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Der Kommentar

Wollen Sie Staubsauger-Vertreter werden?

Schon der alte Grieche Xenophon schrieb vor 2400 Jahren: „Denn ebenso wie die verschiedenen Handwerkskünste in den großen Städten am höchsten entwickelt sind, sind auf dieselbe Weise auch beim König die Speisen besonders gut zubereitet. In den kleinen Städten fertigen dieselben Leute ein Bett, eine Tür, einen Pflug, einen Tisch, und oft baut auch ebenderselbe Mann Häuser [...]. Nun ist es aber unmöglich, dass ein Mensch, der vieles macht, alles gut macht. [...] Es ist nun aber zwingend, dass der, der auf einem kleinen Gebiet arbeitet, seine Arbeit am besten kann.“ Auf dem Gebiet der Fenstermontage treffen die Worte Xenophons eins zu eins auch heute noch zu. Aber was sich geändert hat, ist die Bauweise und Beschaffenheit von Baumaterialien und die Anforderungen zum Ausüben von handwerklichen Leistungen. Gute Handwerker hatten zu Xenophons Zeiten genauso wie wir heute, die Grundlagen ihrer Leistungen auf Erfahrungen mit Naturgesetzen und den Verwendungszwecken der Benutzer aufgebaut. Das heißt auch: stetiges Dazulernen war angesagt. Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit war die Grundlage ihres Wirkens. Heute aber kann man den Eindruck gewinnen, es gehe bei der Fenstermontage nur noch um die Gewinnoptimierung.

Viele Fensterverkäufer und Monteure begründen ihre „Spar oder Nicht-Abdichtung“ mit dem Satz „die Abdichtung bezahlt uns keiner“. Dabei werden Naturgesetze und die daraus resultierende Bauphysik nicht beachtet. Also: Nicht die Bauphysik ist das Problem, sondern der entsprechende Verkäufer und Monteur.

Problematisch wird es zudem, wenn die Industrie Möglichkeiten und Materialien anbietet, die dieser Mentalität einen Raum geben. Noch dazu lassen sie sich ihre Produkte durch Prüfzeugnisse mit Teilprüfungen bestätigen. Prüfinstitute liefern diplomatisch geschriebene Kurztext-Prüfzeugnisse, die den Anschein der Konformität zu den Anforderungen der Bauphysik suggerieren.

Jetzt haben Verkaufsstrategen eine neue Hürde überwunden: So hat sich ein „Wunderschaum-Hersteller“ bei dem Schreiner- und Tischler Fachverband in NRW als Fördermitglied „eingekauft“ und kann so sein Produkt mit Unterstützung eines Sachverständigen in Seminaren und auf der Fensterfachtagung anpreisen. Das Schlimme daran: Dieser Hersteller braucht im Grunde keine Regressansprüche bei Problemen von Verarbeitern fürchten – in den allermeisten Fällen wird der Monteur auf der Reklamation sitzen bleiben. Denn diejenigen, die die Prüfzeugnisse lesen und verstehen erkennen, dass sehr selten Montagen nach diesen Prüfzeugnis-Vorgaben möglich sind.

Schlussendlich wird nur der Handwerker, der die Grundlagen der Naturgesetze und der daraus resultierenden Bauphysik beachtet, seine Kunden zufriedenstellen. Diese Handwerker werden auch die Taktiken der Wunderschaumverkäufer, der Händler und des Fachverbandes durchschauen und keine Risiken eingehen. Und sie werden auch in Zukunft bestehen können. Die anderen schaden sich meist selbst und treten demnächst als Staubsauger- oder Gemüsehobel-Verkäufer auf Wochenmärkten auf.

Karl Standecker

Der Rollladen- und Jalousiebaumeister ist ö.b.u.v Sachverständiger für das Schreinerhandwerk, Fachgebiet: Fensterbau, Wintergärten, Türen und Türelemente und Geschäftsführer der Rollladen- und Fensterfabrik Standecker (https://www.standecker.com//).

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