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BauPV — Produkte ohne Leistungserkärung

Keine Regel ohne Ausnahmen

Mit der Bauproduktenverordnung ­ Nr. 305/2011 (BauPV) sind Hersteller ­ (ggf. auch Importeure und Händler) von auf dem EU-Markt in Verkehr gebrachten Bauprodukten verpflichtet, eine Leistungserklärung zu erstellen und die CE-Kennzeichnung am Produkt bzw. auf den Begleitdokumenten anzubringen. Dies gilt grundsätzlich auch für Glasanbieter, also für Hersteller von Bauprodukten aus Glas. Aber gilt dies auch wirklich für alle von ihnen angebotenen, harmonisiert genormten Glasprodukte?

Die Antwort auf diese Frage liefert die BauPV, in der die Voraussetzungen für die Erstellung der Leistungserklärung und die Anbringung der CE-Kennzeichnung eindeutig geregelt sind. Demnach hat ein Glasanbieter die Pflichten nach ­ Art. 11, BauPV zu erfüllen, wenn:

1. der Glasanbieter ein Hersteller im Sinne der BauPV ist, d.h. wenn er

  • ein Glasprodukt herstellt bzw. entwickeln oder herstellen lässt und es unter seinem eigenen Namen oder seiner eigenen Marke vermarktet (Art. 2 Nr. 19, BauPV) oder
  • wenn er als Importeur oder Händler ein Glasprodukt unter seinem Namen oder seiner Handelsmarke in Verkehr bringt oder ein bereits in Verkehr gebrachtes Glasprodukt so verändert, dass die Konformität mit dessen Leistungserklärung beeinflusst wird (Art. 15 sowie Art. 2 Nr. 20 u. 21, BauPV) und wenn

2. das Glasprodukt ein Bauprodukt im Sinne der BauPV ist, d.h. wenn es nach Art. 2 Nr. 1

  • hergestellt wird, um es dauerhaft in Bauwerke oder Teile davon einzubauen und
  • wenn sich die Leistung des Glasprodukts auf die Leistung des Bauwerks im Hinblick auf die Grundanforderungen an Bauwerke auswirkt und wenn

3. das Glasprodukt harmonisiert genormt im Sinne der BauPV ist (Art. 4 sowie Art. 2 Nr. 11 u. 13) und wenn

4. die Pflicht zur Erstellung einer Leistungs­erklärung ohne Ausnahme besteht (Art. 5).

Wann muss die Leistungserklärung erstellt werden, wann nicht?

Ob vom Glasanbieter eine Leistungserklärung ­erstellt und die zugehörige CE-Kennzeichnung angebracht werden muss ist also nicht allein ­abhängig davon, ob das Glasprodukt harmonisiert genormt ist, sondern z.B. auch vom ­Herstellerstatus des Glasanbieters, von der Dauer­haftigkeit des Einbaus in das Bauwerk und der Auswirkung auf die Bauwerksgrund­anforderungen.

Der Glasanbieter muss nur dann eine Leistungserklärung erstellen und nach Art. 8, BauPV die CE-Kennzeichnung anbringen, wenn folgende vier Voraussetzungen zugleich erfüllt sind:

1. Der Glasanbieter ist ein Hersteller im Sinne der BauPV.

2. Das Glasprodukt ist ein Bauprodukt im Sinne der BauPV.

3. Das Glasprodukt ist harmonisiert genormt im Sinne der BauPV.

4. Die Pflicht zur Erstellung der Leistungserklärung besteht ohne Ausnahme.

In vielen Fällen sind alle vier Voraussetzungen erfüllt. In manchen Fällen jedoch nicht, insbesondere bei Glasprodukten für den Innenausbau und bei einigen individuellen Einzelfertigungen. Die Tabelle links zeigt beispielhaft einige für Deutschland typische Fälle.

Die Beispielfälle zeigen: Obwohl die 3. Voraussetzung stets erfüllt ist, muss der Glashersteller beim Inverkehrbringen mancher Glasprodukte nicht immer eine Leistungserklärung erstellen. Dies kann dann gelten, wenn weitere, hierfür ebenfalls notwendige Voraussetzungen der BauPV nicht erfüllt sind. Denn oftmals ist er gar kein Hersteller im Sinne der Verordnung oder sein Glasprodukt ist trotz Herstellung nach harmonisierter Norm gar kein Bauprodukt im Sinne der BauPV. Und genau in diesen Fällen verbietet Art. 8 (2), BauPV sogar die Anbringung der CE-Kennzeichnung.

Daher sollte sich der Glasanbieter stets fragen, ob er überhaupt die 1. Voraussetzung, d.h. ob er Hersteller ist, erfüllt. Weiter sollte er immer vorab prüfen, ob sein Glasprodukt stets die 2. Voraussetzung (ein Bauprodukt im Sinne der BauPV zu sein) erfüllt, d.h. ob es stets dauerhaft in ein Bauwerk mit Auswirkung auf die Bauwerksgrundanforderungen eingebaut wird.

Dem Glasanbieter würden zwar keine Nachteile entstehen, wenn er trotz Nichterfüllung der ­ 2. Voraussetzung eine Leistungserklärung erstellt und die CE-Kennzeichnung anbringt, jedoch könnte er sich und seinen Kunden den zugehörigen, nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand ersparen.

Auf die richtigen Begriffe achten

Glasanbieter sind keineswegs dazu verpflichtet, für alle von ihnen angebotenen, harmonisiert genormten Glasprodukte eine Leistungserklärung zu erstellen und die zugehörige CE-Kennzeichnung anzubringen. Die Pflicht gilt nur, wenn sie bzw. ihre Glasprodukte zugleich alle vier genannten Voraussetzungen der BauPV erfüllen. Es empfiehlt sich, dies vor Abgabe einer Leistungserklärung zu überprüfen.

Anhand der vier genannten Voraussetzungen können auch Glasverarbeiter prüfen, ob für sie bzw. für die von ihnen hergestellten Glasverarbeiterprodukte (gemeint sind Bauprodukte, die Glasprodukte enthalten, z.B. Fenster oder Vorhangfassaden etc.) der Artikel 11, BauPV mit der Pflicht zur Erstellung einer Leistungserklärung und der Anbringung der CE-Kennzeichnung gilt. Dazu sind in den vier Voraussetzungen die Begriffe „Glasanbieter“ durch „Glasverarbeiter“ und „Glasprodukt“ durch „Glasverarbeiterprodukt“ zu ersetzen.

Insbesondere Glasbauer, glasverarbeitende Innenausbauer und Hersteller individueller Fassadenlösungen werden dabei feststellen, dass ihre Produkte oftmals nicht die 3. Voraussetzung erfüllen. Denn außer für die typischen Glasverarbeiterprodukte Fenster und Außentüren nach EN 14351-1, Tore nach EN 13241-1, Vorhangfassaden nach EN 13830 und punktgehaltene sowie geklebte Glas- und Glasfassaden-Konstruktionen nach diversen ETAs gibt es im Bereich der Glasverarbeiterprodukte momentan keine weiteren harmonisierten Normen oder europäisch technische Bewertungen. Daher kann es sein, dass der Glasverarbeiter wegen Nichterfüllung der 3. Voraussetzung für sein Produkt keine Leistungserklärung erstellen muss und dann auch keine CE-Kennzeichnung anbringen darf.—

https://flachglas-markenkreis.de/

Tipp der Redaktion: Den Beitrag mit allen Fußnoten, Ver­weisen und Quellen finden Sie unter https://www.glaswelt.de/, dort im Suchfeld einfach den Webcode 1181 eingeben.

Martin Reick, Flachglas MarkenKreis GmbH

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