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Fenster und Fassaden für Passiv- und Plusenergiehäuser

_ Die Baustandards (EnEV, Minergie, KfW-Effizienz- und Plusenergiehäuser) dienen als Planungsprinzip und Produktvergleich und werden in naher Zukunft wohl durch ein Energylabel ergänzt. Damit können auch die Anforderungen der EG-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden erfüllt werden, die ab 2020 nur noch die Errichtung von „klimaneutralen“ Gebäuden vorsieht. Für alle Energiesparhäuser ist aber eine energieeffiziente Gebäudehülle mit sehr guter Dämmung und sommerlichem Wärmeschutz notwendig. Transparente Bauteile wie Fenster, Fassaden, Verglasungen und Außentüren spielen dabei eine große Rolle, da auf der Ost-, West- und Südseite von Gebäuden erhebliche energetische Nettogewinne möglich sind.

Daneben dürfen Behaglichkeitsaspekte (Temperaturfaktor fRsi im Winter und mittlere Raumtemperatur im Sommer) und die Gebrauchstauglichkeit (Schlagregendichtheit, Widerstand gegen Windlast, Luftdichtheit und Stoßfestigkeit) nicht vernachlässigt werden. Das ift Rosenheim hat deshalb die Richtlinie WA-15/2 „Passivhaustauglichkeit von Fenstern, Außentüren und Fassaden“ erarbeitet, in der die relevanten Anforderungen auf Basis gültiger EN und ISO-Normen definiert und nachgewiesen werden. Auch die Baukörperanschlüsse für übliche Wandaufbauten müssen nach der Richtlinie WA-15/2 hinsichtlich einer fachgerechten RAL-Montage bewertet werden (Anmerkung der Redaktion: Lesen Sie dazu auch den Beitrag „PHI- oder ift-Passivhaus-Zertifikate: Welches macht mehr Sinn“ in GLASWELT 05/2014).

Energieeffiziente Fassaden müssen immer als Gesamtprodukt im Zusammenspiel aller Komponenten, wie Verglasung, Paneel, Glaseinbau/-rand, Rahmenprofil, Baukörperanschluss und Verschattung, verstanden werden. Die einzelnen Funktionen (auch die strahlungsphysikalischen Eigenschaften) müssen objektspezifisch angepasst und gewichtet werden. Dennoch gibt es grundlegende Eigenschaften und Zielwerte, die energieeffiziente Bauelemente und Fassaden auszeichnen.

Plusenergiehäuser

Das Effizienzhaus-Plus-Niveau wird gemäß BMVI (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur) erreicht, wenn ein negativer Jahres-Endenergiebedarf und ein negativer Jahres-Primärenergiebedarf erreicht werden und die übrigen Bedingungen der EnEV eingehalten werden. Für die Wohnungsbeleuchtung und den Haushaltsstrom wird ein pauschaler Wert von 20 kWh/m²a angenommen, der 2500 kWh/a je Wohneinheit nicht überschreitet.

Da Energieüberschuss und -bedarf zu unterschiedlichen Zeiten anfallen, sind Energiespeicher (Strom und Wärme) sinnvoll, um einen hohen selbst genutzten Energieanteil zu erreichen. Das vom BMVI in Berlin errichtete Modellhaus hat im realen Praxisbetrieb von 3/2012 bis 3/2013 bereits ein Jahresplus von 900 kWh erreicht.

Zur weiteren Förderung hat das BMVI das Forschungsprogramm „Effizienzhäuser Plus“ aufgelegt, mit dem die Entwicklung verschiedener Technologien und Gebäude gefördert werden soll. Darunter fallen Wohngebäude, Mehrfamilienhäuser sowie Musterhäuser, beispielsweise in einem Fertighauspark des Bundesverbands Deutscher Fertigbau (BDF). Erste Erfahrungen des BDF zeigen, dass der Aufpreis für den Plusenergie-Standard bei ca. 13 % liegen kann. Die Technologien sollen auch auf die Modernisierungstätigkeit übertragen werden. In Neu-Ulm sollen Mehrfamilienhäuser so modernisiert werden, dass sie dem Effizienzhaus-Plus-Standard entsprechen und die Sanierungskosten mit 1750 Euro/m² dabei nicht über der Kostenobergrenze für den Neubau von Sozialwohnungen liegen.

Verglasungen

Passivhaustaugliche Verglasungen müssen einen Wärmedurchgangskoeffizient von Ug 0,7 W/(m²K) aufweisen. Hierzu werden marktübliche 3-fach-Isolierverglasungen mit SZR 12 mm (Argongasfüllung) und zwei Low-E-Beschichtungen auf den Positionen 2 und 5 verwendet.

Um gleichzeitig auch die solaren Wärmegewinne nutzen zu können, ist auch eine Mindestanforderung an den g-Wert zu erfüllen, damit die solaren Gewinne nicht zu stark reduziert werden [2]. Dieser kann am besten als Verhältnis von U-Wert und g-Wert definiert werden, da beide Kenngrößen technisch voneinander abhängig sind.

Dabei gilt: g Ug / S; (S = 1,6 W/m²K). Als Mindestwert ergibt das für ein 3-fach-Isolierglas mit Ug = 0,7 W/(m²K) einen g-Wert von 0,44. Aktuelle Isoliergläser im 3-fach-Aufbau erreichen heute bereits g-Werte von 0,6.

Um die Anforderungen an den U-Wert der Gesamtkonstruktion und die Oberflächentemperaturen (Tauwasser) im Glasrandbereich einzuhalten, werden diese Gläser üblicherweise mit einem Warme-Kante-Abstandhalter kombiniert, sodass ein linearer Wärmedurchgangskoeffizient von 0,06 W/(Km) erzielt wird. Für den Bereich des Glasrands und von Sprossen wird ein Temperaturfaktor von ƒRsi 0,73 definiert.

Fassaden

Passivhaustaugliche Fassaden können als Fensterband in Verbund mit vorgehängten Bekleidungen, als Pfosten-Riegel-Konstruktionen aus Aluminium, Stahl oder Holzprofilen oder auch als Structural-Glazing-Fassade gebaut werden. Im Vergleich zu Fenstern sind in der Regel die Flächenanteile der Verglasung und der Paneele gegenüber den Profilen deutlich höher. Dennoch darf die Bedeutung der Profile und der Baukörperanschlüsse nicht vernachlässigt werden, da diese einen direkten Einfluss auf die thermische Behaglichkeit und den Tauwasseranfall haben. Verbesserungen werden mit geeigneten Glasfalzdämmungen und Modifikationen der Isolatorgeometrie möglich. Bei den Paneelen müssen auch die Wärmebrücken im Randbereich genauer betrachtet werden – gerade bei den Flächen.

Die ift-Richtlinie WA-15/2 definiert Kriterien und Randbedingungen auf Basis von Referenzformaten (1200 mm x 3500 mm) und festen Flächenanteilen für Glas und Paneele, um einen Produktvergleich zu ermöglichen.

Es sind also geeignete Rahmenprofile und Abstandhaltersysteme zu verwenden, um die Anforderung erfüllen zu können. Bei der Ermittlung der U-Werte für Pfosten und Riegel (Ut und Um) wird der Einfluss der Verschraubungen gemäß EN 13947 berücksichtigt. Bei einer pauschalen Betrachtung wird der U-Wert der Profile mit 0,3 W/(m²K) beaufschlagt; gute Konstruktionen erreichen bei Messungen einen Wert von 0,11 W/(m²K). Der Einfluss der Glasauflager auf den Wärmedurchgangskoeffizienten der Fassade wird nicht berücksichtigt.

Neben den wärmetechnischen Kenngrößen muss ein Zertifikat der Passivhaustauglichkeit auch Nachweise zur Gebrauchstauglichkeit umfassen. Denn was nützt eine optimale Wärmedämmung, wenn die übrigen Leistungseigenschaften (EN 14351-1 für Fenster, EN 1383 für Fassaden) nicht erfüllt werden. Eine Fassade sollte deshalb mindestens die Anforderungen an die Luftdurchlässigkeit (min. Klasse AE/750 Pa), die Schlagregendichtheit (min. Klasse R7/600 Pa), den Widerstand gegen Windlast und die Stoßfestigkeit (min. Klasse E3/I3) erfüllen. Bei Prüfungen im ift fällt immer wieder auf, dass bei der wärmetechnischen Optimierung konstruktive Grundlagen nicht ausreichend beachtet werden, beispielsweise der Verschluss notwendiger Entwässerungsöffnungen durch Schäume oder Dämmstoffe in den Hohlkammern der Profile.

Bei sinkenden Transmissionswärmeverlusten müssen auch die Lüftungswärmeverluste reduziert werden, wofür sich zentrale und dezentrale Lüftungssysteme (möglichst mit Wärmerückgewinnung) in Fenstern und Fassaden sowie automatische Fenster eignen, die sich auch zur nutzerunabhängigen Nachtkühlung im Sommer eignen. Besonders im Gewerbebau sollten leistungsfähige Sonnenschutz- und Lichtlenksysteme eingesetzt werden, um eine technische Kühlung zu vermeiden bzw. zu reduzieren und die Energie für Kunstlicht zu verringern. Sonnen- und Blendschutz sowie die Lichtlenkung müssen hierbei gesondert geplant werden. Variable Systeme wie segmentierte und perforierte Jalousien, unterschiedliche Geometrien oder elektrochrome Verbundgläser mit elektrisch leitfähigen Beschichtungen (TCO) sind interessante Optionen zum traditionellen Raffstore.

Fenster

Die Zielvorgaben an die Wärmedämmung von Fenstern im Passivhaus sind Uw 0,80 W/(m²K) für das Gesamtfenster und ca. Uf 0,92 W/(m²K) für die Profile (in Abhängigkeit von Abstandhalter und Glas). Dies bedeutet im Vergleich zu dem Anforderungsniveau des Referenzgebäudes nach EnEV 2014 (Uw = 1,3 W/(m²K)) eine deutliche Verbesserung des Wärmeschutzes und muss über entsprechende Zusatzmaßnahmen an den Rahmen im Vergleich zu heute gebräuchlichen Konstruktionen erreicht werden. Zur einfachen Handhabung für Handel, Produktkennzeichnung und Ausschreibungen werden U-Werte häufig anhand von Standardgrößen (1,23 m x 1,48 m bei Fenstern < 2,3 m²) ermittelt, deren Ergebnis auf andere Größen übertragen werden kann. Das bedeutet, dass die tatsächlichen Werte von den Normwerten abweichen können. Bei objektspezifischen Berechnungen können größenabhängige U-Werte berechnet werden. Dies führt bei größeren Fenstern zu niedrigeren U-Werten, sofern der U-Wert des Glases besser als der des Rahmens ist. Eine Kombination beider Nachweissysteme ist nicht möglich.

Kunststofffenster: Das durchschnittliche Kunststofffenster besitzt bei vier bis fünf Kammern einen Uf-Wert des Rahmens von ca. 1,6 bis 1,2 W/(m²K). Fensterprofile mit Uf 1,0 W/(m²K) können mit 6- oder mehr Kammer-Profilen zusammen mit folgenden Zusatzmaßnahmen erreicht werden:

  • Modifizierung der Stahlarmierung in den Profilen ohne Stahlaussteifung (mit und ohne Dämmstoff in der entsprechenden Kammer, verklebte Verglasungen) bzw. mit thermisch getrennter Stahlaussteifung,
  • Einbringen zusätzlicher Konstruktionsdämmstoffe (Hartschäume) in die Kammern der Profile bzw. des Glasfalzes,
  • Erhöhung des Glaseinstands/Anpassung der Füllungsdicke (siehe Abbildung 4).

Fenster aus Metallverbundprofilen: Metallverbundprofile können über das b/B-Verhältnis (Breite der thermischen Trennung zur Gesamtansichtsbreite) sowie über den Abstand der Aluschalen verbessert werden. Typische Uf-Werte des Rahmens reichen von ca. 3,5 W/(m²K) für einfache Systeme in Südeuropa bis ca. 1,4 W/(m²K) in Mitteleuropa. Daher sind Zusatzmaßnahmen an den Profilen notwendig, die meistens in Kombination ausgeführt werden müssen (siehe auch Abbildung 5):

  • Optimierung durch zusätzliche Dämmstoffe in den Kammern der thermischen Trennung und des Glasfalzes,
  • Einsatz einer Vorsatzschale aus Wärmedämmstoffen, die Blend- und Flügelrahmen nach au&szlig;en abdeckt,
  • Optimierung Falzdichtungssystem (Mitteldichtung),
  • Erhöhung des Glaseinstands/Anpassung der Füllungsdicke.

Fenster aus Holzprofilen: Bei Holzprofilen kann eine Verbesserung der Wärmedämmung über eine höhere Bautiefe erreicht werden. Damit kann für Holzprofile (Weichholz) – die bei einem Normquerschnitt IV68 einen Uf-Wert von ca. 1,4 W/(m²K) aufweisen – eine Verbesserung auf ca. 0,9 bis 1,1 W/(m²K) bei einer Bautiefe von 90 bis 100 mm erreicht werden. Zu weiteren Verbesserungen der Wärmedämmung können Dämmstoffschichten (Hartschäume) in den Kanteln oder als Außendämmung eingesetzt werden [3]. Hierdurch ergeben sich Verbesserungspotenziale mit Uf-Werten im Bereich von 0,4 bis 0,8 W/(m²K) – zu erkennen in der Abbildung 6 auf S. 32.

Baukörperanschluss

Bei der Planung und Ausführung von Passivhäusern und Plusenergiehäusern darf der Bauanschluss von Fenstern und Fassaden an den Baukörper nicht vernachlässigt werden. Für die Passivhaustauglichkeit sind die U-Werte der Bauteile im eingebauten Zustand nachzuweisen. Deshalb sollte der Wärmebrückenkoeffizient unter 0,08 W/mK liegen. Die KfW-Förderkriterien schreiben vor, den Einfluss konstruktiver Wärmebrücken auf den Jahres-Heizwärmebedarf nach den Regeln der Technik und den im jeweiligen Einzelfall wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen so gering wie möglich zu halten. Wärmebrückenzuschläge sind nach den Regeln der Technik zu berechnen und nachzuweisen. Über den ƒRsi-Faktor kann mit anderen Außentemperaturen auch die Eignung für andere Klimata bewertet werden – beispielsweise für arktische Regionen (siehe Abbildung 7).—

Literatur und Normen:

[1] Merkblätter der KfW Bankengruppe zu den Programmen Nr. 153 und 430 [2] ift-Richtlinie WA-15/2 „Passivhaustauglichkeit von Fenstern, Außentüren und Fassaden“, ift Rosenheim, Februar 2011[3] Forschungsbericht „Nachhaltige Optimierung von Holzfensterprofilen zur Erreichung der Anforderungen der EnEV 2014“, ift Rosenheim, Juni 2011[4] Effizienzhaus Plus: http://www.bmvi.de/DE/EffizienzhausPlus/effizienzhaus-plus_node.html[5] EN 673 und EN 674 „Glas im Bauwesen – Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert) …“[6] EN ISO 10077 und EN ISO 12567 „Wärmetechnisches Verhalten von Fenstern, Türen und Abschlüssen – Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten …“

Mindestwerte für Passivhaus-gläser

  • U<sub>g</sub> 0,7 W/(m²K)
  • g-Wert (mindestens) = 0,44
  • Linearer Wärmedurchgangskoeffizient: 0,06 W/(Km)
  • Bei Glasrand und Sprossen: Temperaturfaktor &fnof;<sub>Rsi</sub> 0,73

Mindestwerte für die Fassade

  • Fassade U<sub>CW</sub> 0,70 W/(m²K), inkl. Baukörperanschluss U<sub>CW,Einbau</sub> 0,85 W/(m²K)
  • Verglasung U<sub>g</sub> 0,7 W/(m²K)
  • Paneel U<sub>p</sub> 0,25 W/(m<sup>2K</sup>)
  • Randverbund Verglasung <sub>g</sub> 0,060 W/(mK)
  • Randverbund der opaken Ausfachung (Paneel) <sub>p</sub> 0,040 W/(mK)
  • Temperaturfaktor &fnof;<sub>Rsi</sub> 0,73 für Fassadenprofil/Verglasung bzw. Fassadenprofil/Paneel und für den Baukörperanschluss

Kurz Zusammengefasst

Fenster und Fassaden für Energiesparhäuser müssen im Vergleich zu üblichen Konstruktionen deutlich erhöhte Wärmedämmeigenschaften aufweisen. Hierzu sind Verbesserungs- und Zusatzmaßnahmen notwendig, die teilweise stark in die Konstruktion eingreifen. Dabei darf die Gebrauchstauglichkeit nicht vergessen werden.

Zur Ausnutzung solarer Wärmegewinne ist auch ein möglichst guter g-Wert der Verglasung einzuplanen. Bei der objektspezifischen Beurteilung ist die Gesamtsituation inklusive der Bauanschlüsse zu betrachten. Eine sehr gute Wärmedämmung in Kombination mit der intelligenten Nutzung der solaren Gewinne mittels Fenstern und Fassaden ist die Grundlage für eine effiziente und preiswerte Haustechnik und die Nutzung von Solarstrom für die dezentrale Versorgung oder die Elektromobilität.

Die Autoren

Dipl.-Ing. (FH) Manuel Demel ist am ift als Produktingenieur „Fenster und Fassaden“ mit dem Fokus auf bauphysikalische Themen tätig. Er vertritt das Institut in mehreren Normen- und Fachausschüssen sowie in Seminaren.

Dipl.-Ing. Jürgen Benitz-Wildenburg leitet am ift den Bereich PR & Marketingkommunikation. Als Schreiner, Holzbauingenieur und Marketingleiter ist er seit 30 Jahren in der Holz- und Fensterbranche tätig. Als Lehrbeauftragter, Referent und Autor gibt er seine Erfahrung weiter.

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