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Interview mit Uli Jungmann

EnEV 2014 – kein Grund zur Aufregung

Glaswelt 

 Herr Jungmann, im kommenden Jahr soll wohl im Frühsommer die EnEV 2014 in Kraft treten. Was ändert sich?

Uli Jungmann – Die EnEV 2014 tritt sechs Monate nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft, also im Mai 2014. Damit werden die folgenden EU-Vorgaben umgesetzt: Die Verschärfung der Vorlage- und Aushangpflicht von Energieausweisen, die Pflichtangaben zum Energiebedarf in Immobilienanzeigen sowie die Stichprobenkontrolle von Energieausweisen.

Weitere wesentliche Neuerungen sind die Einführung eines Modellgebäudeverfahrens als drittes Nachweisverfahren für Wohngebäude neben den Berechnungen nach DIN V 4108-6/4701-10 und DIN V 18599. Dazu kommt die Einführung der Klimaregion Potsdam als neues Referenzklima mit deutlich reduzierter Solarstrahlung.

Die Anforderungen an den Primärenergiebedarf bei Neubauten werden erst ab Januar 2016 um 25 % verschärft. Dann wird auch – als zweite Anforderung neben den bisherigen pauschalen Grenzwerten nach Gebäudetypen – der Transmissionswärmeverlust von Neubauten auf den Transmissionswärmeverlust des Referenzgebäudes begrenzt.

Glaswelt – Muss sich die Glas-, Fenster- und Sonnenschutzbranche fürchten?

Jungmann – Zu befürchten hat die Glas- und Fensterbranche dadurch nichts – im Gegenteil, sie bietet wirtschaftliche Lösungen bei Fenstern, Vorhangfassaden und Dachverglasungen, die die U-Werte des Referenzgebäudes um ein Drittel und mehr unterschreiten.

Ihre Branche kann damit einen wesentlichen Beitrag leisten, die verschärften Anforderungen sowohl an den Transmissionswärmeverlust als auch an den Primärenergiebedarf zu erfüllen. Als wesentliche Änderung beim sommerlichen Wärmeschutz nimmt die EnEV die neue DIN 4108-2: 2013-02 in Bezug. Damit wird insbesondere der Nachweisweg über dynamisch-thermische Simulationen durch Begrenzung der Übertemperatur-Gradstunden konkretisiert.

Glaswelt – Welche Änderungen sehen Sie bei Bestandsgebäuden?

Jungmann – Die Anforderungen an Bestandsgebäude werden nicht verschärft – eher erleichtert. Anbauten und Erweiterungen über 50 m² Nutzfläche müssen zukünftig nur noch dann die Anforderungen an Neubauten erfüllen, wenn auch ein neuer Wärmeerzeuger eingebaut wird. Die Verschärfung der Anforderungen ab Januar 2016 gilt für Bestandsgebäude nicht. Ansonsten genügt die Einhaltung der U-Werte nach dem Bauteilverfahren. Ein Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes ist jedoch nach wie vor bei allen Anbauten und Erweiterungen über 50 m² zu führen.

Glaswelt – Wie relevant wird der sommerliche Wärmeschutz, was müssen Verarbeiter beachten?

Jungmann – Der sommerliche Wärmeschutz wirkt sich bei gekühlten Gebäuden auf den Primärenergiebedarf aus. Da Kühlung zumeist mit Strom betrieben wird, kann sie einen ganz erheblichen Anteil des Primärenergiebedarfs ausmachen. Als Sonnenschutzvorrichtung ist im Referenzgebäude für Nichtwohngebäude jedoch die tatsächliche Verschattung anzusetzen. Damit beeinflusst die Qualität der Verschattung den Primärenergiebedarf des tatsächlichen Gebäudes und des Referenzgebäudes – also den Anforderungswert – synchron. Lediglich für Sonnenschutzverglasungen sind Kennwerte definiert.

Anders bei gekühlten Wohngebäuden. Hier ist zukünftig der Kühlenergiebedarf mit DIN V 18599 zu berechnen. Das Referenzgebäude bleibt jedoch auch bei tatsächlich gekühlten Wohngebäuden ungekühlt. Der Primärenergiebedarf zur Kühlung muss also anderweitig eingespart werden. Damit wird bei Wohngebäuden die Minderung des Kühlenergiebedarfs durch effiziente Verschattung deutlich wichtiger.

Glaswelt – Wenn die Verschärfungen ab 2016 wirksam werden, wie kann sich die Branche bereits heute dafür wappnen?

Jungmann – Bezüglich der Transmissionsverluste über Verglasungen gibt es wenig zu befürchten. Lediglich bei extrem hohen Glasflächenanteilen kann der nach wie vor geltende pauschale Grenzwert an den Transmissionsverlust in Abhängigkeit vom Gebäudetyp greifen.

Für den Primärenergiebedarf sind jedoch auch passive solare Gewinne relevant. Gläser mit hohen g-Werten bei gleichzeitig niedrigen U-Werten helfen bei der energetischen Optimierung von Gebäuden. Dabei sollten nicht nur die EnEV-Anforderungen, sondern insbesondere auch die Förderprogramme für energieeffizientes Bauen und Sanieren im Blick behalten werden. Gerade bei hocheffizienten Gebäuden steigt der Einfluss der passiven solaren Gewinne stark an. Und ab 2020 verlangt die EU den Niedrigstenergie-Standard mit Primärenergiebedarf nahe Null.—

http://www.solaroffice.de

Die Fragen stellte Matthias Rehberger, der Chefredakteur der GLASWELT.

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