MBO ist ein weiteres Genehmigungsinstrument mit allgemeingültigem Charakter. Es ist vorgesehen für Bauprodukte, deren Verwendung nicht der Erfüllung erheblicher Anforderungen an die Sicherheit baulicher Anlagen dient oder die nach allgemein anerkannten Prüfverfahren beurteilt werden können.

Die notwendigen experimentellen Untersuchungen werden auf der Basis eines Prüfprogramms von einer bauaufsichtlich anerkannten Prüfstelle durchgeführt, der auch die Erteilung des abP mit einer Gültigkeit von fünf Jahren obliegt.

Im Glasbau gilt bisher ausschließlich der experimentelle Nachweis der Stoßsicherheit von absturzsichernden Verglasungen als allgemein anerkanntes Prüfverfahren. Mit der baurechtlichen Einführung der DIN 18008 werden ­voraussichtlich auch abP für begehbare Verglasungen und bedingt betretbare Verglasungen erteilt werden.

Zustimmung im Einzelfall

Eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) nach § 20 MBO für die Verwendung von nicht geregelten Bauprodukten ist nicht allgemeingültig, sondern an das beabsichtigte Bauvorhaben gebunden. Die ZiE wird durch die oberste Bauaufsichtsbehörde des entsprechenden Bundeslandes erteilt, sie ist nicht auf andere Projekte übertragbar. Der formlose Antrag wird von einem Beteiligten des Bauvorhabens gestellt. Der Antragsteller ist dann Empfänger des Zustimmungsbescheids und Gebührenschuldner. Die Anforderungen der obersten Bauaufsichtsbehörden können in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich sein.

Die Bauteilprüfungen zu typischen Glaskonstruktionen sind aber üblicherweise vergleichbar und werden grundsätzlich an Prüfkörpern durchgeführt, die das Originalbauteil hinsichtlich des Glasaufbaus, der Lagerung und weiterer Randbedingungen ausreichend genau abbilden.

Die Anzahl der Prüfkörper legt die oberste Bauaufsichtsbehörde fest. Eine ZiE ersetzt nicht eine erforderliche Baugenehmigung oder die notwendigen Nachweise der Standsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit.

Die nächste Folge der Reihe erläutert wesentliche experimentelle und numerische Untersuchungen zur Absturzsicherung, zur Begehbarkeit, zur Betretbarkeit und zur Resttragfähigkeit im Konstruktiven Glasbau. Auf Neuerungen, die mit Einführung der DIN 18008 zu berücksichtigen sind, wird besonders hingewiesen. —

Die Autoren

Prof. Dr. Bernhard Weller ist Leiter des Instituts für Baukonstruktion an der ­Technischen Universität Dresden.

Jan Wünsch ist stellvertretender Leiter der Prüfstelle SAC23 an der TU Dresden.

http://www.bauko.bau.tu-dresden.de

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