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Im Interview mit Siegfried Glaser

“Ist 3-fach-ISO das Ende der Entwicklung?“

Glaswelt – Aktuell hat man den Eindruck, dass bei Isolierglas in verschiedenen Segmenten einige Entwicklungen im Gang sind. Wo gibt es neue Ansätze?

Siegfried Glaser – 3-fach-Isolierglas ist heute zum Standard geworden und man kann mit unterschiedlichen Funktionsschichten die Anforderungen an sehr gute Wärmedämmung in Kombination mit akzeptablen Licht- und Energietransmissionen abdecken. Mehr Produktvarianten und steigende Qualitätsansprüche erfordern effizientere, optimierte und kontrolliertere Herstellprozesse. Die Sicherstellung von Qualität, der zugesagten Funktionen und Eigenschaften, werden mehr und mehr durch die Kunden eingefordert.

Der Einsatz und damit die Herstellung von „leichtem“ 3-fach-ISO wird deutlich steigen. Die Vorteile: Gewicht wie bei 2-fach-Isoliergläsern, bei reduzierter Systemdicke (u. a. für die Renovierung); hohe Wärmedämmung; erhöhte Licht- und Energietransmissionen bei guten statischen Werten durch den Einsatz von gehärteten Gläsern. Diese Argumente sprechen für sich und rechtfertigen einen höheren Preis bei Fenster- und Fassadensystemen.

Qualitäts-Isolierglas, ganz gleich ob Standard oder „leichtes“ 3-fach-ISO, erfordert leistungsfähige und effiziente Herstelltechnologien und kontrollierte Produktionsprozesse. Wer sich als Hersteller rechtzeitig auf diese Entwicklung eingestellt hat und die Prioritäten richtig einschätzt, wird sich als kompetenter Partner seiner Abnehmergruppen bestens positionieren können.

Glaswelt – Auch wenn 3-fach-ISO Standard ist, wo sehen Sie in der Herstellung noch Potenziale für Verarbeiter?

Glaser – Wer die entsprechende Beratungs- und Herstellkompetenz hat oder/und mit Kollegen kooperiert, sollte neben dem Standard-ISO auch spezielle Funktionen und Lösungen anbieten. Neben Lichtsteuerung und -lenkung im Isolierglas ist in Zukunft z. B. auch die Energiegewinnung in der Gebäudehülle ein wichtiges Thema. Solares Isolierglas (PV und Solarthermie) muss stärker in die Gebäudehülle integriert werden. Heute gibt es noch nicht genügend Hersteller solcher Produkte, die neben den entsprechenden Lösungen auch die Designansprüche der Planer und Bauherrn erfüllen sowie die Prüfungen für zugelassene Bauprodukte besitzen.

Glaswelt – Welche Bedeutung kommt bei einer 3-fach-Verglasung dem Randverbund zu?

Glaser – Der Randverbund ist bei Isoliergläsern eine sehr wichtige Komponente, die häufig unterschätzt wird. Durch die Weiterentwicklungen der 3-fach-Verglasungen sind auch die Belastungen an den „Systemverbund“ durch erhöhte thermische Belastungen sowie Einbau- und Anbindungsanforderungen gestiegen. Die „Warme Kante“ – also der thermisch optimierte Randverbund – ist heute ein Muss und der Einsatz der entsprechenden Materialien in ausreichender Menge sollte bei der Herstellung und Verarbeitung von Isolierglas selbstverständlich sein.

Glaswelt – Welche künftigen Entwicklungen erwarten Sie bei Isolierverglasungen noch?

Glaser – Was die Wärmedämmung beim 3-fach-ISO anbetrifft gibt es bei den Ug-Werten kaum noch Verbesserungsmöglichkeiten und ich halte den Ug-Wert 0,7 W/m²K bei einer 90%igen Argonfüllung der Scheibenzwischenräume auch für ausreichend.

Die Schichtentwicklungen bieten eventuell noch Möglichkeiten in Richtung Verbesserung der Transmissionswerte.

Und ein neues Vakuumglas aus China soll nach Herstellerangaben einen U-Wert von 0,3 W/m²K erreichen und ab Anfang 2014 bestellt werden können. Es kann nur als VIG-ISO, also mit einer Gegenscheibe versehen, eingesetzt werden, da ansonsten der Randverbund den thermischen Belastungen nicht standhält. Nach meiner Meinung ist das jedoch ein reines Nischenprodukt für spezielle Einsatzgebiete.

In Deutschland und in einem anderen EU-Land arbeiten zwei Konsortien an der Entwicklung von Vakuumgläsern. Ziel ist es, damit U-Werte von 0,5 W/m²K zu erreichen. Gibt es bei den bereits bestehenden Vakuum-Systemen einen sichtbaren Evakuierstutzen, soll dieser bei den EU-Entwicklungen entfallen. Weiter wird an der Herstellung von VIG mit unterschiedlichen Glasaufbauten, d. h. Float und Sicherheitsglas gearbeitet, deren Langzeitstabilität über 25 Jahre betragen soll. Nur wenn dies erreicht wird, kann das Vakuum-Isolierglas ein Ergänzungsprodukt zum 3-fach-ISO werden.

Darüber hinaus laufen neue Entwicklungen im Bereich 4-fach-Isolierglas in dem EU-Projekt MEM4WIN. Dabei ist ein Ug < 0,3 W/m²K angestrebt. Die eingesetzten inneren gehärteten Dünngläser und die beiden äußeren Gläser erfordern dabei einen speziellen Systemverbund. Ich gehe davon aus, dass die ersten 4-fach-Gläser, die auf diesem Projekt basieren, auf der glasstec 2014 in Düsseldorf zu sehen sind. —

Die Fragen stellte Mattias Rehberger, der Chefredakteur der GLASWELT.

Zur Person: Siegfried Glaser berät und unterstützt Firmen und Institutionen, die in den Glasmaschinen-, Glas- und Fensterindustrien aktiv sind.

s.glaser-fmb@t-online.de

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