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Im Gespräch mit Clemens Macarei und Andreas Winter

Ist dünner besser?

Glaswelt – Wie kam es, dass Lisec sich als Hersteller von Isolierglaslinien an die Entwicklung von vorgespannten Dünngläsern wagte und heute selbst Vorspannöfen produziert?

Clemens Macarei – Bereits 1996 erteilte unser Firmengründer Peter Lisec den Auftrag, einen Härteofen zu entwerfen. Das Team entwickelte ein völlig neues Konzept: den sogenannten Luftkissenofen. Es stellte sich heraus, dass sich die Anlage sehr gut für Dünngläser eignet. Der Ofen wurde daraufhin für die Verwendung im Isolierglas-Segment weiterentwickelt, sodass er sich leicht in die ISO-Linie integrieren lässt.

Glaswelt – Welche Glasarten, Stärken und Formate lassen sich aktuell verarbeiten?

Andreas Winter – Zunächst lassen sich alle Float- und fast alle Strukturgläser in den Stärken von 0,9 bis 8 mm in den Formaten 1700 x 5000 mm herstellen. Das kleinste Format für das Vorspannen ist 500 x 180 mm. Gemäß EN 12150 lassen sich ESG Scheiben in den Dicken von 3 bis 8 mm herstellen. Bei TVG können wir nach der EN 1863 aktuell bis auf 2 mm gehen. Bedingt durch das schonende Härterverfahren eignet sich dieser Prozess ideal zum Vorspannen beschichteter Gläser. So lassen sich auch die empfindlicheren Wärme- und Sonnenschutzschichten vorspannen.

Glaswelt – Sie fertigen seit drei Jahren leichtes Isolierglas aus vorgespannten Dünngläsern. War das eine große Umstellung?

Winter – Ja, das kann man sagen. Es war eine große Umstellung, weil wir das gesamte innerbetriebliche Handling an die Anlagen anpassen mussten. Heute fertigen wir Dünnglas-Formate von 350 x 500 mm bis 1200 x 2500 mm.

Glaswelt – Welche Vorteile bringen für Sie Dünngläser?

Macarei – Zum einen lassen sich ganz erhebliche Gewichtsreduktionen bei mindestens gleichwertigen statischen Eigenschaften erzielen, das heißt: 50 % Gewichtsreduktion, 100 % mehr Glasfläche pro Lkw (Inlader), somit 50 % geringere Transportkosten pro m² und fast 50 % weniger Energiekosten beim Vorspannprozess.Winter – Weiter bietet Dünnglas im Isolierglasverbund alle Sicherheitseigenschaften, die man von ESG bzw. TVG gewohnt ist. Das beinhaltet u. a. Bruchfestigkeit und eine erhöhte thermische Belastbarkeit. Weiter sind die vorgespannten Gläser optisch hochwertig.

Glaswelt – Können Sie kurz den Aufbau einer ISO-Linie mit integriertem Ofen skizzieren?

Winter – Nach dem Zuschnitt sortieren wir die Gläser bereits vor. Während die Scheiben, die direkt der Isolierglaslinie zugeführt werden, im unteren Speicherbereich eines Puffers zwischengelagert sind, haben wir oben die Scheiben für den ESG Prozess gelagert. Diese werden nach dem Säumen und Waschen dem ESG-Ofen zugeführt. Nach dem Vorspannen erfolgt die optische Prüfung der Gläser und dann die Einspeisung in den Puffer der ISO-Linie. Dort werden die Scheiben dann auftragsbezogen in der richtigen Verpackungsreihenfolge produziert. Sind die ESG Scheiben innerhalb des Isolierglases in der Auftragserfassung definiert, wird der gesamte Prozess im Bypass automatisch ausgeführt.

Durch unsere großen und getrennten Speichersysteme lässt sich ein zeitentkoppeltes Schneiden, Vorspannen und Isolierglas-Produzieren unter kürzesten Lieferzeiten sicherstellen.

Glaswelt – Welche ISO-Aufbauten sind möglich und welche Abstandhalter-Typen?

Macarei – Grundsätzlich lassen sich fast alle Isolierglasaufbauten mit Dünnglas herstellen. Eine praktische Begrenzung könnte das Maß 2500 x 1500 mm sein. Dabei gibt es keine Einschränkung, auch was die Verwendung der unterschiedlichen marktgängigen Abstandhaltersysteme betrifft.

Glaswelt – Hat 3-fach-ISO aus Dünnglas das Zeug dazu, ein Massenprodukt zu werden?

Macarei – Sicher wird mit dem Dünnglas das Isolierglas nicht neu erfunden. Die höheren Herstellkosten und somit der notwendigerweise höhere Verkaufspreis begrenzen die Massentauglichkeit automatisch. Wir sehen ein mittelfristig realistisches Potenzial von etwa 5 bis 10 %.

Dieser Wert kann sich maßgeblich durch neue gesetzliche Regelungen steigern. Betrachtet man den österreichischen Markt mit der Vorgabe, Sicherheitsgläser zu verwenden, relativiert sich der Kostenabstand zu gängigen Glasaufbauten schlagartig.

Winter – Die gängigen Vorbehalte in Fragen des Handlings von Dünnglas haben sich in der Praxis nicht bestätigt – die Verarbeitung von Jumboscheiben hat nach unserer Auswertung zu weniger Glasbruch geführt als bei dickeren Gläsern.

Glaswelt – Welche Vorteile sehen Sie aus Ihrer Praxis noch, neben der Gewichtsersparnis?

Winter – Zuerst die Qualitätssicherung durch den Vorspannprozess. Dann die höhere Belastbarkeit des vorgespannten Glases und dadurch keine thermische Bruchgefahr aufgrund der Klimalasten oder von ungünstigen Formaten, etwa ein asymmetrisches Seitenverhältnis.

Glaswelt –Welche Einsatzgebiete und Anwendungen neben ISO sehen Sie künftig?

Macarei – Laminate aus gehärteten Dünngläsern können aufgrund ihrer erhöhten Festigkeit in Bereiche vordringen, die bisher nicht vorstellbar waren, etwa im Fahrstuhl- und Treppenhausbau.

Durch die Kaltverformbarkeit der Dünngläser lassen sich anspruchsvolle architektonische Lösungen realisieren. Auch Bereiche, in denen bisher klassische Kunststoffgläser oder chemisch gehärtete Gläser eingesetzt waren, werden interessant.

Glaswelt – Worauf ist beim Werkstatttransport zu achten, wenn das nicht vorgespannte Dünnglas aus dem Lager in den Zuschnitt geht?

Winter – Aufgrund der verketteten Anlagen wird das geschnittene Dünnglas automatisch über Puffer- und Shuttlesysteme zur Vorspannanlage befördert und dadurch sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich.

Glaswelt – Stellen gehärtete Dünngläser nicht auch eine Alternative für 2-fach-ISO dar?

Winter – Grundsätzlich ja, es werden sogar dünne 2-fach-ISO-Aufbauten statt Monogläser verwendet, sprich 2/4/2 oder 2/8/2, statt 4 mm Floatglas. Durch die 30-jährige Erfahrung mit dem Gewicht von 2-fach-Isolierglas sehen wir den Bedarf nach 2-fach-ISO aus Dünnglas nicht gegeben.

Glaswelt –Wäre es möglich, 2,5 oder 3 mm starke Gläser ohne Vorspannung für die ISO-Herstellung zu verwenden?

Winter – Ja, prinzipiell schon, jedoch nur mit automatisch gesäumter Glaskante. Allerdings kann es bei 3-fach-Glas aufgrund breiter Abstandhalter und den daraus resultierenden Klimalasten zu Brüchen kommen.

Glaswelt –Wie lassen sich die Mehrkosten für leichtes ISO durchsetzen? Welche Kunden sind bereit, dafür mehr zu zahlen und wie viel mehr?

Winter – Dort wo ESG sowieso gefordert ist, entsteht kein Mehrpreis, jedoch hat der Kunde dann den Gewichtsvorteil. Klein- bis Mittelbetriebe, wo die Eigentümer mitarbeiten, sind bereit diesen Mehrpreis zu bezahlen, ebenso Firmen wo die Montage-Erleichterung bzw. optimierten Arbeitsbedingungen im Vordergrund stehen oder wo eine Senkung der Montagekosten angestrebt wird. Weiter sind Kunden bereit mehr zu zahlen für Anwendungen, bei denen dickere Gläser zu mehr Einstellarbeiten führen.

Glaswelt – Werden Sie in Kürze auch 4-fach-Isolierglas fertigen?

Winter – Ja. Nachdem wir den Zielwert von Ug 0,3 schon seit Längerem erreichen, können wir auch den g-Wert von 50 % realisieren, und das mit einer Gesamtelementdicke von 52 mm, was für den modernen Fensterbauer unproblematisch ist.

Glaswelt – Welche Weiterentwicklungen haben Sie beim Dünnglas für 2014 auf der Agenda?

Macarei – Ein großer Vorteil des Vorspannofens ist die leicht zu bedienende und exakte Steuerung. So können wir bereits 2,3 mm ESG nach Norm bzw. in unterschiedlichen Bruchbildstrukturen herstellen. Zudem entwickeln wir den Ofen im Bereich der 10 und 12 mm Gläser weiter.—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger, der Chefredakteur der GLASWELT.

3-fach-ISO in 35 Sekunden fertigen

Die Winterglas Isolierglas- und Fertigungstechnik GmbH fertigt mit 45 Mitarbeitern Isoliergläser in allen Kombinationen für die Fensterindustrie. Neben einem hochautomatisierten Floatglas- und VSG-Zuschnitt, ist in der Produktion in die Isolierglaslinie ein Vorspannofen integriert. Damit lassen sich mit geringem Personalaufwand beschichtete und unbeschichtete Scheiben von 2 bis 8 mm Dicke vorspannen, bei Formaten bis 1600 x 3210 mm. Die Isolierglas-Linie wird vollautomatisch über Puffer und Shuttle mit Gläsern bis zu einer Breite von maximal 3500 mm und einer Höhe von bis zu 2000 mm Höhe beschickt. Die ISO-Linie ist mit dem modernsten Superspacerapplikator (für die Warme Kante) ausgestattet. Nach Auskunft von Geschäftsführer Andreas Winter lässt sich ein 3-fach-ISO im Format 900 x 900 mm in 35 Sekunden fertigen.

https://www.lisec.com/

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